Politik

Habeck im Stream bei “HandOfBlood”: Der Vizekanzler auf unbekanntem Terrain | ABC-Z

Auch im deutschen Wahlkampf werden neue Formate wichtiger. Während Weidel auf X mit Musk spricht, hat Habeck eine andere Plattform im Blick: Auf dem Live-Streaming-Portal Twitch plaudert der Grünen-Kandidat mit Streamer “HandOfBlood” – und zeigt sich nahbar.

Mit Mikrofon und alkoholfreiem Pils in der Hand kommt Robert Habeck in den Raum. “Herr Habeck, Sie hier?”, fragt Streamer Maximilian Knabe, bekannt unter dem Pseudonym “HandOfBlood”. “Hi Chat erstmal, auch von mir”, sagt Habeck in die Kamera, stellt sein Bier ab und gesteht seine Nervosität. Der Vizekanzler tritt an diesem Dienstagabend in einem für deutsche Politikerinnen und Politiker noch ungewöhnlichen Format auf. Er quatscht auf dem Live-Streaming-Portal Twitch mehrere Stunden lang mit Knabe und seinen Zuschauern. Dem Gaming-Influencer folgen auf Twitch 1,3 Millionen Fans, auf Youtube sind es auf seinen verschiedenen Kanälen insgesamt sogar über 4 Millionen.

Habecks Ankunft ist dann auch das letzte Mal, dass die beiden sich siezen. Erst plaudert Knabe mit “Robert” über Malzbier und Influencer, dann macht Habeck einen Ostfriesenwitz und erklärt dem Publikum, wer eigentlich Otto Waalkes ist. Die Anregung zu dem Gespräch kam aus dem Team des Grünen-Vizekanzlers. Knabe willigte ein – nach etwas Bedenkzeit. Habeck sei zu Gast, einfach “weil er der Kanzlerkandidat ist, der gefragt hat”, erklärt Knabe. Es habe nichts damit zu tun, dass er Habeck unterstützen wolle, es sei ihm vielmehr wichtig, zur Meinungsbildung seines jüngeren Publikums beizutragen.

Habeck kriegt eine angenehme Bühne

Habeck selbst sagt, er habe sich in das “unbekannte Terrain begeben”, weil er das junge Twitch-Publikum von Streamern wie Knabe erreichen wolle. Zuhören will der Grünen-Kandidat und “hören, wo euch der Schuh drückt”. Was klar ist: Es ist für Habeck auch eine angenehme Bühne, ohne scharfen Widerspruch. “Ich bin kein Journalist”, stellt Knabe direkt zu Beginn klar. “Ich werde dich nicht journalistisch in die Mangel nehmen können, das ist auch nicht meine Absicht.”

Stattdessen plaudern sich Knabe und Habeck durch einen bunten Mix an Themen: das Leben als öffentliche Person, soziale Netzwerke und wie man sie regulieren sollte, Habecks Start in der Politik und Massentierhaltung. Habeck erklärt mal wieder das Heizungsgesetz und die Fehler, die er und seine Partei da gemacht haben. Der Wirtschaftsminister redet über das, worüber er auch in den traditionellen Medien spricht, aber er ist lockerer und macht Witze, ohne allzu anbiedernd oder bemüht zu wirken. Es ist eine Rolle, in der er sich spürbar wohlfühlt: der nahbare Erklärer, der offen und frei spricht. Er ist der kumpelhafte Politiker, der auch nur ein Mensch ist, der in die Politik so ein bisschen reingerutscht ist.

Die AfD ist Thema im Chat

Als das Gespräch sich sozialen Medien zuwendet, schlägt Habeck eine europäische Kommunikationsplattform als Gegengewicht zu den großen Anbietern aus den USA wie X, Facebook und Instagram vor. “Dann hast du einen Riesen-Content-Raum und eine europäische Antwort mit eigenen Spielregeln”, erläutert Habeck. Die Technologie-Sprünge dürfe man nicht den USA mit einem rechten Milliardär wie Elon Musk und einem autoritären China überlassen. “Wo ist denn das europäische X oder Twitter? Wo ist das europäische Tiktok, das europäische Instagram?”

Über Knabes Kernthema, Gaming, wird nur am Ende kurz gesprochen. Der E-Sport-Moderator setzt sich für die seit Jahren von der Politik versprochene Gemeinnützigkeit von E-Sport ein. Habeck gibt zu, nicht ganz in der Materie zu sein, verspricht aber: “Das ist bei mir angekommen.” Er habe sich um vieles gekümmert, “aber darum nicht”. Der Vizekanzler verspricht, er werde sich das Thema anschauen und sich dann bei Knabe melden.

Im Chat, in dem die Zuschauer live Nachrichten schreiben können, wird währenddessen um die Deutungshoheit gerungen. Hauptsächlich geht es um die AfD. Manche posten Wellen an blauen Herzen, manche grüne, immer wieder wird “Nazis raus” geschrieben. Die Nachrichten rangieren von “Was labert der” über “Habeck super Kerl, meine Stimme ist sicher” bis zu “Ich finde, er ist ein cooler Typ, aber kein Kanzler”. Es war mit in der Spitze 50.000 Live-Zuschauern an diesem Abend mit großem Abstand das meistgesehene Ereignis auf Twitch in Deutschland, die Aufzeichnung des Videos steht am frühen Morgen bereits bei über 500.000 Klicks. Das junge Publikum erreicht hat Habeck also.

Was ist eigentlich E-Sport?

E-Sport bezeichnet den kompetitiven Vergleich in Videospielen. League of Legends ist wohl der größte E-Sport-Titel weltweit, besonders in Asien erfreut sich das Spiel massiver Beliebtheit. Die LoL-WM 2023 war das meistgesehene E-Sport-Turnier aller Zeiten, das südkoreanische Team T1 krönte sich zum Sieger.

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