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Halloween und die Angstlust: Warum gruseln wir uns eigentlich so gerne? – Wissen | ABC-Z

Kleine und große Hexen, Vampire und Zombies klingeln an mit Kürbissen und Spinnennetzen dekorierten Haustüren und rufen „Süßes oder Saures!“ Was früher eine Szene aus einer amerikanischen Kleinstadt in Hollywoodfilmen war, ist inzwischen auch hierzulande feste Herbsttradition. Was macht den Reiz von Halloween aus, und warum gruseln sich viele Menschen eigentlich so gerne?

Jedem Horrorfilm und Gruselmoment liegt dasselbe Gefühl zugrunde: Angst. Angst ist ein Urinstinkt und eine der Grundemotionen. „Ohne Angst wären wir emotional ärmer und würden wahrscheinlich auch nicht überleben“, sagt Katharina Domschke, die die Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie an der Universität Freiburg leitet. Sie forscht zum Thema Angstlust – und der Frage, warum Menschen diese Emotion bewusst spüren wollen. Evolutionsbiologisch betrachtet dient sie dazu, uns zu schützen und auf eine Gefahrensituation vorzubereiten. Die Amygdala, das Angstzentrum in unserem Gehirn, aktiviert das Stresssystem, wodurch Adrenalin ausgeschüttet wird. Das Herz schlägt schneller, man schwitzt oder zittert sogar, macht sich bereit für Angriff oder Flucht.

„Wenn Adrenalin in der richtigen Dosis kommt, macht es uns aber Spaß“, sagt Domschke. Die entscheidende Zutat für die Angstlust ist dabei vor allem das Wissen, in Sicherheit zu sein. Das unterscheidet einen Horrorfilm-Abend von einem nächtlichen Gang durch den dunklen Wald: Der Mensch weiß, dass er sicher ist und die Situation höchstwahrscheinlich gut ausgeht. Sobald die primäre Angst überstanden ist, der Schreckmoment im Film kommt und geht, schüttet der Körper zunächst Dopamin und dann Endorphine aus. Das sei „wie ein Mini-Orgasmus“, so Domschke. Die Erleichterung darüber, eine vermeintlich gefährliche Situation überlebt zu haben, löst eine Welle positiver Gefühle aus.

Doch zu gruselig sollte der Spuk auch nicht sein, wie eine Studie dänischer Forschender nahelegt. Die Forschenden ließen ihre Studienteilnehmer durch ein Horrorhaus laufen. Dafür statteten sie die Probanden mit Messgeräten für die Herzfrequenz aus, überwachten sie mit Videokameras und befragten sie anschließend nach ihrer Erfahrung. Das Ergebnis: Zunächst steigt der Spaß mit zunehmender Angst an; bis zu einem gewissen Punkt. Wird es zu gruselig, sinkt die Freude spürbar.

Diese Angsterlebnisse in sicherer Umgebung sind dabei sogar gesund: „Das hat einen resilienzstärkenden Effekt“, so Domschke. Und evolutionsbiologisch gesehen sind sie auch sinnvoll. Durch kontrollierte Angsterfahrungen lernt der Körper seine eigenen Reaktionen kennen. In echten Gefahrensituationen wird er dann nicht mehr von der eigenen Angst überrascht und kann besser reagieren.

Trotzdem mag nicht jeder Horror und Gruseln. Ob jemand Freude daran hat, hängt maßgeblich vom Persönlichkeitstyp ab. Menschen mit höheren Werten für Extraversion, die von Haus aus weniger ängstlich, aber auch weniger empathisch sind, gruseln sich offenbar lieber. Ein Glück für alle, die dem Spuk und Halloween nichts abgewinnen können – die Zeit ist nur einmal im Jahr.

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