Havarierter Schattentanker Russlands wird auf Position gehalten – vor Rügen | ABC-Z
Sturm zieht vor Rügen auf
Havarierter Schattentanker wird auf Position gehalten
10.01.2025, 21:44 Uhr
Ein unter der Flagge Panamas fahrender Öltanker ist vor der Insel Rügen in der Ostsee in manövrierunfähige Lage geraten. Das Schiff hat 99.000 Tonnen Öl geladen. Es gehört zu Russlands Schattenflotte. Die Wetterbedingungen erschweren die Bergung.
Der havarierte Tanker “Eventin” mit fast 100.000 Tonnen Öl an Bord liegt seit Freitagnachmittag mit Seilen gesichert in der Ostsee vor Rügen. Am Abend zog ein Sturm auf. Mit der Schleppverbindung zum Notfallschlepper “Bremen Fighter” werde das 274 Meter lange Ölschiff mit ausgefallener Maschine auf seiner Position gehalten, damit es nicht unkontrolliert treibe, hieß es vom Havariekommando. Weitere Schritte würden geprüft, auch mit der Reederei werde gesprochen.
Die “Eventin” war von Ust Luga in Russland nach Port Said in Ägypten unterwegs, als am Freitag nördlich von Rügen die Maschine ausfiel. Einige Stunden später gelang es deutschen Einsatzschiffen, den Tanker unter Kontrolle zu bringen.
Die “Eventin” ist Baujahr 2006 und steht auf einer Liste der Umweltorganisation Greenpeace mit Schiffen der sogenannten russischen Schattenflotte. Mit solchen Schiffen wird russisches Öl exportiert. Sie sind oft überaltert.
Teil der Schattenflotte
Der Militärgeheimdienst der Ukraine weist das Schiff, das in der Vergangenheit bereits unter den Flaggen der Bahamas und von Norwegen unterwegs war, unter Kriegs- und Sanktionsobjekten und als der russischen Schattenflotte zugehörig aus. Ob und in welchem Umfang es tatsächlich mit Sanktionen belegt ist, geht aus der Auflistung nicht hervor. Auf internationalen Sanktionslisten steht der Tanker noch nicht, gilt bisher nur als potenzieller Kandidat.
Öffentliche Marinedaten weisen darauf hin, dass das Schiff zuletzt oft indische Häfen anlief. Das Land kauft weiterhin kräftig Rohstoffe aus Russland.
Baerbock kritisiert Putin
Außenministerin Annalena Baerbock warf Russland vor, mit seiner Schattenflotte schwere Umweltschäden in Kauf zu nehmen und zugleich den Tourismus zu gefährden. “Mit dem ruchlosen Einsatz einer Flotte von rostigen Tankern umgeht Putin nicht nur die Sanktionen, sondern nimmt auch billigend in Kauf, dass der Tourismus an der Ostsee zum Erliegen kommt – sei es im Baltikum, in Polen oder bei uns”, sagte die Grünen-Politikerin.
“Russland gefährdet unsere europäische Sicherheit nicht nur mit seinem völkerrechtswidrigen Angriffskrieg auf die Ukraine, sondern auch mit durchtrennten Kabeln, verschobenen Grenzbojen, Desinformationskampagnen, GPS-Störsendern und eben auch mit maroden Öltankern.” Genau vor diesem Szenario habe sie gemeinsamen mit ihren Kolleginnen und Kollegen aus dem Ostseeraum immer wieder gewarnt.
Weitere Schlepper unterwegs
Weitere Schlepper sind unterwegs zur “Eventin”, wie das Havariekommando am Abend mitteilte. Auch ein Sensorflugzeug sollte im Einsatz sein. Eine Gefahr für die Umwelt bestand laut Havariekommando nicht. Das Schiff sei dicht, sagte eine Sprecherin. Auch für die Besatzung des Tankers bestand demnach keine Gefahr. Die 24 Seeleute blieben an Bord. Weshalb es zum Maschinenausfall kam, ist bislang noch unklar.
Nach dem Vorfall kamen auch Reaktionen aus dem Ausland. Litauens Außenminister Kestutis Budrys sprach sich für ein entschiedeneres Vorgehen und weitere Maßnahmen gegen Russlands Schattenflotte aus. “Die Ostsee ist das wichtigste Tor für Russlands Ölexporte und das müssen wir unterbinden”, sagte er bei einem Besuch in der estnischen Hauptstadt Tallinn. Zugleich sei die Schattenflotte ein “Instrument in den Hybridaktivitäten” und stelle eine Bedrohung für die Umwelt dar.
Die Ostsee gehört zu den am meisten befahrenen Meeren der Welt. Täglich sind auf dem Binnenmeer mehr als 2.000 Schiffe unterwegs, wie das Leibniz-Institut für Ostseeforschung Warnemünde (IOW) mitteilte.
Erst Mitte Oktober hatte es einen Zwischenfall mit einem Tanker vor Mecklenburg-Vorpommerns Küste gegeben. Das kleine Öltankschiff “Annika” brannte auf der Ostsee in Sichtweite der Küste. Das Schiff war auf dem Weg von Rostock nach Travemünde, als am 11. Oktober rund 4,5 Kilometer vor dem Ostseebad Heiligendamm an Bord Feuer ausbrach. Nach ersten Löscharbeiten auf See war das 73 Meter lange und 12 Meter breite Schiff von Schleppern in den Rostocker Überseehafen bugsiert worden. Öl trat bei dem Zwischenfall nicht aus.