Politik

Glosse – Das Streiflicht – Politik | ABC-Z

(SZ) Seit einigen Wochen wohnt so ein Typ in unserem Haus, ein ungehobelter Mensch, der uns an der Tür beiseitegedrängt hat, ins Wohnzimmer stürmte und sich wie ein pappsattes Walross auf die Ledercouch fallen ließ. Die behutsam vorgetragene Bitte, er möge sich wieder nach draußen bequemen, quittierte er mit einer Art Gebell, das auf den Vorwurf hinauslief, wir seien respektlos und undankbar. Außerdem hätten wir die Karten schon längst nicht mehr in der Hand. Seither ist der Mann, der jener Altersklasse angehört, in der man Kreuzfahrten in den Golf von Mexiko erwägt, Teil unseres Lebens. Wenn wir morgens erwachen, sitzt er schon am Bett, er fläzt sich an unseren Frühstückstisch, begleitet uns zur Arbeit, mischt sich ein in kollegiale Gespräche, verwirrt unsere Gedanken, wenn wir unseren Lieben etwas Nettes sagen wollen, und fungiert als Hauptdarsteller in unseren Albträumen. Es ist, als hätte uns ein Dämon befallen, eine bösartige Kreatur, die uns höhnisch grinsend ins Ohr flüstert: „Du Niete, du entkommst mir nicht.“

Literarisch gebildete Leser, also praktisch alle, haben natürlich längst gemerkt, dass hier gleichnishaft vom größten US-amerikanischen Präsidenten aller Zeiten die Rede ist, vom unvergleichlichen, magagigantischen Donald Trump. Es ist, keine Frage, immer ein Gewinn, seine von stupender Wissensfülle strotzenden Welterklärungsreden zu hören, die das biedersinnige Beharren auf Wahrhaftigkeit in erfrischender Weise ignorieren. Und dennoch, mal ehrlich: Nervt er nicht auch ein wenig? Oder besser gesagt: Nervt er nicht im magagigantischen Maß, so wie ein eitriger Zahn nervt, während der Zahnarzt im Urlaub weilt? Ist es nicht zermürbend, jeden Morgen zum Handy greifen zu müssen, um nachzusehen, was der Mann über Nacht wieder angestellt hat? Hat er Grönland erobert, mit Putin eine Partie Golf auf der Krim gespielt oder sein Konterfei in den Fels des Matterhorns schlagen lassen? Ob im Radio, im Fernsehen oder den sozialen Medien – es gibt nur noch eins: Trump, Trump, Trump. Auch dieses Streiflicht sollte eigentlich den Frühling feiern. Aber schon nach wenig Worten … na ja, kann ja jeder lesen, was daraus geworden ist.

So geht das nicht weiter. Wie wäre es, wenn Merz zum Start der neuen Bundesregierung gleich mal einen wöchentlichen trumpfreien Tag einführte? Wie der Veggieday ein Tag ohne Fleisch ist, wäre jener ein Tag ohne Trump. Weder in den Medien noch sonst wo dürfte von Trump die Rede sein. Auch eine kirchliche Predigt über das allgemein Böse wäre möglicherweise unzulässig. In jedem Fall verboten wäre es, über eine andere Person, etwa den berüchtigten römischen Kaiser Caligula, zu sprechen, aber Trump zu meinen. Angeblich wollte Caligula sein Lieblingspferd zum Konsul ernennen. Ein Pferd als US-Präsident? Das hätte etwas Beruhigendes.

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