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Grüne lehnen Finanzpläne ab: Ein Nein, ein Türöffner – und ein neuer Vorschlag | ABC-Z


analyse

Stand: 10.03.2025 22:52 Uhr

Die Grünen wollen dem Finanzpaket von Union und SPD nicht zustimmen. Nun formulieren sie einen eigenen Gesetzesvorschlag. Warum machen sie das nur?

Ein Foto mit lila Blümchen und wenige Worte: „Heute mal kurz raus“, schrieb die grüne Fraktionsvorsitzende Britta Haßelmann am vergangenen Wochenende auf X. Während ihres Spaziergangs im Teutoburger Wald rief CDU-Chef Friedrich Merz an, so schildern es die Grünen später. Doch er landete nur auf Haßelmanns Mailbox. Angeblich habe Merz dort eher eine Ansage gemacht, als um gemeinsame Kompromisse geworben. Die Grünen sind einmal mehr: vergrätzt.

Ökonomen sprechen von „Verschiebebahnhof“

Wahrscheinlich ist die Geschichte, die die Grünen auf ihrer Pressekonferenz am Montag fast schon zelebrierten, sehr zugespitzt. Denn es gab auch persönliche Gespräche zwischen Merz und den Grünen-Fraktionschefinnen. Doch was bleibt ist der Eindruck: Die Mailbox-Episode ist symptomatisch für den schwierigen Gesprächsprozess, wenn man ihn überhaupt so nennen kann. Denn weder Politikstil noch Inhalte sind gerade kompatibel auf beiden Seiten.

Auch die Grünen holen den Unions-Vordenker und Schuldenbremsen-Erfinder heraus, um Treffer ins Mark zu landen: „Wolfgang Schäuble würde sich im Grabe umdrehen“, sagte Parteichefin Franziska Brantner, wenn er sehen würde, „wie seine Partei die Schuldenbremse reformieren möchte, um Steuergeschenke damit zu finanzieren“.   

Was die Grünen damit meinen, kritisieren auch hochrangige Ökonomen als „Verschiebebahnhof“. Die schwarz-rote Sondiererrunde will ein Sondervermögen für Infrastruktur auf den Weg bringen. 500 Milliarden, verteilt über zehn Jahre. Das allein klingt sehr nach bisherigen grünen Plänen und großer Zustimmungsfähigkeit. Doch zugleich gibt es große Vorhaben, die Kostenlawinen auslösen: eine dritte Erhöhung der Mütterrente, Mehrwertsteuersenkung aufs Restaurantessen, Kaufanreize für E-Autos und vieles mehr.   

Zaghaftes Lob von Linnemann

Die Befürchtung: Im regulären Haushalt könnte Geld für Infrastruktur gestrichen werden, um die teuren Wahlversprechen möglich zu machen. Dann gebe es am Ende „keinen einzigen Euro mehr für Investitionen“, formuliert es Co-Fraktionsvorsitzende Katharina Dröge. Für Bahnstrecken, Klimaschutz oder Stromleitungen würde das fließen, was ohnehin vorgesehen war – nur aus einem anderen Topf.

Unterm Strich bleibt kein „Wumms“ für die Infrastruktur, den man doch eigentlich versprochen hatte. Allerdings muss man bei all dem auch auf die Zwischentöne achten. Und die waren vor allem von Seiten der Union, eigentlich das erste Mal seit Monaten, spürbar anders. Die Vorschläge der Grünen seien „nicht lebensfremd“, erklärte CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann. Das ist Lob auf auf niedrigem Niveau, aber immerhin weit entfernt vom Bashing vergangener Tage.

Grüne machen eigenen Vorschlag

In Kreisen der Grünen hatte es zuvor eigentlich die Sorge gegeben, die Union würde einen anderen Weg wählen: Öffentlich den Druck erhöhen und die Grünen als unverantwortliche Nörgler und Bremser in Sachen Verteidigung darstellen. Genau gegen den Vorwurf will sich die Fraktion nun absichern. Mit großer Mehrheit hat sie einen eigenen Gesetzesvorschlag beschlossen, der die Reform der Verteidigungsausgaben in den Fokus nimmt.

Darin definieren die Grünen den Bedarf umfassender: Es müsse auch sichergestellt werden, dass die Nachrichtendienste besser ausgestattet sind, Geld in Zivilschutz oder Cybersicherheit fließt und internationale Organisationen, die sich diplomatisch engagieren, gestärkt werden. 

Das Ziel ist: Falls es keine Einigung auf ein Gesamtpaket gibt, dann bleibt zumindest der Weg offen, mehr Geld für Verteidigung und Sicherheit zu beschließen. Dafür müssten aber die Vorhaben voneinander getrennt zur Abstimmung gestellt werden. Auch wenn die Grünen intern wissen, dass Union und SPD wohl nie ihren Gesetzestext annehmen, ist es ein Angebot, mit dem man eigene Handlungswilligkeit demonstrieren will. 

Verweis auf Linke als Strategie

Auffällig ist zudem, wie oft die Grünen derzeit auf die Linken verweisen. Man selbst habe mit der Linkspartei schon gesprochen, verkünden die Grünen derzeit überall. Nun müsse CDU-Chef Merz „die vielleicht mal zum Kaffee einladen“, forderte Co-Parteichef Felix Banaszak in der ARD-Sendung Hart aber fair. Die Grünen empfehlen: „Man sollte Mehrheiten suchen in einem neuen Bundestag.“

Und die gebe es da eben nur mit den Linken – dafür aber ohne Bedenken gegenüber dem jetzigen Schnellverfahren mit dem alten Parlament. Doch diese stetigen Verweise auf die Linke ist auch eine Strategie: Denn klar ist auch den Grünen, dass die CDU und CSU noch viel weniger mit den Linken verhandeln wollen. „Friedrich Merz an einem Verhandlungstisch mit Heidi Reichinnek – das sollen die sich in der Union mal ausmalen“, heißt es intern.

Das Kalkül: Dadurch wirken die Grünen als Verhandlungspartner gleich viel berechenbarer und aus Sicht der Union kompromissbereiter. Noch ein paar Tage bleiben, um zu einer Einigung unter den vier beteiligten Parteien zu kommen. Das Treffen am Montagabend war dafür vielleicht der atmosphärische Türöffner: Endlich mal an einem Tisch sprechen, statt nur am Telefon oder über die Medien. Ein kleines Signal: CDU-Chef Merz, CSU-Verhandler Alexander Dobrindt sowie SPD-Chef Lars Klingbeil kamen zu einem Besprechungssaal der Grünen-Fraktion. Sie nahmen also dieses Mal den weiteren Weg auf sich.  

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