Günstiger Sternenküche erleben: Wie eine App in München dafür sorgen will | ABC-Z

München ist verwöhnt mit feinster Küche aus Spitzen- und Sternerestaurants. Erst kürzlich wurden wieder zahlreiche Lokale im Guide Michelin mit Sternen ausgezeichnet. Was in dem Glanz und Prestige aber untergeht: Auch Top-Restaurants haben mit alltäglichen Problemen zu kämpfen. Und: Gerade in Gourmet-Restaurants tut durch den hohen Wareneinsatz jeder Gast, der nicht erscheint, besonders weh.
Die Idee hinter “Hidden Table”
Daran setzen Malte Herbst und Laura Hutter an. Sie sind die Gründer der App “Hidden Table” und wollen damit Restaurants unterstützen und den Menschen gleichzeitig einen einfachen Zugang zu Spitzengastronomie ermöglichen.
Die Idee sei vor drei Jahren entstanden, als Malte Herbst mit seiner Freundin in einem gehobenen Hamburger Restaurant den gemeinsamen Jahrestag feierte. “Wir waren enttäuscht, dass das Restaurant an einem Dienstag sehr leer war”, erzählt Herbst der AZ. Danach habe er sich überlegt, wie man diese Lokale dabei unterstützen könnte, dass auch unter der Woche und zu unbeliebten Zeiten Gäste kommen.
Sterne-Menüs zum vergünstigten Preis
Das Ergebnis: “Hidden Table”. Das Prinzip der App ist recht einfach: Teilnehmende Restaurants können freie Tische zu bestimmten Uhrzeiten melden, die von Nutzern der App dann spontan gebucht werden können. Teil der Buchung sind feste Menüs, die von den Gästen bereits vorab über “Hidden Table” bezahlt werden. Die Menüs gibt es dafür zum vergünstigten Preis.
Entstanden ist die App in Hamburg. Unter der Mithilfe zweier Sterneköche sei das Konzept ausgearbeitet worden. Die gebürtige Münchnerin Laura Hutter kam dazu, als es mit der Vermarktung der App losging. Mitte September letzten Jahres konnten dann die ersten Hamburger Restaurants gebucht werden. Inzwischen gibt es die App – neben Hamburg – in München, Düsseldorf, Köln und ab Herbst in Berlin.
Seit März: Expansion nach München
In München ist die App seit März nutzbar. Auch durch Hutters Kontakte aus ihrer Arbeit in der Münchner Gastro sind bereits 26 Münchner Restaurants Teil der App, darunter das Sternerestaurant Tohru in der Schreiberei (seit kurzem Drei-Sterne-Restaurant), die Brasserie Thi oder das 1804 Hirschau (ein Stern).

© IMAGO/Heinz Weissfuss
von IMAGO/Heinz Weissfuss
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In der Auswahl der Restaurants verlassen sich die Gründer neben ihrem eigenen Netzwerk auf Partner wie den Guide Michelin oder das Gourmetmagazin Falstaff, die Restaurants testen und auszeichnen. Inzwischen sei es aber oft so, dass Gastronomen selbst auf die Gründer zugehen und Teil der App sein wollen, sagt Herbst.
Der AZ-Praxistest
Die AZ hat die Möglichkeit bekommen, “Hidden Table” zu testen: Ein Blick in die App zeigt jeweils für denselben und den darauffolgenden Tag verschiedene Restaurants und buchbare Uhrzeiten. Dazu gehört ein jeweils festgelegtes Menü. Die AZ entscheidet sich für ein Vier-Gänge-Menü im Bogenhauser Hof, das für App-Nutzer 68 Euro kosten würde. Zu erkennen ist auch, dass für ein solches Menü normalerweise 74 Euro bezahlt werden müsste. Die Anzahl der Personen kann festgelegt werden und das Menü wird direkt in der App bezahlt.

© Niclas Vaccalluzzo
von Niclas Vaccalluzzo
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Im Restaurant ist im Reservierungsbuch für die Servicemitarbeiter direkt ersichtlich, dass es sich um eine Buchung über “Hidden Table” handelt. Der Kellner bringt zwar zunächst die Speisekarte an den Tisch, weiß aber nach einem kurzen Hinweis direkt Bescheid, worum es geht und bringt bald darauf den ersten Gang.
Getränke müssen freilich extra bestellt und bezahlt werden. Das geht bisher nur vor Ort. An einer Zusatzfunktion in der App arbeite man aber bereits, sagt Laura Hutter. So soll in Zukunft etwa auch eine Weinbegleitung zu Menüs hinzugebucht werden können. Insgesamt klappt aber alles unkompliziert und man fühlt sich ein bisschen wie ein Stammgast.
Auch Bogenhauser Hof ist in der App vertreten
Man sei eines der ersten Restaurants gewesen, die in München dabei gewesen sind, sagt Stephan Fobo, Betriebsleiter des Bogenhauser Hof beim Besuch der AZ. Seit Kurzem heißt das Restaurant Villa Amalfi, da man sich im April für ein neues, italienisches Konzept entschieden hat.
Grund seien auch die eingangs geschilderten Probleme gewesen. Der Bogenhauser Hof war zuvor ein Restaurant mit sehr gehobener und exklusiver Küche. Das habe eigentlich auch immer gut funktioniert, sagt Fobo. Aber: Die historische Stadtvilla, in der das Restaurant beheimatet ist, bietet sehr viel Platz – und der muss erst einmal gefüllt werden. “Dadurch hatte man manchmal auch schlechte Tage”, sagt Fobo.
Vorteile für Gastronomen: “Ein leerer Tisch ist ein verlorener Tisch”
Durch das zugänglichere italienische Konzept habe man nun einen anderen Durchlauf. Trotzdem gibt es in dem Bogenhausener Restaurant noch immer gehobene Küche und verschiedene Gänge-Menüs. Und die bietet man eben auch vergünstigt über “Hidden Table” an. “Ein leerer Tisch ist ein verlorener Tisch”, sagt Fobo.
Freilich verdienen Laura Hutter und Malte Herbst auch etwas an der App. Trotz Provision, die er durch die Buchung über die App an das Unternehmen zahlen muss, lohnt es sich für den Gastronomen aber allemal, sagt er. Die Teilnahme an “Hidden Table” sei für die Gastronomen grundsätzlich unkompliziert, sagt Malte Herbst.
Vertragsbindung oder Grundgebühren gebe es keine – auch nicht für Nutzer. Erst in dem Moment, wo ein Tisch über die App gebucht wird, bekommt das Start-up eine Provision von den Gastronomen. “Der Gast spart, der Gastronom bekommt seinen Tisch los und wir konnten die beiden Parteien zusammenführen”, fasst es Herbst zusammen.
Rabatt liegt im Schnitt bei 10 bis 30 Prozent
Auch wie hoch der Rabatt auf die angebotenen Menüs ist, geben die App-Gründer nicht vor. “Wir geben den Gastronomen aber Empfehlungen”, sagt Herbst. Im Schnitt würde der Rabatt bei etwa zehn bis 30 Prozent liegen, sagt Laura Hutter. Preislich sei für jeden etwas dabei, man habe bewusst auch günstigere Restaurants im Portfolio. Rund ein Drittel aller teilnehmenden Restaurants seien Sternerestaurants.
Neben den Menüs können die Restaurants auch Events bewerben. Hier wolle man in Zukunft noch mehr wachsen und auch eigene Events mit Spitzenköchen anbieten, sagt Hutter. “So wollen wir das Thema Fine-Dining zugänglicher machen”. Auch auf Social Media geben die Gründer Tipps, etwa, ob man in Sternerestaurants nach Salz und Pfeffer fragen darf.
“Die Spitzengastronomie hat mit der Auslastung zu kämpfen”, sagt Herbst. Viele Menschen würden aber auch gar nicht auf die Idee kommen, spontan in Sternerestaurants zu buchen. Herbst und Hutter wollen mit Hidden Table zeigen, dass es für alle einen Platz gibt, auch in Münchens Spitzengastronomie.