Graz: Zwölfjährige als „Helferin“ bei Schädel-OP – Freispruch für Ärzte – Panorama | ABC-Z

Nach einer Notoperation, bei der die zwölfjährige Tochter einer Neurochirurgin mit am OP-Tisch stand, sind die Medizinerin und ein weiterer beteiligter Chirurg in Österreich freigesprochen worden. Es könne nicht nachgewiesen werden, dass das Kind aktiv ein Loch in den Schädel des Patienten gebohrt habe, erklärte die Bezirksrichterin in Graz. Die Staatsanwaltschaft hatte die beiden Chirurgen wegen Beteiligung an einer Körperverletzung angeklagt, weil sie es mutmaßlich zuließen, dass das Mädchen als medizinisch ungeschulte Person eine Behandlung durchführte.
„Da sind viele Dinge, die im Argen liegen (…) und die ich – salopp gesagt – als Wahnsinn empfinde“, sagte die Richterin über die Operation. Doch sie betonte, dass es bei dem Prozess nicht um ethische, sondern um juristische Fragen gehe. „Zusammengefasst ist Ihr Verhalten vom Gesetz nicht mit Strafe bedroht“, sagte sie den Angeklagten. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.
Vor dem Urteil hatten sich beide Angeklagte nicht schuldig bekannt. Der angeklagte Chirurg, der das Loch bohren sollte, ließ es nach eigenen Angaben zu, dass das Kind auch eine Hand oder beide Hände auf den Bohrer legte. Er beharrte jedoch vor Gericht darauf, dass er immer die Kontrolle über das Gerät hatte.
Neurochirurgin: „Das war der größte Fehler meines Lebens.“
Die Mutter des Mädchens hatte zu Prozessbeginn angegeben, den Bohrvorgang selbst nicht gesehen zu haben. Sie soll jedoch nach der Operation auf der Intensivstation mehreren Pflegerinnen verkündet haben, dass ihre Tochter ihr erstes Bohrloch gesetzt habe. Dies bestätigten vor Gericht sowohl die Chirurgin als auch mehrere Zeuginnen. Aus Sicht der Richterin war aber auch damit nicht bewiesen, dass das Kind selbst den Bohrer geführt habe. Es komme häufig vor, dass Mütter die Leistungen ihrer Kinder übertrieben darstellten, so die Richterin.
Die Chirurgin entschuldigte sich bei allen Beteiligten dafür, ihre Tochter zu dem Eingriff mitgenommen zu haben. „Das war der größte Fehler meines Lebens“, sagte die Ärztin. Sie und der mitangeklagte Kollege sind nicht mehr in der Klinik tätig.
Zeugen können sich nicht erinnern
In dem Prozess wurden auch zwei Operationshelfer und eine Anästhesistin befragt, die direkt im OP-Saal anwesend waren. Doch diese Zeugen sagten aus, dass sie sich gar nicht oder nicht detailliert erinnerten – obwohl sie teilweise selbst am OP-Tisch anwesend waren.
Einem Operationshelfer, der für die Dokumentation des Eingriffs zuständig war, war etwa die Anwesenheit des Mädchens überhaupt nicht aufgefallen. Chirurgen hätten immer wieder mal Kollegen oder Studenten zu Operationen mitgenommen, ohne dass dies in den OP-Protokollen vermerkt worden sei, schilderte er die damaligen Zustände in der Klinik. Inzwischen seien jedoch strengere Regeln eingeführt worden, sagte er.
Der Patient leidet noch immer
Als Opfer in dem Prozess sagte auch der Patient aus, der nach einem Forstunfall wegen eines Schädel-Hirn-Traumas notoperiert werden musste. Die Schädelbohrung und die Anwesenheit des Kindes führten zwar laut einem Gutachten zu keinen physischen Komplikationen. Der Mann sagte jedoch, dass er immer wieder daran denken müsse, dass ihn eine Zwölfjährige operiert habe: „Das macht mich psychisch sehr fertig.“ Aufgrund seiner schweren Verletzung kann er keiner Arbeit nachgehen.





















