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Grenzkontrollen: Zweifel an der Abschreckung – Politik | ABC-Z

Mit einem vielsagenden Wort beschreibt der Vorsitzende der Gewerkschaft der Polizei (GdP) die Wirkung der deutschen Grenzkontrollen: „gering“. Gering seien die Zurückweisungen und „relativ gering“ das Auffinden von Schleusern, sagte Andreas Roßkopf dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. Um die Kontrollen zu vermeiden, würden sogar Busunternehmen die Hauptstraßen umfahren.

Noch vor wenigen Tagen hatte der Präsident des Bundeskriminalamts, Holger Münch, die neuen Grenzkontrollen für wirksam gegen Schleuserkriminalität erklärt. „Die Anzahl der Feststellungen ist mit den Kontrollen in die Höhe gegangen“, sagte er ebenfalls dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. Der Welt am Sonntag zufolge wurden in den ersten vier Tagen an der gesamten Westgrenze 182 unerlaubte Einreiseversuche festgestellt, 100 wurden durch eine Zurückweisung verhindert. Der Personalaufwand dafür ist gewaltig. Das illustriert das Beispiel Bad Bentheim an der Grenze zu den Niederlanden. An einem Tag waren für drei Zurückweisungen und drei Vollstreckungen von Haftbefehlen 131 Polizisten im Einsatz.

Abschreckung? Asylsuchende werden ans Bundesamt weitergeleitet

Vonseiten der GdP gab es bereits vor Ausweitung der Kontrollen Zweifel an deren Umsetzung. Die Hauptsorge war fehlendes Personal. Polizisten und Polizistinnen werden teilweise von Bahnhöfen und Flughäfen für die Grenzkontrollen abgezogen. Neben dem Personalmangel befürchtet die GdP auch eine langfristige Überlastung der Kollegen und Kolleginnen. Angesetzt sind die Kontrollen zwar zunächst nur für sechs Monate. Andere Grenzübergänge zeigen jedoch, dass dieser Zeitraum ausgedehnt werden könnte. An den Grenzen zu Polen, Tschechien und der Schweiz gibt es bereits seit Mitte Oktober 2023 Kontrollen, an der zu Österreich wird schon seit September 2015 kontrolliert.

Nicht nur am Personal mangele es, laut Roßkopf. Es fehle auch an professioneller Ausstattung. Um als moderne Grenz- und Fahndungspolizei arbeiten zu können, brauche es moderne Fahndungsfahrzeuge, mobile Kontrollstellen, Geschwindigkeitstrichter und gute Beleuchtung.

Abgesehen davon, dass die Fahndungen so nur eingeschränkt machbar seien, bleibe auch ein Abschreckungseffekt aus. Die „Weiterleitung von Schutz- und Asylsuchenden an das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge“ (Bamf) sei weiterhin hoch, so Roßkopf. Das bestätigen auch Zahlen des Bundesamtes, in den ersten Tagen nach Start der Grenzkontrollen haben die Asylgesuche zugenommen.

Am 16. September traten die neuen Grenzkontrollen im Westen und Norden Deutschlands in Kraft. Bundesinnenministerin Nancy Faeser begründete den Schritt mit der Überlastung des Landes durch die hohen Migrationszahlen. „Wir wollen die irreguläre Migration weiter zurückdrängen, Schleuser stoppen, Kriminellen das Handwerk legen und Islamisten frühzeitig erkennen und aufhalten“, so Faeser. Die Maßnahme ist auch eine Reaktion auf den Anschlag in Solingen.

In Europa sorgen die Grenzkontrollen für Kritik. Der frühere EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker befürchtet ein Erodieren der europäischen Regeln. Der luxemburgische Innenminister Léon Gloden warnte, Deutschland solle den Ausnahmefall nicht zum Regelfall werden lassen.

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