Grünen-Politiker Stefan Gelbhaar weist Missbrauchsvorwürfe zurück | ABC-Z
Mehrfache sexuelle Belästigung?
Grünen-Politiker weist Missbrauchsvorwürfe zurück
02.01.2025, 12:09 Uhr
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Mehrere Frauen melden sich in der Parteizentrale der Grünen und erheben innerhalb weniger Tage schwere Vorwürfe gegen einen Parteifreund. Jetzt erklärt sich der Beschuldigte: Gelbhaar weist alle Anschuldigungen von sich. Es wird dennoch unwahrscheinlicher, dass er erneut in den Bundestag einzieht.
Der Grünen-Bundestagsabgeordnete Stefan Gelbhaar relativiert die gegen ihn erhobenen Vorwürfe. Mitte Dezember wurde bekannt, dass die Ombudsstelle seiner Partei sich mit Anschuldigungen der sexuellen Belästigung gegen den 48-Jährigen auseinandersetzt. In der Folge verzichtete er auf die parteiinterne Kandidatur um einen Bundestagswahl-Listenplatz. Jetzt macht er selbst die Vorwürfe öffentlich und bezieht Stellung.
Die Gespräche mit der Ombudsstelle der Parteizentrale seien vertraulich, weshalb er darauf nicht näher eingehen könne. Allerdings erreichten den Politiker, der bereits seit 2017 für die Grünen im Bundestag sitzt, mehrere Presseanfragen mit konkreten Schilderungen von Betroffenen, zu denen er sich äußert. Demnach müsse es sich um eine “geplante Aktion” handeln, die seinen Kandidatur-Rückzug erzwingen sollte, “weiß” Gelbhaar heute, wie er mitteilt. “Das Ziel ist, mich massiv zu diskreditieren.”
Der schwerwiegendste Vorwurf stamme seiner Schilderung zufolge von einer Frau, die er im November 2023 aufgrund ihres Gesundheitszustands nach Hause begleitete. Sie litt unter Schwindelgefühl, woraufhin Gelbhaar ein Glas Wasser brachte. In der Folge – so die Anschuldigung der Frau – soll der Politiker ihr die Kleidung ausgezogen, mit einem Bein auf ihren Beinen gekniet und die Arme festgehalten haben. Auch Küsse werden vorgeworfen, gegen die sich die Betroffene angeblich gewehrt habe. Bis heute leide sie unter “Flashbacks”, in denen Gelbhaar “auf” ihr oder “über” ihr sei.
Grünen-Politiker dementiert Anschuldigungen
Stefan Gelbhaar dazu: “Der Vorwurf ist frei erfunden.” Er könne “lückenlos nachweisen”, dass er an dem genannten Tag und der Nacht mit anderen Menschen unterwegs war. Unter anderem habe er bei einer Veranstaltung auf dem Podium gesessen und diskutiert, wovon ein Mitschnitt existiere. Später sei er zu Hause gewesen, was er ebenfalls beweisen könne.
Aus dem Februar 2023 stammt eine andere Anschuldigung, wonach Gelbhaar eine Frau gegen ihren Willen intensiv berührte: Er soll ihr auf dem Weg zu einer S-Bahn die Brüste geknetet und eine Hand auf den Po abgelegt haben. Der Grünen-Politiker hätte an dem Tag “gut und öffentlich dokumentiert mehrere Wahlkampfveranstaltungen” abgehalten und sei mit dem Fahrrad unterwegs gewesen. Er nennt auch diesen Vorwurf “frei erfunden”.
In weiteren Konfrontationen wird dem 48-Jährigen vorgeworfen, eine Frau gegen ihren Willen geküsst und eine andere über Social-Media angeflirtet zu haben. Den Kuss nennt Gelbhaar “ebenfalls erfunden”. Der Flirtversuch über soziale Netzwerke sei “vage und stimmt nicht”. Er folge vielen Menschen, reagiere auf Story-Postings und verschicke regelmäßig Nachrichten auch nach Mitternacht. Dass er diese Frau bei Treffen gestreichelt habe, stritt er nicht ab. Allerdings schränkte der Familienvater ein: “Ich streichele natürlich nicht unerwünscht oder gar gegen den Wunsch eines Menschen.”
Gelbhaar: “Hat Nachdenken ausgelöst”
Die Auseinandersetzung mit der Ombudsstelle und derartigen Fällen hätte “natürlich ein Nachdenken ausgelöst, und den Punkt, mehr Aufmerksamkeit für Kommunikation und Grenzen zu entwickeln”, teilt Gelbhaar mit. Nachrichten wie “Was machst, wann sehen wir uns mal wieder? 🙂 Wann lädst du mich zu Dir ein? :)” wolle er nun offenbar nicht mehr versenden.
Der Politiker erklärt, dass alle Meldungen – es handelt sich um zwölf von Betroffenen sowie sechs von nicht Betroffenen, die bis 2009 zurückreichen – gegen ihn im Zeitraum vom 11. bis 13. Dezember bei den Ombudsleuten eingingen. Am 14. Dezember fand die Abstimmung über die Listenplätze der Berliner Grünen-Kandidaten statt. “Die Zahl der Meldungen hat sich bis heute nicht verändert”, trotz der breiten Berichterstattung über die Vorwürfe. Gelbhaar findet das Vorgehen “schlichtweg kriminell”. Ihn hätten die Schilderungen “aus der Bahn geworfen und stark beschäftigt”.
Um seinen Platz im Bundestag muss er jetzt wohl doch fürchten: Zwar wurde Gelbhaar schon im November als Direktkandidat für den Bezirk Pankow aufgestellt und er wollte an dieser Nominierung festhalten. Doch nun wollen die Pankower Grünen in der kommenden Woche neu abstimmen. Womöglich geht das Direktmandat des Wahlkreises 75 dann doch an einen Parteifreund.