Gesundheit: „Es ist, als ob man Schmerzmittel genommen hätte“ – Lachen stärkt Herz und Immunsystem |ABC-Z

Hahaha oder nur Höhöhö – egal, Lachen baut Stress ab. Forscher sehen gesundheitliche Vorteile für Herz und Immunsystem. Doch wie oft muss man dafür lachen? Was Experten raten und warum erzwungenes Kichern noch wirksamer sein kann.
Am Anfang fühle es sich merkwürdig an, sagt Melanin Bee. Sie krümmt ihren Rücken wie eine sich streckende Katze und lässt ein irres, gezwungenes Lachen hören. Das schnelle Muster künstlicher Kichergeräusche, das sich wie „oh, hohoho, hahaha“ anhört, geht bald in echtes Lachen über, und sie tritt ausgelassen mit den Füßen. Bee praktiziert eine von ihr entwickelte heitere Yoga-Routine – hervorgegangen aus den „Lachclubs“, die in den 1990er-Jahren in Indien entstanden sind.
Man müsse das Lachen einfach so lange vortäuschen, bis es klappt, sagt die Komikerin und Rednerin aus dem kalifornischen Los Angeles. „Es geht darum, sich selbst zu erlauben, peinlich zu sein“, sagte Bee. „Dann wirst du eine Form von Albernheit in dir entdecken, die dich unwillkürlich zum Lachen bringt.“
Die Lachclubs basierten auf der allgemeinen Erkenntnis, dass Lachen Stress abbaut. Aber schallendes Lachen ist auch gut für das Herz, das Immunsystem und hat viele andere gesundheitliche Vorteile, sagt Michael Miller, Kardiologe und Medizinprofessor an der University of Pennsylvania. Ärzte rieten, mindestens drei bis fünf Tage pro Woche den Körper zu trainieren, und dem lasse sich hinzufügen: „Lachen Sie mindestens zwei bis fünf Tage pro Woche aus vollem Herzen.“
Obwohl sich schon Gelehrte von den alten Griechen bis hin zu Sigmund Freud mit den Auswirkungen des Lachens beschäftigt haben, begann die moderne Erforschung des Lachens – die Gelotologie – erst in den 1960er-Jahren. Der Psychologe William F. Fry von der Stanford University, einer der Begründer dieser Wissenschaft, entnahm sich selbst Blutproben, während er sich „Laurel und Hardy“-Blödelfilme anschaute – und er entdeckte, dass Lachen die Anzahl der immunstärkenden Blutzellen erhöhte.
1995 recherchierte Madan Kataria, ein Arzt in Mumbai und Herausgeber eines Gesundheitsmagazins, für einen Artikel über Stressbewältigung und stieß dabei auf die neuen Forschungsergebnisse. Um seinen eigenen Stress zu bekämpfen, gründete er den ersten täglichen Lachclub in einem Park. Anfangs habe es nur ein paar Teilnehmer gegeben. Doch die Zahl sei innerhalb eines Monats auf mehr als 150 gestiegen, sagt er.
Lachübungen, die das Zwerchfell aktivierten
Nachdem der Gruppe schnell die Witze ausgegangen waren, entwickelte Kataria Übungen, die das Zwerchfell aktivierten, und integrierte Yoga-Atemtechniken, leichte Dehnungen und absichtlich alberne Geräusche und Bewegungen. „Am Anfang haben wir nur so getan als ob“, sagt Kataria. „Aber innerhalb von Sekunden hatten alle (vor lauter Lachen) Tränen in den Augen.“
Der Kardiologe Miller begann in den 1990er-Jahren, sich mit Lachen zu beschäftigen. Er zeigte den Teilnehmern seiner Studie lustige Filme und stellte fest, dass Lachen im Gehirn Endorphine produziert, die das Bilden von nützlichen Chemikalien in den Blutgefäßen fördern. Stickstoffmonoxid beispielsweise bewirke eine Erweiterung der Blutgefäße, was den Blutdruck, Entzündungen und den Cholesterinspiegel senke, erklärt er. Das zusammen wiederum verringere das Herzinfarktrisiko, und außerdem seien Endorphine natürliche Schmerzmittel.
„Wenn du richtig gut gelacht hast, fühlst du dich sehr entspannt und leicht“, sagt der Mediziner, der auch Chefarzt der Veteranenbehörde in Philadelphia ist, wo er ein Lachtherapieprogramm durchführt. „Es ist, als ob man Schmerzmittel genommen hätte.“
Und erzwungenes Lachen – oder simulierte Heiterkeit, wie es in der Wissenschaft heißt – kann sogar noch vorteilhafter sein als spontanes Lachen, wie Jenny Rosendhal erläutert, eine leitende Forscherin für medizinische Psychologie an der Universität Jena. Sie führte unter anderem eine Meta-Analyse von 45 Primär-Lachstudien durch und stellte fest, dass Therapien, die zum Lachen anregen, den Glukosespiegel, das Stresshormon Cortisol und chronische Schmerzen senken. Sie verbesserten auch die Bewegungsfähigkeit und die allgemeine Stimmung, insbesondere bei älteren Menschen.
Humor ist subjektiv und lässt sich somit nur schwer messen. Daher konzentrieren sich Rosendhal zufolge viele der neueren Studien auf Lachyoga und ähnliche Programme, die während 30- bis 45-minütigen Sitzungen anhaltende Lachanfälle hervorrufen. Lachyoga könne sich als besonders wirksam für Leute erweisen, denen vielleicht nicht nach Lachen zumute sei, wie beispielsweise Krebspatienten oder Menschen, die mit Depressionen zu kämpfen hätten.
Bei simuliertem Lachen sind die physiologischen Mechanismen dieselben, wie zum Beispiel zusätzliches Ein- und Ausatmen und Muskelaktivität, die ebenfalls die Stimmung verbesserten, erklärt die Expertin. „Das Wohlbefinden kommt durch die Hintertür. Man beginnt mit einer Übung, und dann kommt das spontane Lachen später, weil es lustig ist, Menschen lachen zu sehen.“
Ohne Grund Lachen – so geht’s
Der Trick bestehe darin, zu lernen, ohne Grund zu lachen, sagt Kataria, der Arzt in Mumbai. Er und andere haben in Lachyoga-Kursen auf der ganzen Welt Hunderte von Übungen entwickelt, die dabei helfen. Die Einfachste ist demnach, sich mit einer anderen Person zusammenzusetzen, sich in die Augen zu schauen und eine Minute lang den Laut „ha“ zu wiederholen. Eine andere Methode: Lege die Hände auf die Brust, während du tief Luft holst, halte den Atem drei Sekunden lang an und breche beim Ausatmen in Gelächter aus, während du deine Hände nach vorn ausstreckst.
In Lachyoga-Kursen sind der Albernheit keine Grenzen gesetzt. Die Teilnehmer tun vielleicht so, als würden sie sich wie Außerirdische begrüßen, krabbeln wie ihre Lieblingstiere herum oder tippen sich an die Schläfe, als wäre ihnen gerade ein Licht aufgegangen, und rufen: „Aha! Hahaha!“
Kataria empfiehlt, das Lachen in den Alltag zu integrieren, auch bei Dingen, die vielleicht nicht lustig erscheinen. So demonstriert er das, was er das „Kreditkartenabrechnungs-Lachen“ nennt, streckt seine Hand aus, als würde er eine Auflistung von Ausgaben mit der Karte betrachten und bricht in ein lärmendes ansteckendes Gelächter aus.
„Es dreht sich wirklich nicht darum, dich selbst zum Lachen zu bringen“, sagt Kataria. „Es geht darum, deine Lachmuskeln zu aktivieren, deine mentalen Hemmungen und Schüchternheit abzulegen. Dann ist das wirkliche Lachen kindhaftes Lachen, uneingeschränktes Lachen.“
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