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Grönland vor der Wahl: „Trump kann uns nicht kaufen“ | ABC-Z


weltspiegel

Stand: 09.03.2025 15:55 Uhr

Grönland wählt nächste Woche ein neues Parlament. Seit US-Präsident Trump Anspruch auf die Insel erhebt, beherrscht das Thema den Wahlkampf. Trumps Vorstoß beunruhigt viele – einige aber sehen ihn als Chance.

In Ilulissat, im Nordwesten Grönlands, gibt es einen Ort, da ist Trump schon allgegenwärtig.

Am Rande der Stadt hält Flemming Lauritzen seine Schlittenhunde. Der groß gewachsene Mann führt die Besucher in schweren Winterstiefeln zu einem kleinen Hundezwinger im Schnee.

Das laute Bellen und Heulen des Hundes mit dem dicken weißen Fell ist schon von Weitem zu hören. „2016, als es losging mit Trump und Putin, da haben wir zwei unserer Hunde nach ihnen benannt“, erzählt Lauritzen. „Unser Putin ist mittlerweile gestorben. Aber Trump – den gibt es immer noch bei uns.“  

Dänisch-Grönländische Beziehung

Flemming Lauritzen ist Däne, seine Frau Ane Sofie Grönländerin. Gemeinsam halten sie 20 Hunde und bieten Touren für Touristen an. Das Paar spricht untereinander Dänisch. Mit den Hunden dagegen Grönländisch. Alles wirkt harmonisch.

Doch wenn es um die Beziehung zwischen Grönland und Dänemark geht, wird die Sache komplizierter. Über Jahrzehnte musste sich Grönland mehr Rechte von der alten Kolonialmacht erkämpfen. Bis heute gehört die Insel noch offiziell zum dänischen Königreich. 

Dass nun auch noch US-Präsident Donald Trump nach ihnen greift, sorgt nicht nur bei Flemming und Ane Sofie für Entsetzen. „Grönland muss den Grönländern gehören“, entgegnet Ane Sofie. „Das finden hier alle. Es geht um unser Land, um unsere Zukunft. Grönland gehört uns und niemand anderem.“ 

Dänisch-grönländische Paare gibt es hier viele. Doch kurz vor der Wahl stehen die Zeichen auf Beziehungskrise. Manche sprechen im Wahlkampf gar von Scheidung. Die Regierung in der Hauptstadt Nuuk entscheidet viel. Aber eben nicht alles. Sicherheitspolitisch und wirtschaftlich sind sie hier weiter von Dänemark abhängig. Das gefällt nicht jedem. 

Taxifahrer Lars-Jørgen Kleist hat eine „Make America great again“-Kappe vom Besuch des Sohnes von Donald Trump mit nach Hause gebracht. Aus seiner Sicht eröffnet Trumps Ansinnen die Möglichkeit für Grönland, sich von Dänemark zu lösen.

Trump: eine Chance?

Lars-Jørgen Kleist will dem Reporterteam die Stadt zeigen. Ein freundlicher Mann. Doch in seinem Taxi macht er seinem Ärger Luft. „Eigentlich bin ich kein Taxifahrer. Ich habe eine gute Ausbildung und einen Masterabschluss. 20 Jahre habe ich in der Verwaltung gearbeitet und plötzlich meinen Job verloren. Ich dachte, ich finde schon was Neues. 40 Mal habe ich mich beworben. Aber nichts bekommen. Das hat mich deprimiert.“

Gute Ausbildung, aber keinen guten Job. So ergehe es vielen Grönländern, findet er. Die Fahrt geht zum Hafen, zu einer Statue, die im Land höchst umstritten ist. Sie zeigt Hans Egede. Vor mehr als 300 Jahren kam er als Missionar auf die Insel. Für viele markiert das den Beginn der Unterdrückung durch Dänemark.

Die Dänen haben uns versprochen, dass wir gleichberechtigt seien. Aber das war nie der Fall. Wir waren nie gleichberechtigt. Und das reicht den Leuten mittlerweile. Weil sie in Wahrheit auf uns herabschauen.“ 

Grönlands Regierungschef Múte B. Egede bemüht sich um Geschlossenheit. „Wir wollen keine Dänen sein. Wir wollen auch keine Amerikaner sein. Wir wollen Grönländer sein“, wiederholte er mehrmals vor Reportern. 

Mit Trump mehr herausholen?

Grönlands Regierung habe zu lange nach der Pfeife Dänemarks getanzt, findet Kleist. Trumps Interesse komme da doch wie gerufen. 

Als der Sohn des US-Präsidenten vor einigen Wochen überraschend auf die Insel kam, war der Taxifahrer dabei und nahm eine rote „Make America great again“-Kappe mit nach Hause. 

Er habe kein Problem mit Trump, erklärt er. „Es geht hier doch nicht um die Frage, ob er uns kauft oder nicht, sondern darum, dass wir verhandeln und das Beste für Grönland rausholen. Darum, etwas aus unseren Bodenschätzen zu machen und zu Wohlstand zu kommen.“

Grönland habe Seltene Erden, Gold, Diamanten. Das reiche, um sich endlich ganz von Dänemark zu lösen. 

Ein Versuch der Spaltung?

Ane Sofie und Flemming Lauritzen in Ilulissat sind sich da nicht so sicher. In der Küche bereiten sie gemeinsam das Abendessen vor. Trumps Anspruch auf Grönland hat hier viele verunsichert, glaubt die Grönländerin. „Ich liege nachts oft wach und scrolle durch die Nachrichten. Man wird wirklich ein bisschen verrückt.“ 

Die Äußerungen von Trump, der Besuch seines Sohnes so kurz vor der Wahl, das sei kein Zufall gewesen, glaubt Flemming.

Die Art, wie Trumps Sohn hier aufkreuzte war in meinen Augen ein Versuch, die Bevölkerung zu spalten. Denn ich glaube, es ist leichter, ein Land zu übernehmen, in dem die Bevölkerung gespalten ist.

Trumps ältester Sohn, Donald Trump Jr., besuchte die Grönland Anfang Januar – offiziell nur als Tourist. Sein Vater verspricht den Grönländern jetzt schon: „Wir werden euch gut behandeln“.

Eine Richtungsentscheidung

Über die richtige Geschwindigkeit beim Unabhängigkeitsprozess ringen die Parteien gerade im Wahlkampf. Auch Ane Sofie und Flemming wollen mehr Rechte für Grönland.

Und trotzdem wollen sie gute Beziehungen zu Dänemark behalten, nicht Trump in die Hände fallen. „Trump kann uns nicht kaufen“, den Satz hört man in Grönland in diesen Wochen häufig. Wie viele das genauso sehen, ist ungewiss. Die kommende Wahl jedenfalls könnte das Land nachhaltig verändern.  

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