Gipfel am Dienstag? Merz lässt die Ampel zappeln | ABC-Z
Berlin. Innenministerin Faeser ordnet mehr Grenzkontrollen an, es soll auch mehr Zurückweisungen geben. Ob das der Union reicht, bleibt unklar.
Ampel-Koalition und Union ringen weiter um ein gemeinsames Vorgehen in der Flüchtlingspolitik. Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) ordnete am Montag Kontrollen an allen deutschen Staatsgrenzen an, um die Zahl illegaler Einreisen zu reduzieren und die Innere Sicherheit zu gewährleisten. „Außerdem besteht damit an allen deutschen Landgrenzen die Möglichkeit für Zurückweisungen von Personen nach Maßgabe des europäischen und nationalen Rechts“, hieß es in einer Erklärung der Ministerin.
CDU-Chef Friedrich Merz ließ daraufhin allerdings offen, ob es am Dienstag zum geplanten Treffen von Vertretern der Ampel, der Union und der Länder in Sachen Migration kommen wird. „Wir wollen, dass die Bundesregierung uns bis zu diesen Gesprächen morgen spätestens noch mal klar sagt, am besten schreibt, was sie denn jetzt wirklich vorhat“, sagte Merz.
Die von Faeser jetzt angeordneten, zusätzlichen Kontrollen an den Grenzen sollen am Montag kommender Woche starten und zunächst sechs Monate dauern. Bislang gibt es nur stationäre und mobile Kontrollen an den Grenzen zu Polen, Tschechien, der Schweiz und Österreich. Neu hinzu kommen jetzt also die Grenzen zu Frankreich, den Benelux-Staaten und Dänemark. Grundsätzlich sind systematische Grenzkontrollen im Schengen-Raum abgeschafft. Die Mitgliedstaaten können davon aber unter bestimmten Bedingungen abweichen.
Ministerpräsident Rhein: „Kein Recht auf Asyl in einem Wunschland“
CDU-Chef Merz und die gesamte Union hatten in den vergangenen Tagen auf Grenzkontrollen und ein systematisches Zurückweisen von Flüchtlingen an den Staatsgrenzen gepocht und gedroht, dass die Union andernfalls die Gespräche mit Ampel und Ländern über die Flüchtlingspolitik abbrechen werde. Eine erste Runde war in der vergangenen Woche ohne konkrete Ergebnisse geblieben. Hessens Ministerpräsident Boris Rhein (CDU) sagte am Montag dieser Redaktion, es gebe „kein Recht auf Asyl in einem Wunschland, sondern nur in einem sicheren Land“. Rhein ergänzte: „Das kann genauso gut ein anderer EU-Staat sein. Es muss nicht immer Deutschland sein.“
Hauptstadt Inside von Jörg Quoos, Chefredakteur der FUNKE Zentralredaktion
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Es ist allerdings hochgradig umstritten, ob systematische Zurückweisungen an den Grenzen mit dem Grundgesetz und dem Europarecht zu vereinbaren sind. Wie genau das von Faeser in Aussicht gestellte Modell für europarechtskonforme Zurückweisungen aussehen könnte, blieb am Montag zunächst offen.
SPD-Chefin Saskia Esken warnte derweil vor überzogenen Maßnahmen. „Die Begrenzung der irregulären Migration ist notwendig, aber sie muss auf rechtlich wasserdichten Grundlagen geschehen. Wir können nicht einfach EU-Recht und Grundgesetz aushebeln“, sagte Esken dieser Redaktion. „Viele Forderungen gehen derzeit auch politisch ins Blaue hinein und überhitzen damit die Debatte. Um die Migration zu regeln, braucht es aber kein Ressentiment, sondern konkret wirksame Politik, wie die Bundesregierung sie vorgeschlagen hat.“
Das Sicherheitspaket der Bundesregierung gebe die richtigen Antworten auf die Bedrohung durch islamistische Gewalttaten, so Esken. Islamistische Straftäter hätten ihren Schutzanspruch verwirkt und müssten abgeschoben werden. Gleichzeitig komme es darauf an, dass „Deutschland ein freundliches Gesicht“ behalte. Denn nur dann kämen neue ausländische Fachkräfte gerne zu uns.
Zurückweisungen: Nachbarland Österreich sieht „keinen Spielraum“
Unklar ist, wie die Nachbarstaaten reagieren werden. Der österreichische Innenminister Gerhard Karner, ein Christdemokrat, sagte der FAZ: „Österreich wird keine Personen entgegennehmen, die aus Deutschland zurückgewiesen werden. Da gibt es keinen Spielraum!“ Seit Oktober sind nach Angaben des Faeser-Ministeriums mehr als 30.000 Menschen an den Grenzen zurückgewiesen worden. Das geschieht bislang nur, wenn eine Person mit einer Einreisesperre belegt ist oder kein Asyl beantragt.
Die Zahl der neuen Asylanträge in Deutschland war zuletzt zwar rückläufig. Viele Kommunen tun sich aber weiterhin schwer damit, Asylbewerber und Ukraine-Flüchtlinge angemessen zu versorgen und unterzubringen. Bei den jüngsten Landtagswahlen in Thüringen und Sachsen, bei denen die recht AfD Rekord-Ergebnisse erzielt hatte, spielte das Thema Migration eine zentrale Rolle. Dies dürfte auch bei den bevorstehenden Landtagswahlen in Brandenburg am 22. September der Fall sein.
Derweil forderten die Kommunen, auch an den Asyl-Gesprächen beteiligt zu werden: Der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städte- und Gemeindebundes, André Berghegger, sagte dieser Redaktion: „Mit Blick auf den Asylgipfel erwarten wir, dass die Kommunen in die Beratungen auf Augenhöhe eingebunden werden.“ Neben der Begrenzung der Migration müsse es auch darum gehen, die Integration der Menschen mit Bleibeperspektive zu beschleunigen.