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Großbritannien: Keir Starmer lädt Investoren ein – Wirtschaft | ABC-Z

Vierzig Billionen britische Pfund waren am Montag in die Guildhall in London eingeladen, in Gestalt von etwa 200 Vertretern internationaler Konzerne, die zusammen über diese Summe verfügen. Der immer noch recht neue Premierminister des Vereinigten Königreichs, Keir Starmer, hat die Gäste in dem historischen Gebäude für seinen ersten Investitionsgipfel versammelt. Der Termin ist keine Nebensächlichkeit für die Labour-Partei, sondern ein Schritt auf dem Weg zum ausgerufenen Ziel Nummer eins: das kriselnde Großbritannien wieder aufzubauen, seine schwächelnde Wirtschaft wieder zu stärken.

Die Regierung, die auf breite Steuererhöhungen, ausufernde Staatsverschuldung und öffentliches Sparen verzichten will, setzt bei ihren teuren Vorhaben komplett auf Wirtschaftswachstum. Der Gipfel gilt daher als wichtiges Signal an die Privatwirtschaft, oder wie Finanzministerin Rachel Reeves am Sonntag in Gastbeiträgen für diverse Zeitungen schrieb: Wenn Wachstum die Herausforderung ist, dann sind Investitionen die Lösung.

Auf der Gästeliste standen am Montag unter anderem der frühere Google-Chef Eric Schmidt, Blackrock-CEO Larry Fink und auch deutsche Unternehmensvertreter, etwa von DHL. Dem Publikum versprach Starmer in seiner Rede einen leichteren Zugang zum britischen Markt: „Wir werden jene Bürokratie abschaffen, die Investitionen blockiert, und wir werden dafür sorgen, dass jede Regulierungsbehörde in diesem Land das Wachstum genauso ernst nimmt wie die hier Anwesenden.“ Das Vereinigte Königreich soll stärker zulegen als jedes andere G-7-Land.

Finanzministerin Reeves betont die Gemeinsamkeiten von Großbritannien und Deutschland

Starmer, der in seiner Rede in der Guildhall auf die nahegelegene gleichnamige Musikschule verwies, in der er selbst einst das Flötespielen gelernt habe, in Schlaghose und mit langen Haaren („Sämtliche Fotobeweise wurden zerstört“), sieht sich seit Amtsantritt wirtschaftspolitisch unter anderem zweierlei Aufgaben gegenüber: Zum einen muss er den britischen Industrien beweisen, dass ihnen ausgerechnet eine linke Partei überaus gewogen ist; zum anderen muss er die von der konservativen Vorgängerregierung eher ungepflegten Beziehungen mit dem Ausland – vor allem mit der EU – wieder erneuern.

In einem ihrer internationalen Gastbeiträge, im Handelsblatt, betont Finanzministerin Reeves dann auch die Gemeinsamkeiten von Großbritannien und Deutschland: der Übergang zur Klimaneutralität, das Potenzial der künstlichen Intelligenz und Fortschritte im Gesundheitswesen.

Sie sei stolz darauf, dass Deutschland im vergangenen Jahr der zweitgrößte Handelspartner des Vereinigten Königreichs gewesen sei und bezifferte die Beziehung direkt mit einer Zahl: 149 Milliarden Pfund sei diese wert. Deutsche Unternehmen sorgten für mehr als 330 000 Arbeitsplätze in ihrem Land. „Erst letzte Woche durften wir eine weitere Investition von 40 Millionen Pfund durch Siemens Mobility im Rahmen eines 200 Millionen Pfund schweren Schienenfahrzeug-Werks im Norden Englands begrüßen.“ Auch Frankreich und Japan wurden von Reeves mit freundlichen Gastbeiträgen bedacht.

Am Rande des Gipfels in London wurden noch am Montag weitaus größere Summen verkündet: Der australische Finanzdienstleister Macquarie etwa will zwanzig Milliarden Pfund in den Ausbau der Infrastruktur im Königreich stecken, unter anderem in den größten Solarpark der Insel. Ein Zusammenschluss von US-Tech-Firmen investiert 6,3 Milliarden in ein Datenzentrum. Die Manchester Airports Group sagte 1,1 Milliarden zu, um den Flughafen in Stansted auszubauen.

Elon Musk war gar nicht erst eingeladen worden

Die in Dubai ansässige DP World, einer der weltweit größten Hafenbetreiber, hat eine Milliarde Pfund für Großbritanniens größten Containerhafen östlich von London zugesagt. Diese seit Längerem geplante Investition stand das Wochenende über auf der Kippe. Verkehrsministerin Louise Haigh hatte vergangene Woche gesagt, sie boykottiere die Fähren der Firma P&O und ermutigte die Briten, es ihr gleichzutun. Das Unternehmen, das zu DP World gehört, hatte vor zwei Jahren Hunderte Mitarbeiter entlassen und durch billigere ersetzt. Starmer, dessen 100-Tage-Bilanz auch ohne die umstrittenen Aussagen seiner Parteikollegin als trüb gilt, sah sich gezwungen, sich öffentlich davon zu distanzieren.

Unglücklich gestaltete sich bei der Vorbereitung des Gipfels auch der Umgang mit zweien der reichsten Männer der Welt. Elon Musk war gar nicht erst eingeladen worden. Der Tesla-Gründer hatte, als die Regierung im Sommer rechte Ausschreitungen bekämpfte, auf seiner Plattform X heftig mit Starmer gestritten. Das sei jedoch keineswegs der Grund für seine Nichtberücksichtigung, sagte Peter Kyle, Staatssekretär für Wissenschaft, Innovation und Technologie dem Sender Sky News, vielmehr gehe der Unternehmer grundsätzlich nicht auf solche Events. Musk sei „sehr willkommen“, wenn er über Investitionen sprechen wolle.

Sehr wohl eingeladen war Bernard Arnault vom Luxus-Konzern LVMH. Allerdings schickten Regierungsmitarbeiter in der Mail an Journalisten, die diese Einladung thematisierte, versehentlich die E-Mail-Adresse des Franzosen mit. Das Handelsministerium entschuldigte sich bei ihm.

Enden soll der Gipfel am Montagabend mit royaler Unterstützung durch König Charles, der die Gäste in die St.-Pauls-Kathedrale einlädt. Für die musikalische Unterhaltung wurde Elton John gebucht.

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