Handball-Manager Chatton als zweite starke Stimme im DHB | ABC-Z
Das Thema des Tages räumte Benjamin Chatton humorvoll ab: „Ich verstehe die Aufregung nicht. Solange Alfred keinen Antrag auf Altersteilzeit stellt, ist doch alles in Ordnung.“ Da grinste sogar Gislason, der bei digitalen Medienterminen meist aussieht, als sei ihm der Salzstreuer ins Mittagessen gefallen.
Es sind Chattons erste öffentliche Auftritte als Manager der Handball-Nationalmannschaft. Seit dem 1. September verstärkt der 43-Jährige das Team ums Team. Symbolkräftig nah platzierte ihn der Deutsche Handballbund (DHB) am Dienstag an Gislasons Seite; hier gibt es nun eine zweite starke Stimme neben dem 65 Jahre alten Isländer, war die Botschaft.
Ebendieser hatte mit einem Interview und seiner Ankündigung am Montag für Aufregung gesorgt, er werde nach der Weltmeisterschaft 2027 beim DHB aufhören. Chatton kochte das Thema gekonnt weich, indem er sagte, dass doch kein Bundesligatrainer eine derart lange Vertragslaufzeit habe wie Gislason in nationalen Diensten. Dadurch unterstrich er gleich zu Beginn der ersten Länderspielwoche der zweiten Jahreshälfte seinen Wert für den DHB, dessen kommunikativer Auftritt zuletzt oft unglücklich war.
Chatton kennt den Verband wie seine Geburtsstadt Helmstedt, ist er doch noch bis zum 15. November DHB-Vorstand Finanzen und Recht. In diesem Beruf gab es Lob für seine vorwärtsgerichtete Arbeit. Chatton, langjähriger Bundesligamanager in Wilhelmshaven, Lemgo, Balingen, Hannover und Geschäftsführer der Arena auf dem Expo-Gelände, drängt nicht ins Rampenlicht: immer dabei in seinen bald vier DHB-Jahren bei Spielen und Turnieren, aber medial nur am Rand. Diese Rolle tauscht er nun ein, verbunden mit dem familienfreundlichen Ortswechsel von Dortmund nach Hannover.
Dass kein namhafter früherer Profi wie die gehandelten Stefan Kretzschmar, Johannes Bitter oder Martin Strobel zum Manager geworden ist, mag auch am Budget des DHB liegen, in dem dieser Add-on-Job nicht in Vollzeit vorgesehen ist, was auch für die Frauen-Nationalmannschaft gilt, wo gerade Anja Althaus Managerin auf Honorarbasis geworden ist. Den Bedarf, jemanden einzustellen, der bei den Großturnieren im Januar medial Wogen glättet, hatte der DHB schon länger erkannt.
Für Chatton wird der neu geschaffene Posten auch deshalb keine 24/7-Bereitschaft enthalten, weil er am 16. November als Geschäftsführer zur Hannoveraner Baum-Gruppe stößt, einem Immobilien-Unternehmen; sie ist als Sportförderer bekannt, etwa bei Hannover 96. Dort ist Gregor Baum Gesellschafter und Aufsichtsrat. Es werde für Chatton genug Freiheiten geben, beide Verantwortlichkeiten unter einen Hut zu bringen, hieß es vom DHB. „Ich werde Ansprechperson der Spieler sein, aber nicht der Weihnachtsmann. Wir wollen ein Umfeld schaffen, in dem sich gut Handball spielen lässt“, sagt Chatton. „Dazu gehört auch, den Spielern mal zu sagen, dass wir nicht jeden Wunsch erfüllen können. Ich möchte den Rahmen, den Alfred vorgibt, bestmöglich ausfüllen.“
Auch bei diesen Ausführungen lächelte Gislason, der früher hatte durchblicken lassen, dass er einen Nationalmannschaftsmanager für überflüssig halte. Nun, mit einem an seiner Seite, den er mag, dem er traut, den er einschätzen kann, wirkte das neue Paar des deutschen Handballs plötzlich sehr stimmig. Chatton wird sein Team während der Lehrgangswoche mit Partien in Mannheim gegen die Schweiz und in Ankara gegen die Türkei beschnuppern. Dass Profis aus Hannover den Kern der Mannschaft bilden, die er teils aus seiner Zeit dort von 2011 bis 2018 als Jugendspieler gut kennt, wird den Einstieg erleichtern.