Haar: Schüler entwickeln preisgekröntes 3D-Spiel – Landkreis München | ABC-Z

Korbinian Kicker und Daniil Ntalampakos lieben Computerspiele. Dabei haben sie es gar nicht so mit dem Zocken. Sie leben ihre Leidenschaft anders aus. Sie erschaffen sich ihre virtuellen Welten selbst und haben dabei ihren Spaß. „Es ist wie ein Videospiel, ein Videospiel zu erstellen“, sagt Ntalampakos.
Gemeinsam mit seinem Schulfreund Korbinian hat er sich ein 3D-Spiel ausgedacht und programmiert, in dem sich zwei Teams nachts in einem verhexten Museum eine Challenge liefern. Mit „N.I.T.E.M – Night In The Enchanted Museum“ erhielten sie in der Kategorie „3D Extended Reality“ den Crossmedia-Kreativpreis des bayerischen Kultusministeriums.
Es gab eine Preisverleihung in den Fernsehstudios des Bayerischen Rundfunks in Freimann und Kultusministerin Anna Stolz (Freie Wähler) überhäufte die beiden 18-Jährigen sowie die Sieger in den fünf anderen Kategorien mit anerkennenden Worten. Sie seien „großartige Nachwuchstalente“ und zeigten mit der Unterstützung ihrer Lehrkräfte genau die „Fähigkeiten“, die „in der heutigen digitalen Welt immer wichtiger“ würden. Das hört sich an, als ob an Bayerns Schulen kluge Köpfe genug Freiraum fänden, sich zu entfalten. Doch ist das wirklich möglich, trotz Lehrplänen, Auswendiglernerei und des ständigen Prüfungsdrucks?
Bei der Begegnung mit den beiden und ihrem Informatiklehrer Michael Koopmans an der Schule zeigt sich erst einmal, dass man es mit entspannten, selbstbewussten 18-Jährigen zu tun hat, die schon mehr als nur eine Ahnung haben von ihrer Zukunft. Korbinian Kicker ist in dem Zweierteam der Programmierer und Daniil Ntalampakos der Kopf fürs Gestalterische. „Ich habe in der siebten Klasse schon kleine Spiele mit Java gemacht“, erzählt Kicker vom frühen Umgang mit der Programmiersprache und lobt die künstlerische Ader seines Kumpels, der das sofort einordnet. „Ich bin kein Typ, der sich jeden Tag hinhockt und komplizierte Sachen macht. Dafür habe ich nicht die Geduld“, ergänzt Ntalampakos. „Ich sehe das eher als Handwerk.“
Das Duo hat das Spiel, das jeder auf einer unabhängigen Plattform spielen kann, weitgehend unabhängig von der Schule erschaffen. „Die haben Erfahrung“, sagt Lehrer Koopmans, er habe das Projekt nur begleitet. Die Schule habe die Aufgabe, das Feld zu bereiten, damit die Schüler entdecken könnten, was in ihnen steckt.
Im Computerraum des Gymnasiums stehen Apple-Rechner und in einer Ecke auch zwei 3D-Drucker. Vergangenes Jahr schuf Ntalampakos damit Gartenzwerg-Figuren, die aussahen wie Lehrer an der Schule. Damals war er damit beim Crossmedia-Wettbewerb und holte ebenfalls bereits einen Preis. Zuletzt wurden VR-Brillen angeschafft. Wenn ein Schüler erkenne, „was die Geräte können, fängt die Kreativität an“, sagt Koopmans.
Seit 30 Jahren existiert der Wettbewerb. Das Ernst-Mach-Gymnasium habe seit bald 20 Jahren immer einen Preis geholt, erzählt Koopmans. Aber das gelinge nicht im Vorbeigehen. Es sei ein echter Wettbewerb. 646 Schülerinnen und Schüler aus 65 Schulen waren diesmal mit 110 Beiträgen in sechs Kategorien am Start.
Schon 2006 hat sich gezeigt, wie sehr die Vorstellung fasziniert, dass Skulpturen in einem Museum zum Leben erwachen. Die Filmreihe „Nachts im Museum“ mit Ben Stiller lockte Millionen ins Kino. Die Grafik im Spiel „N.I.T.E.M“ geht in diese Richtung, mit einem Mondschein, der durch große Museumsfenster auf griechische Krieger- und Götterfiguren fällt, die sich plötzlich bewegen. Die beiden Schüler kennen die Filme. Aber Daniil Ntalampakos sagt, sie hätten sich an dem Kinderspiel orientiert, bei dem eine Gruppe als Skulpturen wie eingefroren stehen muss, damit sich einer – ein Museumswärter – das einprägt und nach einem Moment mit geschlossenen Augen erkennt, wer sich bewegt hat. Ähnlich laufe es in ihrem Spiel. Eine Gruppe Spieler ergreife nach und nach Besitz von den 24 Skulpturen und eine andere Gruppe müsse als Wärter erkennen, welche Figuren beseelt seien und diese dann einfangen. Da gibt es Schlurfgeräusche, wenn sich eine Skulptur bewegt, plötzlich ist ein Podest leer, oder eine Figur steht anders da.
Als Vorbild diente das Alte Museum in Berlin
Das Versteckspiel ist im Stil eines Comics aufgezogen, der Wärter in blauer Uniform tanzt einen Freudentanz, wenn er gewonnen hat. Als Vorbild für die Museums-Szenerie wählte Ntalampakos das „Alte Museum“ auf der Museumsinsel in Berlin, mit seinen klassischen Säulen und Kapitellen. Die Jury lobte die aufwendige Gestaltung und stimmungsvolle Ausleuchtung des Spiels, das ein „beeindruckend dichtes Multiplayer-Erlebnis“ ermögliche und pries die „herausragende“ 3D-Vorarbeit. Dabei mussten die beiden Entwickler nicht mehr mit Java-Eingabebefehlen arbeiten. Um den Cartoon-Look zu erreichen, experimentierten sie mit der 3D-Software Blender und nutzten ein Tool namens Unity.
Die Schüler zogen Baupläne und Fotos des Alten Museums in Berlin heran. Das Säulenkapitell und verschiedene archäologische Artefakte wurden laut Beschreibung mithilfe von KI generiert und anschließend in Blender optimiert, um auch hier die Spielperformance zu gewährleisten.
Korbinian Kicker erzählt, ansonsten hätten sie bewusst auf KI verzichtet. Er habe 200 oder 300 Stunden Arbeit in das Ganze gesteckt; vor allem neben der Schule. Er klingt aus seinem Mund nicht so, als hätte man ihn zwingen müssen. Die letzte Nacht vor Einreichung des Wettbewerbsbeitrags seien sie bis spät gesessen, um die Projektbeschreibung zu formulieren, erzählt Daniil Ntalampakos. Ein ungünstiges Timing: Tags darauf sei schließlich Unterricht gewesen.
Korbinian Kicker reizt die Vorstellung, später mal in einem Start-up-Unternehmen zu arbeiten. Daniil Ntalampakos möchte Architektur studieren. Ihn begeisterten neue Techniken, sagt er, mit denen anspruchsvoll gestaltete Häuser bereits heute in 3D-Druck entstehen.





















