Grenzkontrollen: Polen kündigt hartes Vorgehen gegen Bürgerwehren an | ABC-Z

Polens Regierung will nach eigenen Angaben hart gegen ultrarechte Bürgerwehren vorgehen, die dort eigenständig Grenzkontrollen organisieren. Niemand, der an der Grenze gegen Gesetze verstoße, bleibe ungestraft, teilte der polnische Innenminister Tomasz Siemoniak auf X mit. “Alle Fälle von Beleidigung von Beamten, Behinderung ihrer Arbeit und Amtsanmaßung in den letzten Tagen wurden dokumentiert und an die Staatsanwaltschaft weitergeleitet.” Der polnische Staat werde Willkür und Einschüchterung nicht tolerieren.
Vorläufige Grenzkontrollen sollen bis 5. August bestehen bleiben
Polens Regierungschef Donald Tusk hatte zuvor vorläufige Kontrollen ab kommender Woche an den Grenzen zu Deutschland und Litauen angeordnet. Diese sollen vorerst bis zum 5. August bestehen bleiben, wie aus einem Entwurf einer entsprechenden Verordnung hervorgeht, die das polnische Innenministerium veröffentlichte. Den Angaben nach sind Kontrollen an 50 Übergängen an der deutsch-polnischen Grenze vorgesehen. Unter anderem sollen rund um die Uhr der Personen- und Güterverkehr auf der A 12 bei Świecko östlich von Frankfurt (Oder), auf der A 4 beim Grenzübergang Ludwigsdorf-Jędrzychowice und auf der A 6 beim Übergang Pomellen-Kołbaskowo kontrolliert werden. Aber auch Fußgänger sind demnach von den Kontrollen betroffen – etwa auf der Strandpromenade in Swinemünde (Świnoujście) und in Frankfurt (Oder) auf der Stadtbrücke.
Die Maßnahme gilt als Reaktion auf die von der Bundesregierung eingeführten Kontrollen an der deutsch-polnischen Grenze. Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) kritisierte den Schritt. Ein mögliches Ende der Maßnahmen machte Tusk von Entscheidungen der Bundesregierung abhängig. Eigentlich sollten die deutschen Kontrollen im September enden, es gebe aber Informationen, wonach sie noch verlängert werden sollten, teilte er mit. “Unsere Antwort darauf wird ebenfalls symmetrisch sein. Die Zeit ist endgültig vorbei, in der Polen nicht angemessen auf bestimmte Maßnahmen reagiert”, hieß es weiter.
Ultrarechte werben im Internet um Freiwillige für eigenständige Grenzkontrollen
Zurückweisungen an der deutsch-polnischen Grenze hatten in Polen Aufregung der rechtskonservativen Oppositionspartei PiS sowie der Ultrarechten bestärkt. Die neu gegründete rechte “Bewegung zur Verteidigung der Grenzen” hatte bis zu Beginn der vorläufigen Kontrollen zu selbst ernannten Patrouillen an Grenzübergängen zu Deutschland aufgerufen. Hinter dem Netzwerk steht der in Polen bekannte Rechtsradikale Robert Bąkiewicz, der jährlich rechte Aufmärsche zum polnischen Unabhängigkeitstag in Polens Hauptstadt Warschau organisiert. “Die deutschen Behörden drängen Migranten über die Grenze, und der polnische Staat reagiert nicht darauf”, hieß es auf der Website der Initiative. Deshalb suche man “mutige, verantwortungsbewusste und einsatzbereite Menschen, die mit uns an der Grenze Dienst tun”. Freiwillige könnten sich an Patrouillen in der Zeit vom 27. Juni bis 6. Juli beteiligen.
Laut dem Magazin Polityka nutzt Bąkiewicz sein Netzwerk von den sogenannten Unabhängigkeitsmärschen zur Rekrutierung. Bereits im März hatten er und Unterstützer den Grenzübergang bei Frankfurt (Oder) aus Protest gegen die Migrationspolitik Deutschlands zeitweise blockiert.
Deutschland führt bereits seit Oktober 2023 stichprobenhaft Kontrollen
an der Grenze zu Polen durch. Ziel ist es, irreguläre Migration zu
stoppen. Zuletzt hatte Bundesinnenminister Alexander Dobrindt (CSU) kurz
nach dem Antritt der neuen Bundesregierung im Mai intensivere
Grenzkontrollen angeordnet. Gleichzeitig ordnete er an, dass künftig
auch Asylsuchende an der Grenze zurückgewiesen werden können.
Anfang Juni hatte es auch in den Niederlanden Bürger gegeben, die eigenständige Kontrollen an der Grenze zu Deutschland durchführten.
Korrekturhinweis: Die vorübergehenden Grenzkontrollen Polens sollen vorerst bis Anfang August dauern, nicht, wie es in einer früheren Version des Artikels hieß, bis Anfang September. Wir haben das korrigiert.