Greensill-Pleite: Pöcking klagt vor dem Oberlandesgericht – Starnberg | ABC-Z
Das Finanzdebakel hat ein Loch in die kommunale Kasse gerissen: Denn vor drei Jahren ging die Bremer Privatbank Greensill Pleite, bei der die Gemeinde Pöcking fünf Millionen Euro angelegt hatte. Das Geld ist erst mal weg. Es sei aber kein spekulatives Geschäft gewesen, sagt Bürgermeister Rainer Schnitzler (PWG). Zudem habe man dem Finanzvermittler vertraut, der die Bank noch im Dezember 2020 mit einem A-Ranking empfohlen habe, obwohl das Geldinstitut bereits auf B mit negativem Ausblick herabgestuft war. Der Bankberater sei verpflichtet gewesen, der Gemeinde das korrekte Ranking und die drohende Schieflage der Bank mitzuteilen. Wegen der fehlerhaften Information hatte Pöcking vor dem Landgericht München I gegen den Finanzmakler geklagt, den Prozess aber verloren.
Diese Entscheidung will die Gemeinde nicht akzeptieren und geht vor dem Oberlandesgericht München (OLG) in Berufung. „Für uns ist das Urteil unverständlich und nicht nachvollziehbar“, erklärt der Pöckinger Bürgermeister. Schließlich sei in diesem Fall – anders als von der Gegenseite behauptet – ein genereller Haftungsausschluss bei der Anlageberatung rechtlich nicht wirksam gewesen. Im Gegenteil: Es sei davon auszugehen, dass der Berater die Ranking-Bewertung und Bonität des Kreditinstituts „sorgfältig geprüft“ habe, erläutert Schnitzler.
Von der Insolvenz der Greensill Bank sind außer Pöcking etwa 50 weitere Gemeinden und Städte in Deutschland betroffen, darunter auch Vaterstetten, das bei dieser Bank insgesamt 5,5 Millionen Euro angelegt hatte, die jetzt der Gemeindekasse fehlen. In zwei Instanzen bekam Vaterstetten als Kläger in dem Verfahren wegen schuldhafter Pflichtverletzung einer Beraterfirma recht. Doch jetzt hat der Bundesgerichtshof (BGH) nach einer Beschwerde der unterlegenen Partei die Klage der Gemeinde aus dem Landkreis Ebersberg abgewiesen; mit dem Hinweis, dass weitere Rechtsmittel in der Sache nicht möglich seien. Eine schriftliche Urteilsbegründung wird in den nächsten zwei Monaten erwartet.
Diese Entscheidung hat den Pöckinger Rathauschef sehr überrascht. Er habe gedacht, dass nach dem ersten Urteil zugunsten von Vaterstetten, die Gemeinde Pöcking „erst recht gewinnen“ würde. Doch dann folgte im vergangenen Dezember die Niederlage vor dem Landgericht München I und nun der Rückschlag für Vaterstetten. Trotzdem will sich die Gemeinde Pöcking weiterhin gegen den Millionenverlust wehren. „Wir werden die schriftliche Begründung des BGH abwarten und sie genau prüfen“, kündigt Schnitzler an.
Allerdings muss erst die Hürde der zweiten Instanz am Oberlandesgericht genommen werden, die Vaterstetten noch geschafft hatte. Einen Termin für die Berufungsverhandlung habe der Senat noch nicht bestimmt, teilte ein Gerichtssprecher mit.
Aber vielleicht macht das Beispiel der Stadt Mengen in Baden-Württemberg den Pöckingern Mut. Ein früherer Anlageberater wurde nach dem Greensill-Konkurs in einem Schadenersatzprozess von dem auch in diesem Fall zuständigem Landgericht München dazu verurteilt, der Stadt Mengen drei Millionen Euro nebst Zinsen zu erstatten. Eine außergerichtliche Einigung war zuvor gescheitert.