Hamburg und die Kühne-Oper: Als das Wünschen noch geholfen hat | ABC-Z
G ibt es Geschenke, die zu groß sind, um sie ablehnen zu können? Ein Opernhaus, zum Beispiel, wäre schon ein ziemlich großes Geschenk, und die Stadt möchte man sehen, die ein solches Angebot ausschlüge. Wobei…
Klaus-Michael Kühne will Hamburg dieses Geschenk machen. „Rund 300 Mio. Euro: HSV-Milliardär Kühne bezahlt Hamburgs neue Oper“ titelte die Bild-Zeitung schon vor Wochen, seitdem verdichten sich die Anzeichen, das ein Deal kurz bevorsteht. In einem Interview mit dem Hamburger Abendblatt verriet Kühne, dass man mit den Verhandlungen gut vorankäme, er hoffe auf einen Baubeginn in einigen Monaten.
Nun ist es ja im Prinzip schön, wenn Menschen mit sehr viel Geld – Klaus-Michael Kühne gilt, obgleich er bei Zürich lebt, als reichster Deutscher – etwas der Allgemeinheit zugute kommen lassen. Wobei eine Oper natürlich jetzt auch nicht wirklich für alle ist, schon mit dieser Art zu singen, kann nicht jeder etwas anfangen. Der HSV, den Kühne sonst noch sponsort, hat da mehr Breitenwirkung, aber eben: zweite Liga forever.
Es muss also etwas anderes her, wenn der Unternehmer, 87, sich noch ein Denkmal in seiner Heimatstadt Hamburg setzen will. Sponsor der Salzburger Festspiele ist er bereits, und er ist Operngänger. Seine Frau habe ihn dazu gebracht, wie er vor zwei Jahren dem Spiegel erzählte. Die Frage ist nur: Braucht Hamburg überhaupt eine neue Oper?
Unter Denkmalschutz
Das jetzige Haus, die Staatsoper am Gänsemarkt, ist sanierungsbedürftig, 100 Millionen, heißt es, müssten in den nächsten Jahren wohl investiert werden. Aber sie liegt in der Innenstadt, an einem sehr traditionsreichen Ort, fußläufig zum Rathaus und zur Binnenalster und zum Park Planten un Blomen. Der Bau, nach hinten raus aus den 1920ern, vorne raus aus den 1950ern mit einer charakteristischen Glasfassade, steht unter Denkmalschutz.
Doch für Kühne, der in der ganzen Welt Unternehmen kauft und verkauft, wie es ihm passt, bedeutet das nicht viel. Er ist mit dem Hamburger Istzustand unzufrieden: Das Gebäude sei asbestverseucht, die Akustik schlecht, das Niveau mittelmäßig, sagte er in dem Spiegel-Gespräch, das in einem seiner Hotels auf Mallorca stattfand. Er wolle die Hamburger Oper nach vorne bringen und sei bereit „einen Beitrag zu leisten“.
Die Reaktionen von Seiten der Stadt Hamburg waren verhalten: So schlimm sei das mit dem Asbest auch wieder nicht, und Kühnes Pläne, na ja, also wenn es eine Schenkung wäre, vielleicht…
Doch die Verhandlungen hinter den Kulissen gingen weiter. Der Hamburger Kultursenator, Carsten Brosda (SPD), reiste mit Kühne zur Oper in Oslo, einem futuristischen Bauwerk direkt am Fjord. Im Mai diesen Jahres dann lehnte sich Brosda ein bisschen weiter aus dem Fenster: „Ein Kultursenator, der sagt, ich will keine neuen Kulturorte, wäre schlecht beraten“, sagt er dem Abendblatt. Man müsse allerdings erst einmal den Preis fixieren.
Mit Pferdefuß
Denn, wie es bei großen Geschenken so ist: sie haben oft einen Pferdefuß. Kühnes 300 Millionen dürften für eine neue Oper in der Hafencity kaum reichen. Die Stadt muss das Grundstück erschließen, die Opernbesucher müssen ja hinkommen in diesen entlegenen Teil der Hafencity, und für den Hochwasserschutz sorgen muss sie auch. Nicht ganz einfach, die Hafencity steht auf einer Insel in der Elbe. Es wird auf jeden Fall teuer werden.
Denn, wie es bei großen Geschenken so ist: sie haben oft einen Pferdefuß. Kühnes 300 Millionen dürften für eine neue Oper kaum reichen
Für den Fall, dass die Kühne-Oper kommt, hätte Hamburg dann allerdings eine Oper zu viel. Was wird mit dem Haus am Gänsemarkt? Bekommt Kühne es zum Austausch geboten? Was könnte da rein?
Fragen über Fragen. Mal angenommen, Kühne wäre kein Operngänger, oder er fände die jetzige Hamburger Staatsoper gut, so wie sie ist: Wäre dann wohl irgendjemand auf die Idee gekommen, dass Hamburg eine neue Oper braucht?