Berlin

Gründungszentrum Kalium.I.E.Z. in Berlin: Hilfe! Wie gründe ich ein Startup? | ABC-Z

Gründungszentrum K.I.E.Z. in Berlin

Hilfe! Wie gründe ich ein Startup?


Fr 25.04.25 | 06:17 Uhr | Von Efthymis Angeloudis

Bild: dpa/Alexandra C. Ribeiro

Gründungszentren in München, Paris oder Brüssel begleiten Startups Schritt für Schritt bis zur Marktreife. In Berlin hingegen fehlt ein zentraler Anlaufpunkt. Doch gerade bei KI-Gründungen scheint sich jetzt etwas zu tun. Von Efthymis Angeloudis

Nehmen wir mal an, jemand hat eine tolle Idee für ein Startup. Eine KI-gestützte Wissens- und Trainingplattform zum Beispiel, mit der Handwerker in fast allen Berufsfeldern auf ihrem Smartphone lernen, wie sie Solaranlagen installieren oder Wärmepumpen reparieren. Innovativ, alltagstauglich und speziell für ein Berufsfeld, in dem der Bedarf an Quereinsteigern groß ist – mit besten Erfolgsaussichten. Volltreffer!

Diese Idee kam Niklas Dehio und seinen zwei Mitgründern vor zweieinhalb Jahren in einer Bar in Hamburg. “Mitgründer und Barbesitzer Momo kam zu uns und sagte, dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in seiner Bar nie wissen, was der neue Wein ist, weil das alles Teilzeitkräfte sind, oder sie studieren, oder andere Dinge machen als die langen PDF zu lesen, die er aufgeschrieben hat”, erinnert er sich. Wäre doch schön, wenn man für sowas eine App hätte.

Die Idee für Elephant Company war geboren und Programmierer Niklas und UX-Designer Melchior machten sich an die Arbeit.

Von der Idee zur Umsetzung

Eine Idee für ein Startup zu haben ist allerdings die eine Sache. Wie man die Idee umsetzt, plant und projektiert die andere. Denn die meisten Gründer:innen scheitern nicht mangels guter Ideen – sie scheitern an elementaren Fragen. Wie gründet man so ein Startup, erstellt einen Businessplan, eröffnet ein Geschäftskonto, meldet es im Handelsregister an? Woher kriegt man Mitstreiter, Büroflächen und vor allem Kunden?

“Man muss schon lernen, wie das alles funktioniert”, erklärt Ingmar Schuster, Co-Gründer des Startups Exazyme, das Proteine mit Hilfe von Künstlicher Intelligenz designt. “Aber hier hier war man extrem pragmatisch, was die Hilfe anging – deutlich näher an der echten Startup-Welt.”

Mit “hier” meint Ingmar K.I.E.Z., das Künstliche Intelligenz Entrepreneurship Zentrum im AI Campus in Berlin-Gesundbrunnen, ein Vorinkubator und Accelerator für KI-Startups, in dem Exazyme, aber auch Elephant Company von Niklas Dehio ihren Sitz haben. Das Zentrum soll Gründer:innen mit Rat und Tat zur Seite stehen, ihnen Know-How und Büroräume bieten und einen zentralen Ort schaffen, an dem sich das KI-Ökosystem orientieren kann.

Foyer des AI Campus in Berlin-Gesundbrunnen

Als Firma laufen lernen

Denn jemanden zu haben, an den man sich bei seinen ersten Schritten wenden kann, ist Gold wert, weiß auch Marian Schlüter, Co-Gründer von Enamentis, einem Startup, das eine hochauflösende Kamera mit einer KI-Recheneinheit an Bord entwickelt hat, die zum Beispiel OP-Instrumente erkennt und Verzögerungen bei chirurgischen Eingriffen verhindern kann.

“K.I.E.Z. hat uns ungemein geholfen, überhaupt erst einmal laufen zu lernen als Firma”, sagt Schlüter. “Wir haben hier immerhin einen Ansprechpartner, wenn wir irgendein Problem haben.”

Und an Problemen mangelt es bei der Gründung von Startups wirklich nicht. “Welche Cloud nutzt man? Wie macht man sein Produkt effektiv?”, nennt Marian beispielhaft. “Und dann haben wir noch ein ganzes Rahmenprogramm mit Schulungen und Coachings von Experten aus ganz Deutschland oder sogar weltweit, die uns in Sachen wie Sales und Finanzierungsstrategien beraten”, erklärt er. “Und ja, das hat uns schon ordentlich weitergebracht.”

45 Millionen Euro aufgenommen und 500 Arbeitsplätze geschaffen

Und die Hilfe von K.I.E.Z. bedeutet für Gründer:innen auch Erfolg. “In den letzten drei Jahren haben unseres Startups über 45 Millionen Euro von Kapitalgebern aufgenommen und fast 500 Arbeitsplätze in der Region geschaffen”, sagt Direktorin Laura Möller dem rbb mit einem gewissen Stolz. Und das sei nur der Anfang. “KI hat das Potenzial, als Wachstumsmotor für die deutsche Wirtschaft zu fungieren und könnte bis 2030 das Bruttoinlandsprodukt Deutschlands um bis zu vier Prozent oder 160 Mrd. Euro steigern [mckinsey.de].”

Und dass KI in fast allen Bereichen genutzt wird, ist laut Möller alternativlos. Wie eben bei den Startups von K.I.E.Z.: Exazyme berechnet Proteine für die Pharmaindustrie, Enamentis bemisst mit Hilfe einer KI-Kamera, welche Scheren, Klemmen und Schwämme bei einer OP benutzt werden und Elephant Company hilft Handwerkern dabei, Zugriff auf alle relevanten Informationen zu haben. Das sei zwar kein großes Sprachmodell wie ChatGPT oder Deepseek aber biete industrielle, hochpräzise Anwendungen für KI und sei damit genau, was die deutsche Wirtschaft brauche, erklärt Möller.

KI-basiertes Kamerasystem Cir.Log des Startup Enamentis
Bild: rbb/Efthymis Angeloudis

München hängt Berlin ab

Noch mehr als die deutsche Wirtschaft scheint das die Berliner Wirtschaft zu brauchen. Denn während Berlin lange als Startup-Metropole der Bundesrepublik galt, haben Startups aus Bayern im vergangenen Jahr zum ersten Mal mehr Risikokapital eingesammelt als Gründer aus der Hauptstadt. Mit über 2,3 Milliarden Euro flossen fast ein Drittel aller Start-up-Investitionen in den Freistaat. Berlin kam im Länder-Vergleich mit rund 2,2 Milliarden Euro hingegen nur auf Platz zwei.

Fünf der Top-Ten-Startups mit den größten Investitionssummen kamen laut einer Studie von EY aus Bayern, zwei aus Nordrhein-Westfalen und je eins aus Hamburg, Hessen und Baden-Württemberg. Der Münchner Softwareentwickler Helsing erhielt zum Beispiel 450 Millionen Euro an Risikokapital. Der Online-Übersetzungs-Anbieter Deepl aus Köln sammelte 277 Millionen Euro ein, der Halbleiter-Hersteller Black Semiconductor aus Aachen 250 Millionen Euro.

Und Berlin? Fehlanzeige. Die vermeintliche Gründermetropole an der Spree verlor den Spitzenplatz im Länderranking.

UnternehmerTUM in München macht es vor

Zu fragmentiert ist Berlin im Vergleich, findet Franziska Teubert, Geschäftsführerin des Startup-Verbands. “Es gibt viele gute Initiativen – aber sie agieren oft nebeneinander statt miteinander. Dadurch fehlt die kritische Masse, um gemeinsam wirklich große Strahlkraft zu entfalten. Und wenn alle ihr eigenes Marketing machen, fehlt es an Budgets und Strukturen, um international sichtbar zu werden.“

Sichtbarkeit die zum Beispiel stattdessen dem Münchener Gründungszentrum UnternehmerTUM zugutekommt. Das wohl bekannteste deutsche Startup-Hub wurde von der “Financial Times” zum zweiten Jahr in Folge als bestes Gründungszentrum in Europa ausgezeichnet. Dort nehmen jährlich 5.000 Menschen an den Gründungsprogrammen teil. Dabei entstehen 50 neue Start-ups.

Das Münchener Ökosystem hat somit eine zentrale Anlaufstelle für Gründer:innen in allen Bereichen – ob KI, Wasserstoff oder Space-Tech.

Laura Möller, Direktorin von K.I.E.Z.
Bild: rbb/Efthymis Angeloudis

Berlin braucht einen zentralen Ort für Gründende

Und die Vorteile eines zentralen, branchenübergreifenden Ortes, der Gründungen von der ersten Idee bis zum internationalen Erfolg begleitet, liegen auf der Hand.

“Ein zentraler Ort bietet vor allem eins: Orientierung”, erklärt Franziska Teubert. “Egal, ob es um Förderprogramme, erste Finanzierungsrunden, Behördenkontakte oder internationale Rekrutierung geht – Gründer:innen hätten eine zentrale Anlaufstelle, die sie durch alle Phasen begleitet.” Angebote der Stadt, von Hochschulen und Partnern würden so gebündelt – statt fragmentiert. “So wird aus dem Ort ein echtes Sprungbrett ins Startup-Ökosystem – offen, zugänglich und effizient.”

Genau deshalb sei der Leuchtturm-Wettbewerb des Bundeswirtschaftsministeriums für die “Startup-Factories” so wichtig, findet Teubert: “Er will zentrale Orte schaffen, an denen sich das gesamte Ökosystem orientieren kann.” Und Berlin brauche genauso einen Ort – nicht nur als Gebäude, sondern als gemeinsamen Fokuspunkt.

Leuchtturm in Berlin

Von so einem Ort träumt auch Laura Möller. Mehr als nur träumt, sie plant ihn gerade. Möller leitet – in Personalunion mit K.I.E.Z. – auch den Aufbau von UNITE, einem Konsortium an Wissenschaftspartnern, Universitäten und Forschungseinrichtungen aus Berlin und Brandenburg, das an dem Leuchtturm-Wettbewerb des BMWK teilnimmt und gute Aussichten hat einer der bis zu zehn Standorte zu sein, die im Rahmen der Startup-Strategie der Bundesregierung als Startup-Factory gekürt wird.

“Wir werden in Berlin-Brandenburg auch deshalb künftig mehrere Gründungszentren haben, weil gerade bei Deep-Tech-Startups die Nähe zur Forschung erfolgskritisch ist”, erklärt Möller die Standortvorteile der Hauptstadtregion. Wichtiger sei jedoch, dass die Fragmentierung der Berliner Ökosysteme durch Vernetzung überwunden werde. “Dafür tritt die Startup Factory UNITE an.” Denn für Talente, Entrepreneur:innen, Investor:innen und Unternehmen müsse jederzeit klar sein, wohin sie sich mit ihren Anliegen wenden können.

AI Campus in Berlin-Gesundbrunnen
Bild: rbb/Efthymis Angeloudis

Von der Bar in die Clean-Tech-Branche

Für Niklas Dehio zum Beispiel. Nachdem die Idee von Elephant Company geboren wurde, trainierte Niklas die KI-Modelle und merkte schnell, dass sich der ganze Aufwand für eine Bar nicht lohnt. Für Clean-Tech-Unternehmen wie Dekra, Enpal oder Thermondo, die oft schnell Installateure ausbilden müssten, ist eine KI-gestützte Wissens- und Trainingsplattform hingegen genau das richtige.

Mit Hilfe von K.I.E.Z. konnte Elephant Company die eine Schwachstelle ihres Vertriebs angehen – Sales. “Es ist sehr schwierig, an Firmen zu verkaufen, weil es sehr viel Hürden gibt”, erklärt Niklas. “Hier hatten wir ein maßgeschneidertes Programm, mit Leuten, die viel mehr Erfahrung hatten als wir und die uns geholfen haben genau diese Kunden zu erreichen.” Erst dann wurde aus einer tollen Idee ein richtiges Startup.

Sendung: rbb24 Inforadio, 25.04.2025, 14:35 Uhr

Beitrag von Efthymis Angeloudis


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