Handball-WM: Dänen lügen nicht | ZEIT ONLINE | ABC-Z
Die Aufgabe, die der dänische Handballer Matthias Gidsel nicht lösen kann, muss erst noch gefunden werden. Sie wird jedenfalls nicht mit Handball zu tun haben. Im ersten Hauptrundenspiel der Weltmeisterschaft gegen die Deutschen traf er selbst dann das Tor, wenn er aus dem vollen Lauf in Richtung Auslinie umgeschubst wurde.
In einer Szene flog er auf den deutschen Mittelblock zu, und als alle mit dem Wurf rechneten, legte er den Ball im Flug elegant über die Deutschen hinweg auf den Außenspieler Niclas Kirkelokke. Zu diesem frühen Zeitpunkt führten die Dänen nur knapp, doch weil Gidsel, der Welthandballer, dort hinrannte, wo er hin wollte, und dort hinpasste, wo er hinpassen wollte, und hinwarf, wo er hinwerfen wollte, zog der Favorit bald davon. An einundzwanzig Toren war Gidsel am Ende beteiligt.
Er ließ nie nach, sie ließen nie nach. 40 Tore warfen sie bis zum Schluss – und mindestens die Hälfte davon war Schulungsmaterial für schnellen Angriffshandball. Sie spielten auch in ihrem vierten WM-Spiel Handball zum Genießen.
Dabei waren die Deutschen eigentlich als erste größere Aufgabe für den Favoriten vorgesehen. Bei den auf 32 Teams aufgeblähten Weltmeisterschaften steigt die Zahl der bedeutungslosen Spiele. Dänemark hatte in drei Vorrundenspielen 118 Tore geworfen und ist nach drei WM-Titeln und 32 nicht verlorenen WM-Spielen in Folge der Bugatti im Seifenkistenrennen.
Deutschland verlor gegen die Dänen zuletzt einmal mit Härte und Anstand (EM-Halbfinale), einmal schaurig hoch (Olympisches Finale) und war deshalb ganz froh, bei diesem Turnier die Favoritenrolle nach der Vorrunde gerne das erste Mal von sich weg schieben zu dürfen. Doch die Frage war schon, ob die Mannschaft von Bundestrainer Alfred Gislason seit der Klatsche von Paris einen Schritt näher an den Endgegner ran gerückt ist.
Vielleicht einen halben. Dänen lügen nicht, sang schon Otto, und tatsächlich: Scheinbar übermächtig, hieß es vor dem Spiel über die Dänen, tatsächlich übermächtig danach. Es war die nächste dänische Lektion, erneut wurde ein Zweiklassenunterschied sichtbar.
Der deutsche Angriff funktionierte zunächst. Erst am Ende verwarfen sie einfache Bälle und der Abstand verdoppelte sich in den letzten Minuten auf zehn Tore. Zwar klappten die Übergaben von Juri Knorr und Renars Uscins nicht so häufig wie bei den bisherigen WM-Spielen. Und auch die Anspiele an den Kreis fingen die Dänen regelmäßig ab. Aber der Rückraum erzielte neunzehn Tore und die Abhängigkeit von Juri Knorr ist dank Luca Witzke etwas geringer als noch vor einem Jahr. Dadurch werden sie unberechenbarer.