Helloween im Interview: “Damit wird Musik zu etwas, wie einem Frühstücksei” | ABC-Z

Mit ihrem letzten Album schafften es die wiedervereinigten Helloween auf Platz 1 der Charts. Ob ihnen solch ein Erfolg noch einmal gelingt? Frontmann Michael Kiske gibt sich im Interview gelassen. Er sieht die Probleme eher woanders.
In den 1980er Jahren waren Helloween eine der erfolgreichsten Heavy-Metal-Bands Europas. Ihre beiden “Keeper of the Seven Keys”-Alben sind bis heute Referenzwerke, wenn es um deutschen Edelstahl geht. Doch nach den ersten großen Erfolgen ging es für die Hamburger Band auf und ab. Streitigkeiten führten dazu, dass Sänger Michael Kiske die Band verließ. Ersetzt wurde er von Andi Deris.
Kiske hatte nur noch wenig Bock auf Metal, Helloween waren mit Deris weiterhin recht erfolgreich. 2016 folgte die große Aussprache. Michael Kiske – aber auch Ex-Gitarrist und -Sänger Kai hansen – kehrten zur Band zurück und man stand mit drei Stimmen auf der Bühne. Es folgte ein gemeinsames Album, das schlicht “Helloween” benannt wurde. Jetzt legt die Band mit “Giants & Monsters” nach.
Letztes Album auf Platz 1 – Helloween wieder auf Erfolgskurs?
Noch einmal auf Platz 1 einzusteigen, hält Kiske für wenig realistisch, wie er im Interview mit FOCUS online offen zugibt. “Ich glaube nicht, dass das diesmal klappt. Also, wenn wir Top-Fünf sind, ist das nicht schlecht. Aber das hängt ja immer auch davon ab, wer veröffentlicht zur gleichen Zeit sein Album. Mit den ‘Keeper’-Alben sind wir damals auf Platz 7 oder 8 gelandet und das war ein großes Ding für uns. Aber mal ehrlich: Für mich ist es gar nicht wichtig, welche Chartposition wir holen.”
Als Band sei es wichtig, noch eine gewisse Relevanz zu haben. Die misst sich an Charts, aber auch an der Größe der Konzerthallen. Besonders in Musik, die nicht unbedingt Mainstream ist. “Es ist toll, wenn ‘Giants & Monsters’ den Leuten gefällt und wir neue Songs spielen können. Heute macht man eine Platte ja nur noch, um bei Konzerten neue Songs spielen zu können. Früher ging man auf Tour, um eine Platte zu promoten. Heute ist es umgekehrt. Außerdem: Wir haben unsere Geschichte ja schon geschrieben.”
Michael Kiske: “Das ist eine Krankheit”
Und das schon recht lange: Helloween können auf eine erfolgreiche Karriere von 40 Jahren zurückblicken. Kiske macht sich eher Sorgen um junge Musiker. “Heute verkaufst du keine Platten mehr”, so Kiske. “Das heißt auch: Keine Plattenfirma investiert mehr. Wie kriegen junge Künstler dann noch hin, gehört zu werden? Da hat man YouTube oder Spotify – aber das ist überschwemmt mit guten Leuten, aber auch mit viel Rotz. Das ist eine Krankheit, dass man immer in diesem Algorithmus drin sein muss.”
Die bedeute, dass man so viel wie möglich veröffentlichen muss, um weiter relevant zu sein und in Playlists und Co. aufzutauchen. “Man muss immer etwas Neues raushauen und damit wird Musik zu so einem alltäglichen Ding – wie ein Frühstücksei.”
Keine Egos bei Helloween
Neue Alben von Helloween hingegen sind kein ständig produziertes Gut. Das letzte Album erschien 2021. Das Zusammenspiel der vielen kreativen Köpfe sei dieses Mal noch besser gewesen. Niemand habe aus sein Ego beim Songwriting bestanden.
Kiske: “Es war schon bei der ersten Platte erstaunlich entspannt und jetzt was noch entspannter. Ich habe überhaupt nicht mehr dieses große Ego. Ich muss jetzt unbedingt in jedem der Songs singen. Wenn ich weniger singen muss, dann habe ich bei Konzerten hinten meine Ruhe (lacht).”
Auch mit Andi Deris, der 1994 für den ausgestiegenen Kiske das Mikrofon übernommen hat, gibt und gab es keinen Ärger. “Wir spielen uns die Bälle nur so zu. Andi hat beispielsweise ‘Into the Sun’ geschrieben. Dass er auf dem Song singen will, ist logisch. Unser Produzent hätte es aber auch schön gefunden, wenn ich den gesungen hätte. Jetzt haben wir ein Duett daraus gemacht. Da gab es keinen Streit. Und ich verstehe auch total, wenn Andi seinen eigenen Song singen will. Das ist halt ein Herzensding. Unsere Diskussionen laufen immer anständig.

Michael Kiske: “Bin dankbar, dass es noch alles so gekommen ist”
Helloween feiern 2025 ihre 40-jährige Karriere. 1985 erschien “Walls of Jericho”. Michael Kiske stieg 1986 ein und 1993 aus – und 2016 wieder ein. 15 der 40 Jahre der Headbanger hat er also miterlebt und mitgestaltet.
“Der große Unterschied zwischen diesen beiden Phasen ist natürlich das Alter”, resümiert Kiske. “Also wenn du als Teenager oder in deinen frühen Zwanzigern anfängst deinen Traum zu leben… das hat natürlich eine unvergleichbare Qualität. Ich war vor dem Ausstieg lange richtig glücklich. Das war halt das, was ich machen wollte. Heute ist es anders. Ich bin älter und abgeklärter, ich kann das alles viel bewusster erleben. Ich bin dankbar, dass es noch alles so gekommen ist mit uns.”
Helloween gehen in diesem Herbst auf Tour, um ihren 40. Geburtstag zu feiern: