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Habeck bei Maischberger: „Das nächste Google muss aus Europa kommen“ | ABC-Z


Habeck bei Maischberger

„Das nächste Google muss aus Europa kommen“

Der Wahlkampf bei den Grünen läuft im Moment alles andere als rund. Der Kanzlerkandidat der Partei, Robert Habeck, versucht bei Sandra Maischberger, das Bild wieder geradezurücken. In einem Punkt gelingt es ihm nicht.

Alles wird teurer. Auch die Krankenkassengebühren. Laut einer DAK-Studie könnte der Beitrag im kommenden Jahr um weitere 0,5 Prozent auf durchschnittlich 18 Prozent steigen, in zehn Jahren könnte er bei 20 Prozent liegen. Kassenchef Andreas Strom will den Anstieg verhindern und fordert einen höheren Bundeszuschuss zur gesetzlichen Krankenversicherung.

R obert Habeck, Wirtschaftsminister und Grünen-Kanzlerkandidat, schlägt dagegen etwas anderes vor: Sozialabgaben auf Kapitalerträge, also auf Geld, das man mit Aktien oder anderen Anlageformen verdient. Der Vorschlag ist im Prinzip nicht neu. Er könnte ein erster Schritt zu einem Zukunftsprojekt sein, vor dem bisher alle Wirtschaftspolitiker zurückgeschreckt sind: eine gemeinsame Krankenkasse für alle. So deuten zumindest Grünen-Politiker wie Bundesaußenministerin Annalena Baerbock den Vorschlag Habecks. Doch genau scheint man das bei den Grünen nicht zu wissen, und auch Habeck selbst will bei Maischberger so weit nicht gehen. Focus-Kolumnist Jan Fleischhauer kritisiert am Dienstagabend in der ARD-Talkshow „Maischberger“ denn auch: „Wenn ich mich im Wolkigen aufhalte, muss ich mich mit dem Konkreten nicht beschäftigen.“ Die Grünen könnten bis heute nicht sagen, wer von diesen Zahlungen betroffen sei. Tatsächlich gibt es die Aussage: Millionäre sollen zahlen. Die sind jedoch in der Regel nicht gesetzlich krankenversichert.

„Offenbar war das alles nicht mit einem schlüssigen Konzept hinterlegt“, kritisiert Helene Bubrowski von Table Media. „Und ich weiß nicht, ob jetzt der Moment ist, darüber zu diskutieren“, fügt die Journalistin hinzu.

Nun hat aber Robert Habeck die Diskussion begonnen. Und im Lauf der Sendung fragt Sandra Maischberger denn auch, was Habeck eigentlich gemeint habe. Er erklärt: „Die Gesundheitskosten steigen. Gesundheit ist ein hohes Gut, das gilt für die Gesellschaft und für die Menschen insgesamt.“ Leistungen will Habeck nicht kürzen, auch an eine Privatisierung des Gesundheitssystems denke er nicht. „Die steigenden Gesundheitskosten werden sehr einseitig auf die Arbeitslöhne aufgelegt, gerade für die Menschen mit normalen Einkommen. Und die Frage ist: Ist das fair?“ Habeck sagt: Nein. Nun besäße ein Prozent der Bevölkerung 35 Prozent des Vermögens in Deutschland. Ob sich Habeck das Geld für die gesetzliche Krankenversicherung von diesem einen Prozent holen will, wird nicht ganz klar. „Es geht darum, dass Menschen, die arbeiten, die in der gesetzlichen Krankenversicherung sind, entlastet werden jetzt von den Arbeitslöhnen, und dass es ein Ausgleichssystem gibt, wo die, die hohe Kapitaleinkünfte haben, sich an der solidarischen Finanzierung des Gesundheitssystems beteiligen.“ Wie das praktisch funktioniert? „Wenn wir uns darüber verständigen, dass es sinnvoll ist, dass auch die Superreichen sich an der Finanzierung des Krankenhaussystems beteiligen, dann werden wir den Weg finden.“ Eine echte Antwort ist das nicht. Das weiß auch Habeck: Das sei „Die Richtung einer Antwort“, sagt er.

Europa und Donald Trump

Er habe Donald Trump am Dienstag zu dessen Präsidentschaft gratuliert, sagt Habeck. Mit einem Video. Auf Deutsch. Da wird sich Trump bestimmt freuen. Der war am Montagabend als 47. Präsident der USA vereidigt worden. Für Deutschland und Europa wird sich einiges ändern, das ist Habeck klar.

Europa sollte dem amerikanischen Präsidenten mit gemeinsamer Stärke begegnen und nicht mit Unterwerfung, sagt Habeck. Die Republikaner in den USA seien einmal eine konservative Partei gewesen, und das habe man inzwischen vergessen. „Konservativ bedeutet ja so was wie bewahren, Ehrlichkeit, nicht lügen, Anstand, Höflichkeit auf der Benimm-Ebene. Alles weg.“ Trump habe am Montag eine „rüpelhafte Rede“ gehalten.

Sandra Maischberger möchte wissen, ob die USA nach Habecks Ansicht in eine Oligarchie abdriften könnten. „Wir tun jedenfalls gut daran, nicht immer vom Besten auszugehen“, antwortet der Grünen-Politiker. Liberale Demokraten glaubten immer, auf einer höheren moralischen Warte zu stehen. Sie könnten sich nicht vorstellen, dass das Illiberale, das Aggressive gewinnen werde. Aber die Geschichte erzähle eine andere Wahrheit. „Deswegen sollten wir das alles sehr ernst nehmen. Auch, dass es nach Deutschland und nach Europa kommt, wenn es nicht schon da ist, wenn es nicht in den Wahlkampf jetzt schon eingreift.“ Autoritäre Regime hätten eine gewisse Verführungskraft. „Und wenn Deutschland anfängt zu glauben, so muss man sein, um ökonomisch erfolgreich zu sein, dann sind wir auf einem abwegigen Pfad. Deswegen hat dieser Tag vor allem eine Lehre: Wenn wir nicht abhängig sein wollen von ihrer Technik und von ihren Werten, dann müssen wir es besser selber machen. Das nächste Google muss aus Europa kommen.“ Ob Europa zusammenstehen könne, hänge maßgeblich von Deutschland ab, so Habeck weiter. „Ohne Deutschland wird es nicht gehen.“

Reform der Schuldenbremse

Gleichzeitig müsse Europa etwas für den Erhalt des Friedens tun. „Mir geht es um die Wiederherstellung der Friedensordnung. Ein Frieden der Unterwerfung, ein Frieden ohne Freiheit, das mag das Schweigen der Waffen sein. Aber es ist eben nicht Frieden, wo man sich darauf verlassen kann, dass Grenzkonflikte nicht mit Armeen gelöst werden.“ Die Bundeswehr sei in den Jahren der großen Koalition heruntergewirtschaftet worden. Darum müssten die Verteidigungskosten höher sein als die bisher vorgesehenen zwei Prozent des Bruttoinlandsproduktes. „Wenn eine Mehrheit im Lande übereinstimmt, dass sich die Lage auf dem Kontinent geändert hat und Frieden bedeutet, wir müssen mehr für die Sicherheitsfähigkeit tun, wenn wir wissen, was getan werden kann, dann muss es auch getan werden.“

Darum sei es falsch, dass Unionskanzlerkandidat Merz weiter an der Schuldenbremse festhalten wolle. „Ich sage voraus, dass Friedrich Merz oder wer auch immer in der Regierung ist, die Sicherheitsfähigkeit des Landes nicht gewährleisten kann, ohne die Schuldenbremse in irgendeiner Form zu öffnen oder zu flexibilisieren“, so Habeck.

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