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Golfer Thomas Rosenmüller im Interview: „Das ist die Geschichte von einem kleinen Bub aus Ismaning“ – Sport | ABC-Z

Ab Januar wird Rosenmüller, Nummer 165 der Weltrangliste, auf der PGA Tour an den Start gehen. Im Elitekreis des Golfsports tritt er damit in die Fußstapfen von Spielern wie Bernhard Langer, Martin Kaymer, Alex Cejka – und des Eichenrieders Stephan Jäger. Zeit für ein Gespräch über Erinnerungen an seine Jugendzeit in der Heimat, die Herausforderungen als junger Golfspieler und die Vorfreude auf Hawaii. Am Telefon meldet sich Rosenmüller aus der Off-Season in seiner Wahlheimat Dallas in Texas, in weiterhin hervorragendem Oberbayrisch.

Herr Rosenmüller, Herzlichen Glückwunsch zur PGA-Tour-Karte. Man spricht im Fachjargon immer von einer Karte, vielleicht können Sie da mal aufklären: Bekommt man wirklich eine physische Karte, die einen dann zur Teilnahme an den Turnieren berechtigt?

Thomas Rosenmüller: Wir haben tatsächlich nach dem finalen Turnier auf der Korn Ferry Tour eine echte Karte aus Metall bekommen, ich habe also auch einen physischen Beweis.

Und wo liegt diese Karte?

Leider ist sie zu schwer fürs Portemonnaie. Aber sie liegt aktuell bei mir auf dem Nachtkastl und wird immer wieder angeschaut. Ehrlich gesagt: Jetzt gerade zum Beispiel halte ich sie in der Hand. Es ist schon schwer zu begreifen, wenn man die zum ersten Mal in der Hand hat – dass man jetzt zu den Besten der Welt gehört und auf der PGA Tour spielen darf.

Es war ein langer Weg für Sie und ein intensives Jahr. 24 Turniere haben Sie seit Januar gespielt, im Juli einmal gewonnen, neue sportliche Höhen erreicht – hat man dann im Spätherbst eigentlich auch mal die Gelegenheit für eine Ruhepause?

So weit würde ich nicht gehen. Es ist eher eine Arbeitspause – direkt nach dem Saisonfinale vor einigen Wochen habe ich mal eine Zeit lang die Schläger komplett weggelegt. Aber jetzt bin ich schon wieder unterwegs und trage sie nicht mehr nur zu Hause von einem Raum in den anderen, sondern auch wieder auf den Golfplatz. Und daneben bin ich eigentlich jeden Tag im Fitnessstudio.

Dort verbringen Golfer heute deutlich mehr Zeit als früher. Wie wichtig ist neben der mentalen auch die körperliche Vorbereitung geworden?

Das hat in den vergangenen zehn Jahren enorm an Bedeutung gewonnen. Vor zwei Jahren zum Beispiel, als ich auf der Korn Ferry Tour begonnen habe, habe ich mich kaum bereit gefühlt, eine ganze Saison lang auf hohem Niveau durchzuspielen. Das klingt immer ein wenig abwegig im Golf, weil wir nicht als solche Athleten gelten wie andere – aber wenn wir nicht auf unseren Körper vertrauen können, können wir nicht jede Woche gleich schwingen. Das ist aber die Basis für den Erfolg.

Golf erfordert aber natürlich mehr als nur körperliche Fitness. Sie haben das beim Start in die Saison selbst zu spüren bekommen, oder?

Ich habe mich im Januar so fit und perfekt vorbereitet gefühlt, das hatte ich noch nie zuvor. Dann bin ich zum ersten Turnier auf die Bahamas geflogen, habe nicht gut gespielt – und dann ging das wochenlang so weiter, das hat mich schon beschäftigt.

Was macht man in so einer Krise?

Ich habe vieles hinterfragt und bin nach Kalifornien geflogen, in ein spezielles Fitting-Center, wo mein komplettes Schlägermaterial überprüft wurde. Und wir sind draufgekommen, dass meine Schläger noch auf den alten Thomas aus der vergangenen Saison ausgerichtet waren. In Wahrheit war ich aber inzwischen viel kräftiger. Also habe ich das verändert – und ab dann lief es fantastisch.

Die Umstellungen resultierten in einem Sieg im Juli, beim NV5 Invitational in Illinois, der Ihnen letztlich die Karte für die PGA Tour brachte.

Ich habe mich dann von Woche zu Woche immer besser gefühlt und dann ist es eigentlich nur eine Frage, bis man eine Gelegenheit bekommt, auch zu gewinnen. In der Juli-Woche hat einfach alles perfekt gepasst, vor allem mein Putting war großartig. Und ab dann war alles mehr oder weniger ausgemacht für den Rest der Saison.

Ein Sieg kann eine ganze Karriere verändern. Sie haben innerhalb weniger Jahre den Aufstieg aus Eichenried auf die beste Tour der Welt geschafft, auch wenn es zwischendurch nicht immer danach aussah – wie präsent sind auch die harten Zeiten noch?

Das ist alles noch jede Woche in meinem Kopf. Es gibt in fast jeder Runde Situationen, in denen es nicht läuft – das ist wirklich wie im Leben: Manchmal geht einem der Schwung leicht von der Hand, ein anderes Mal nur schwer. Es gab Jahre wie 2022, in denen es überhaupt nicht lief, aber aus denen man sich rauskämpft. Das sind die Lektionen und Erfahrungen, die man sammelt.

Nun wartet mit der PGA Tour das Ziel aller Träume. Worauf freuen Sie sich am meisten?

Das erste Turnier im neuen Jahr wird in Hawaii stattfinden, das wird sicher besonders. Ich war dort noch nie, aber das ist ein totaler Kindheitstraum von mir: Das Turnier habe ich früher immer im Fernsehen angeschaut, jetzt darf ich mitspielen. Das ist fast ein wenig so wie damals das Gefühl, als ich früher die BMW International Open in Eichenried gesehen habe, bis ich irgendwann mitgespielt habe. Und dasselbe erlebe ich jetzt auf der PGA Tour.

Außer dem Preisgeld und der Aufmerksamkeit: Was ist dort eigentlich anders, im Vergleich zu den unterklassigen Turnieren?

Ich rechne da mit vielen Kleinigkeiten, solchen Themen wie den Zuschauern. Auf der PGA Tour sind Kameras auf dem Platz, viel mehr Tribünen und Zuschauer, es ist lauter. Wenn wir mit der Korn Ferry Tour auf den Bahamas gespielt haben, hat sich das eher angefühlt wie eine Runde mit Freunden.

Die gibt es auch: Es erwartet sie ja eine ganz schöne deutschsprachige Gruppe. Aus Eichenried spielt Stephan Jäger auf der PGA Tour, dazu sind Matti Schmid und Jeremy Paul dabei und auch noch der Österreicher Sepp Straka. Hatten Sie schon Kontakt mit den Kollegen?

Mit Stephan habe ich immer wieder Kontakt, nur ist der als junger Vater ein bisschen in einer anderen Lebensphase. Für mich ist eher die Clique mit Matti und Jeremy wichtig. Matti zum Beispiel kenne ich seit 15 Jahren, wir haben zusammen im Kader des deutschen Golfverbands gespielt. Wir werden viel gemeinsam unterwegs sein und uns vielleicht mal ein Haus gemeinsam nehmen.

Matti Schmid hat wie sie einen beachtlichen Aufstieg genommen. Es ist alles andere als selbstverständlich, diesen Weg zu gehen – denken Sie noch oft an die Anfänge im Münchner Umland zurück?

Da habe ich schon noch viele Erinnerungen. An unendlich viele Golfrunden in Eichenried mit meinen Eltern und meinem Bruder – aber auch an viele Trainings-Nachmittage mit meinem langjährigen Trainer Ken Williams. Ich weiß noch, als ich elf Jahre alt war, haben wir im Winter in der Indoor-Halle gearbeitet, da gibt es ein Video von mir, meine Güte! Auf dem schwinge ich völlig unkoordiniert durch die Gegend, aber damals bin ich in kurzer Zeit enorm viel gewachsen, da hat man im ersten Moment überhaupt kein Gefühl für den Körper.

Ken Williams hat nach Stephan Jäger nun auch Sie bis auf das höchste Level gecoacht. Welche Bedeutung hatte er für Sie?

Soweit ich weiß, ist Ken der einzige Trainer in Deutschland, vielleicht sogar in Europa, der zwei Spieler quasi von den Windeln auf die PGA Tour gebracht hat. Ich muss ihm für das alles danken, da sind so viele Erinnerungen: Wie wir damals beim German Boys Turnier (einer der größten Jugendwettbewerbe in Europa, Anm. d. Red.) höchst emotional am Grün standen, als ich das gewonnen habe. Das war mein erster ganz großer Erfolg. Und später dann, als ich mich mit Ken als Caddie am Golfbag überhaupt erst für die Korn Ferry Tour qualifiziert habe. Aber es gibt auch Leute wie Uli Eckert beim deutschen Golfverband, die immer an mich geglaubt haben. Dieses Wissen, dass sie einem die Zeit geben und die Geduld haben, hat mir gerade dieses Jahr extrem geholfen.

Die Familie muss Sie seit einigen Jahren aus der Ferne beobachten, Sie zogen bereits mit 18 aus, um in die USA zu gehen.

Damals so jung aufs College zu gehen, das war sicherlich die größte Herausforderung meines Lebens. Ich musste damals schnell erwachsen werden, hier in den USA, wo ich keinen kannte. Aber das ist eben die Geschichte von einem kleinen Bub aus Ismaning: Mein Papa ist Elektromeister, meine Mama ist Steuerfachgehilfin, ich habe jetzt einen College-Abschluss in den USA und spiele auf der PGA Tour.

Gab es eigentlich eine Alternative zum Dasein als Golfprofi?

Meine Eltern haben mich nie unter Druck gesetzt, dass ich Profi werden muss – die Aussage war immer, dass ich es probieren soll und sie mich bei allem unterstützen. Ich bin diesen Weg jetzt sehr schnell gegangen, innerhalb von fünf Jahren Profi-Dasein habe ich es hierher geschafft.

Aber den Heimatbezug haben Sie sich schon noch erhalten, oder? Den Dialekt jedenfalls hört man noch laut und deutlich.

Der Dialekt soll nicht weniger werden, sondern wenn, dann intensiver! Ich sage hier in den USA auch immer, dass ich Deutscher bin, aber vor allem Bayer – und ein bisschen Texaner inzwischen. Es ist sehr gastfreundlich hier, die Lebensart ist gar nicht mal so anders als daheim bei uns, deshalb fühle ich mich hier auch so wohl.

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