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Hauptbahnhof München und Alter Botanischer Garten: Die Problemzonen der Stadt – München | ABC-Z

Cannabis und Alkohol sind im Alten Botanischen Garten künftig verboten. Das will die Stadt am Dienstag beschließen. Das bedeutet dann: Nicht nur der Konsum wird unter Strafe gestellt, sondern auch die Mitnahme. Wer also einen Joint in der Tasche oder eine Flasche Bier in der Plastiktüte dabeihat, muss in Zukunft einen großen Bogen um die historische Grünanlage machen. Verdrängungseffekte durch die geplante Verordnung sind eingepreist: Dann müsse der Geltungsbereich halt erweitert werden, heißt es in der Stadtratsvorlage.

Mit einem umfangreichen Zahlenwerk und vielen Fällen der vergangenen Monate untermauert die Münchner Polizei die Forderung nach einer härteren Linie. Die Gefahr, im Bereich des Alten Botanischen Gartens und des angrenzenden Karl-Stützel-Platzes „Opfer eines Rohheitsdelikts zu werden, ist somit im Vergleich zum übrigen Stadtgebiet um ein Vielfaches höher“, heißt es im Papier für die Sitzung des Kreisverwaltungsausschusses am Dienstag.

734 Straftaten registrierte die Polizei zwischen Januar und September in der umstrittenen Grünanlage. Darunter waren 84 Gewaltdelikte – 60 mehr als im Vergleichszeitraum des Vorjahres. Gezählt wurden allerdings auch 534 Rauschgiftdelikte. Und das sind Kontrolldelikte, deren Zahl steigt, je öfter die Polizei anrückt und nachschaut. Im Alten Botanischen Garten schaut sie oft nach. Denn er ist für sie ein Kriminalitätsschwerpunkt.

Da ist ein Vergleich mit dem Hauptbahnhof interessant – dort gilt bereits seit fünf Jahren ein Alkoholverbot, das zuletzt bis 2028 verlängert wurde. Kiffen ist im Hauptbahnhof schon immer verboten. Doch der größte Bahnhof Bayerns, mit täglich etwa einer halben Million Besuchern an Nummer drei in Deutschland, hat ein ganz anderes Problem. Er ist seit Jahren und voraussichtlich noch mehr als eine Dekade lang eine Großbaustelle. Mit Stellwänden, versperrten Zugängen, geschlossenen Geschäften, Baucontainern, Zwischendecken, Stützkonstruktionen … Besucher müssen sich immer neue Wege suchen.

Ein Hort des Verbrechens? Die Meldungen aus den vergangenen Wochen klingen beunruhigend. Mitte Oktober wird ein 58-Jähriger am Bahnsteig 32 von einem Unbekannten angesprochen und anlasslos mit der Faust attackiert und am Boden liegend getreten. Nur die Tatsache, dass das Opfer einen Fahrradhelm trägt, verhindert noch schlimmere Verletzungen.

Ende November werden drei Traunsteiner im Bahnhofsbereich von einer größeren Gruppe junger Männer überfallen. Die Angreifer fordern Bargeld und prügeln auf einen 26-Jährigen ein. Besonders brutal verläuft die Auseinandersetzung zwischen vier Männern am vergangenen Wochenende im Zwischengeschoss unter dem Hauptbahnhof. Dabei versucht ein Mann, einen 28-jährigen Rollstuhlfahrer die Rolltreppe zum S-Bahnsteig hinunterzustoßen.

Immer mehr Körperverletzungen am Hauptbahnhof

Einzelfälle? Oder Abbild der Sicherheitslage im Hauptbahnhof? Aufschluss geben Zahlen der Bundespolizei, die für die Sicherheit im Bahnhof zuständig ist. Am Montag antwortete sie auf eine Anfrage der SZ. Demnach wurden im Jahr 2023 im Münchner Hauptbahnhof 3540 Straftaten verübt – 732 mehr als im Jahr zuvor. Die Zunahme resultiert hauptsächlich aus Verstößen gegen das Aufenthaltsgesetz. Rechnet man sie heraus, bleibt aber immer noch ein Zuwachs um elf Prozent. Wobei Massendelikte wie Beleidigung, Erschleichen von Leistungen oder Hausfriedensbruch noch gar nicht mitgezählt sind.

Um mehr als ein Drittel gestiegen ist die Zahl der im Hauptbahnhof verübten Körperverletzungen. Die Bundespolizei registrierte 370 Fälle, außerdem 14 Raubdelikte und 105 Widerstandshandlungen. Auch die Zahl der im Hauptbahnhof verübten Sachbeschädigungen (83) und der Sexualdelikte (29) geht nach oben. Die Bundespolizei stellt fest, „dass sich gerade Gewaltdelikte häufig innerhalb von Gruppen ereignen“. Reisende würden „deutlich seltener als Angehörige vulnerabler Gruppen zu den Opfern von Gewalttaten“.

Für den Anstieg der Körperverletzungsdelikte macht die Bundespolizei auch die „Personenklientel aus dem Alten Botanischen Garten“ verantwortlich. Sie räumt einen gewissen „Verdrängungseffekt“ durch polizeiliche und städtische Maßnahmen ein.

Und die Großbaustelle? Einen direkten Zusammenhang zur Zahl der Straftaten gibt es laut Bundespolizei nicht. Der Hauptbahnhof werde von Pendlern und Reisenden schneller verlassen als früher, dafür seien jetzt mehr Menschen im Zwischengeschoss unterwegs. Dorthin verlagere sich auch das kriminelle Geschehen.

Kameraüberwachung, Alkoholverbot, präventive Streifen und das derzeit geltende Waffenverbot, das auch für Silvester erlassen werden soll, sind aus Sicht der Bundespolizei die wirksamsten Maßnahmen im Kampf gegen die zunehmende Kriminalität am Hauptbahnhof. Ob es da noch Verbesserungspotenzial gibt? „Aus polizeilicher Sicht nicht erkennbar.“

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