Wirtschaft

Google meldet Durchbruch für Quantencomputer: Ein Meilenstein zum Superchip | ABC-Z

Der amerikanische Internetkonzern Google reklamiert für sich, einen Meilenstein auf dem Gebiet dem Quantencomputer erreicht zu haben. Er stellte jetzt seinen Quantenchip „Willow“ vor, der deutlich schneller und auch weniger fehleranfällig sein soll. Willow könne eine in der Branche als Standard herangezogene Computeraufgabe in weniger als fünf Minuten ausführen. Die gleiche Berechnung würde auf einem der derzeit schnellsten Supercomputer der Welt zehn Quadrillionen Jahre dauern, das ist eine Eins mit 25 Nullen und übersteigt nach Beschreibung von Google das Alter des Universums.

Zudem sei Willow in der Lage, die Zahl der Fehler exponentiell zu reduzieren, je mehr Quantenbits oder Qubits verwendet würden. Diese Qubits sind die grundlegende Informationseinheit im Quantencomputing, und üblicherweise steigt die Fehlerzahl mit der Zahl der Qubits an. Die Fehleranfälligkeit gilt bislang als eine der größten Herausforderungen für Quantencomputer.

Google arbeitet seit mehr als einem Jahrzehnt an Quantencomputern. 2012 gründete der Konzern die Sparte Google Quantum AI, sie wird vom deutschen Informatiker Hartmut Neven geführt. Auch andere amerikanische Technologiegiganten wie Microsoft oder IBM sind auf diesem Feld aktiv.

Der jetzt von Google vorgestellte Quantenchip Willow hat 105 Qubits und wurde im Quantenlabor des Unternehmens im kalifornischen Santa Barbara produziert. Verglichen mit dem Quantenchip „Sycamore“, den Google vor fünf Jahren präsentiert hat, stellt er einen deutlichen Leistungssprung dar. Damals hieß es, Sycamore könne eine Aufgabe innerhalb weniger Minuten ausführen, für die ein Supercomputer 10.000 Jahre brauchen würde.

Experimentelle Technologie

Quantencomputer sind heute noch eine sehr experimentelle Technologie ohne bedeutende praktische Anwendungen. Das gibt auch Google zu. Das Unternehmen sagt aber, Willow bringe es auf dem Weg zu „kommerziell relevanten Anwendungen“ erheblich voran. Dazu könnte die Forschung nach neuen Medikamenten oder die Entwicklung effizienterer Batterien gehören. Neven sagte der Nachrichtenagentur Bloomberg, er rechne damit, dass Google im nächsten Jahr einen Anwendungsfall für seine Quantenchips aus der realen Welt präsentieren könne, der für einen klassischen Computer unmöglich wäre.

Die deutsche Physikerin Sabine Hossenfelder nannte Googles Ankündigung auf der Plattform X aus wissenschaftlicher Sicht „superbeeindruckend“, wies aber darauf hin, dass die Konsequenzen für den Alltag bisher bei „null“ lägen. Die von Google herangezogene Computeraufgabe sei für konventionelle Rechner sehr schwierig, und das erlaube dem Unternehmen, Überlegenheitsvergleiche mit Quadrillionen von Jahren anzustellen. Zudem sei es oft vorgekommen, dass solche Vergleiche obsolet würden, weil sich herausstelle, dass jemand doch einen „cleveren Weg“ finde, Aufgaben auf einem klassischen Computer zu lösen.

Die heutigen Quantentechnologien gehen auf die vor rund hundert Jahren entwickelte Quantenphysik zurück. Damals hatten vor allem europäische Physiker das komplexe Zusammenspiel kleinster Teilchen theoretisch beschrieben. So kann etwa ein Elektron links- wie auch rechtsherum rotieren, oder ein subatomares Teilchen nimmt mehrere Energiezustände gleichzeitig ein, oder es befindet sich in einem Moment an zwei verschiedenen Orten zugleich. Diese sogenannten quantenmecha­nischen Effekte sind so kompliziert, dass selbst ein Genie wie Albert Einstein sie eigenen Worten zufolge nicht richtig verstand und als „spukhaft“ charakterisierte.

Mit den Ergebnissen der Wissenschaftler ließen sich aber schon in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts neuartige Geräte, Apparate und Systeme entwerfen, entwickeln und herstellen. Dazu zählen Magnetresonanztomographen, Laser und Computerchips.

In der Deutschen Akademie der Technikwissenschaften Acatech spricht man heute gern von der ersten Generation der quantentechnologischen Anwendungen. Seit den Neunzigerjahren sind Wissenschaftler und Ingenieure dabei, eine zweite Generation aus der Taufe zu heben. Sie soll gegenüber ihrem Vorgänger im wahrsten Sinne des Wortes einen Quantensprung in der technischen Entwicklung sein.

Amerikanische Konzerne mit Vorsprung

Dabei wollen die Forscher und Entwickler die sogenannten quantenmechanischen Effekte, die diesen Systemen zugrunde liegen, nicht mehr nur passiv nutzen, wie bei der ersten Gerätegeneration. Vielmehr haben sie das Ziel, das komplizierte Zusammenspiel der subatomaren Zustände präzise zu kontrollieren und aktiv herbeizuführen.

Dabei geht es um schwer erklärbare Phänomene wie Überlagerung von Zuständen, Unschärferelationen, Vielteilcheneffekte oder Verschränkungen. Diese Phänomene lassen sich grob gesprochen in Qubits verpacken. Anders als das herkömmliche Bit der etablierten Computertechnik (eins oder null) kann ein Quantenbit mehrere Zustände gleichzeitig annehmen (sowohl eins als auch null). Auf dieser Basis lassen sich besondere Chips und Computer bauen.

Während Europa nach wie vor stark in der quantenmechanischen Grundlagenforschung ist, haben bei potentiellen technischen Anwendungen heute amerikanische Technologiekonzerne die Nase vorn. Da quantenphysikalische Forschungen sich nicht sofort in Produkte, Umsätze und Gewinne ummünzen lassen, stagnieren die jährlichen Investitionen in der Branche aber seit einiger Zeit bei etwa 1,5 Milliarden Euro.

Regierungen in Washington, Peking und auch Berlin warten daher mit riesigen Förderprogrammen auf. In China pumpt der Staat derzeit 14 Milliarden Dollar in das Gebiet. Amerika hat eine nationale Quanteninitiative. In Europa sind vor allem Großbritannien, Frankreich und Deutschland am Ball. Im vergangenen Jahr hatte die Regierung in Berlin ihren „Aktionsplan für Quantentechnologien“ vorgestellt. Dieser Plan beinhaltet technische Zwischenziele und finanzielle Mittel. So stellt die Regierung bis 2026 rund drei Milliarden Euro allein für den Bau eines Quantencomputers bereit. Auf dem noch langen Weg sind in den zurückliegenden Monaten auch hierzulande einige Meilensteine gesetzt worden.

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