Habeck wehrt sich gegen Plagiatsvorwurf – Politik | ABC-Z

Keine zwei Wochen vor der Bundestagswahl muss sich Robert Habeck, der Kanzlerkandidat der Grünen, gegen einen Plagiatsvorwurf wehren. Habeck soll in seiner im Jahr 2001 veröffentlichten Doktorarbeit gegen wissenschaftliche Standards verstoßen haben, behauptet der Plagiatsjäger Stefan Weber aus Salzburg.
Nach SZ-Informationen wirft Weber ihm dies in zwei Gutachten vor. Habeck wies die Vorwürfe in einer Stellungnahme, die auch per Video verbreitet wurde, zurück. Der Bundeswirtschaftsminister und Vizekanzler hatte das erste Gutachten seiner Hochschule, der Universität Hamburg (UHH), im Januar zur Prüfung übermittelt.
„Gemäß den Regeln der UHH kein wissenschaftliches Fehlverhalten.“
Ein Sprecher der Universität erklärte auf Anfrage, die Prüfung der Vorwürfe habe ergeben, „dass gemäß den Regeln der UHH kein wissenschaftliches Fehlverhalten vorliegt, da weder vorsätzlich noch grob fahrlässig gegen die Standards der guten wissenschaftlichen Praxis verstoßen wurde“. Die Eigenständigkeit der Forschungsleistung, also der wissenschaftliche Mehrwert der Dissertation, „wurde durch dieses Prüfungsergebnis bestätigt“.
Der Medienwissenschaftler Weber betätigt sich seit vielen Jahren als Plagiatsjäger und bietet kommerziell die Überprüfung von wissenschaftlichen Arbeiten an. Er gilt als erfahrener Plagiatsprüfer, der allerdings derart strenge Maßstäbe anlegt, dass diese durch die Hochschulen in mehreren Fällen nicht anerkannt wurden. Im vergangenen Bundestagswahlkampf 2021 hatte er bereits der damaligen Grünen-Kanzlerkandidatin Annalena Baerbock vorgehalten, sie habe für ihr Sachbuch „Jetzt – Wie wir unser Land erneuern“ Texte übernommen, ohne dies zu kennzeichnen.
Habeck wirft er konkret vor, er zitiere Originalquellen, die er selbst gelesen haben müsste, nur aus der Sekundärliteratur, also aus Werken, die diese Originalquellen behandeln. Laut wissenschaftlichen Standards müssten solche übernommenen Zitate in einer Fußnote oder einem anderweitigen Hinweis gekennzeichnet werden mit „zitiert nach“. Weber nennt dies „Quellenplagiat“.
Zudem lastet er Habeck an, schlampig gearbeitet zu haben, er habe in der rund 260 Seiten umfassenden Dissertation viele Rechtschreibfehler gefunden. Anders als in früheren prominenten Plagiatsfällen wie bei Karl-Theodor zu Guttenberg oder Franziska Giffey wirft ihm Weber demnach nicht vor, in größerem Stil Textpassagen von anderen Autoren übernommen zu haben, ohne dies sauber zu kennzeichnen.
Die Uni empfiehlt lediglich, einzelne Zitate und Fußnoten nach den heutigen Regeln zu überarbeiten
Habeck ging am Montag in die Offensive und machte den Vorwurf öffentlich, kurz bevor Weber damit an die Öffentlichkeit treten wollte. Er erklärte, ihm seien die Vorhaltungen vorab bekannt geworden und er habe daraufhin die zuständige Ombudsstelle der Universität Hamburg „um Sichtung und Prüfung meiner Dissertation und speziell dieser konkreten Vorwürfe gebeten“. Die Prüfung sei zum Ergebnis gekommen, dass kein wissenschaftliches Fehlverhalten vorliege und habe „die Vorwürfe entkräftet“.
Herr Weber habe nun allerdings „ein paar weitere Fußnoten-Kritiken hinzugefügt sowie penibel Tippfehler aufgelistet, die mir bei der Endredaktion vor 25 Jahren wohl entgangen sein mögen“, erklärte Habeck. Er habe die Universität Hamburg gebeten, auch diese Punkte zu prüfen.
Ein Sprecher der Universität Hamburg bestätigte der SZ den Vorgang. Es sei kein Verstoß gegen die Regeln guter wissenschaftlicher Praxis festgestellt worden. Dies wäre die Voraussetzung dafür, Habeck den Doktorgrad abzuerkennen. Die Universität hat Habeck demnach das Ergebnis der Prüfung mitgeteilt und ihm Empfehlungen zur Überarbeitung einzelner Zitate und Fußnoten übermittelt. „Diese Empfehlungen beruhen auf den heutigen Regeln guter wissenschaftlicher Praxis, welche zum Zeitpunkt der Erstellung der Arbeit zum Teil noch nicht in gleicher Weise formalisiert waren“, teilte der Sprecher mit.
Der Kritiker hat bereits zuvor Vorwürfe gegen Prominente erhoben, die Hochschulen nicht bestätigten
Weber hatte in den vergangenen Jahren mehrere Plagiatsvorwürfe gegen Prominente erhoben, die durch die prüfenden Hochschulen so nicht bestätigt wurden. Beispiele sind der Springer-Vorstandsvorsitzende Mathias Döpfner, bei dem die Universität Frankfurt am Main 2023 zwar ein „wissenschaftliches Fehlverhalten“ feststellte, dies jedoch nicht als so gravierend ansah, um ihm den Doktorgrad abzuerkennen.
Auch der damaligen stellvertretenden SZ-Chefredakteurin Alexandra Föderl-Schmid hatte Weber Anfang 2024 Plagiate in ihrer Doktorarbeit und in ihren journalistischen Texten vorgeworfen. Die Universität Salzburg erklärte nach einer Prüfung ihrer Doktorarbeit, dass „kein relevantes wissenschaftliches Fehlverhalten“ festzustellen war. Zudem war eine Prüfung ihrer journalistischen Artikel durch eine unabhängige Kommission zu dem Ergebnis gekommen, es gebe keine Hinweise darauf, dass Föderl-Schmid „methodisch die journalistische Leistung von anderen in einer Weise kopiert hätte, ohne die ihre eigenen Texte keine Gültigkeit gehabt hätten“.
Vergangene Woche verurteilte das Oberlandesgericht Linz Weber wegen übler Nachrede zu einer Entschädigung in Höhe von 4000 Euro. Weber hatte in seinem Blog den damaligen Rektor der Universität Klagenfurt, Oliver Vitouch, mit falschen Vorwürfen überzogen.