Germering: Die Ausdauer-Sportlerin Anja Kobs macht sich fürs Hospiz stark – Fürstenfeldbruck | ABC-Z

Vor 14 Jahren hatte Anja Kobs ihr Schlüsselerlebnis, als sie berufsbedingtes Burn-out erlitt. Sie arbeitete damals als leitende Angestellte einer großen deutschen Versicherung in den USA. „Mir wurde klar, dass ich etwas in meinem Leben ändern musste“, erzählt sie rückblickend. Sie kündigte diese Tätigkeit und begann gleichzeitig sehr systematisch mit dem Lauf- und Triathlonsport. Wieder zurück in Alling knüpfte sie auch Kontakte zum damaligen ambulanten Hospiz– und Palliativdienst der Caritas in Fürstenfeldbruck. Als vor drei Jahren das stationäre Germeringer Hospiz eröffnete, wurde Anja Kobs zu dessen sportlicher Botschafterin und Unterstützerin.
Anja Kobs ist ausgebildete Hospizbegleiterin. Regelmäßig veranstaltet sie dort ein Hospiz-Café, sitzt mit den Bewohnern zusammen und spricht mit den Angehörigen. Das Hospiz – der Begriff weckt eher düstere Assoziationen – erstrahlt überall strahlend und wohltuend, es wirkt eher wie ein durchaus luxuriöses Hotel. Zehn Plätze sind dort für die Bewohnerinnen und Bewohner vorhanden, die eins zu eins betreut werden. Trotzdem sterben sie dort nach Tagen, Wochen oder Monaten, aber sie sterben, wenn man so will, in einer angenehmen Umgebung. Anja Kobs erlebt das regelmäßig mit. „Als ehrenamtliche Hospizbegleiterin habe ich ein positives Verhältnis zum Sterben entwickelt“, sagt sie. Zur Unterstützung der Einrichtung, die sich zum Großteil aus Spenden finanzieren muss, nutzt sie ihre Bekanntheit als Sportlerin, organisiert Benefizveranstaltungen und sammelt Spenden für den Hospizbetrieb.
Manchmal läuft es nicht so glatt mit einer Benefizaktion. Kürzlich musste Kobs erleben, dass ein von ihr initiierter Spendenlauf für das Hospiz abgesagt werden musste, weil sich kein Sponsor fand. „Ich habe eine Firma gesucht, die 500 Euro gibt“, erzählt die Allingerin von ihrem vergeblichen Bemühen. „Das war schon enttäuschend, weil ich auch schon viel Zeit investiert hatte.“ Dann fügt sie hinzu: „Muss man aber so akzeptieren, ich nehme es nicht persönlich.“ Gerade auch mental nicht bei bester Gesundheit, habe sie keine Energie gefunden, Firmen abzutelefonieren „und um Geld zu betteln“, wie sie sagt. Doch wie so häufig im Leben scheint nach einem vermeintlichen Rückschlag mit düsterem Himmel doch wieder die Sonne. Nach einem Volkslauf in Puchheim kam ein Teilnehmer auf sie zu, der ihre Initiativen kannte und erklärte, dass ein EDV-Unternehmen 3000 Euro für das Germeringer Hospiz spenden möchte. Anja Kobs wird dafür im Unternehmen Mitte August einen kostenlosen Motivationsvortrag halten.
Kobs hatte sich vor drei Jahren entschieden, als Ausdauerathletin noch mal einen Gang höher zu schalten. Sie ist mit damals 45 Jahren Profisportlerin geworden. Fast jedenfalls, sie arbeitete auch noch als Personalleiterin in einem 30-Stunden-Job. Das Lauf- und Triathlontraining konnte sie trotzdem auf 15 Stunden in der Woche ausbauen. Es lohnte sich: Sie verbesserte ihre Bestzeiten im Halbmarathon auf 1:22:39 Stunden und im Marathon auf 2:54 Stunden. Viele Siege und Erfolge, darunter auch die deutsche Meisterschaft über 50 Kilometer auf der Straße, stellten sich ein.
Ihr größter Coup gelang Kobs vor zwei Jahren bei der Trail-WM in Innsbruck, als sie zur deutschen Berglauf-Nationalmannschaft gehörte, viele jüngere Athletinnen hinter sich ließ und im Fünf-Stunden-Rennen zweitbeste deutsche Bergläuferin wurde. „Besonders berghoch habe ich Vorteile, bergrunter bin ich etwas vorsichtiger“, erzählt die 48-Jährige. Inzwischen hat sie ihr Profi-Dasein zwar wieder beendet, nimmt aber immer noch an Rennen und Volksläufen teil. Seit einigen Monaten bietet sie auch Lauf-Coaching, Laufkurse und Firmenfitness an. Ende Juni reiste Kobs urlaubsreif nach Frankreich in die Vogesen. Dort angekommen, erfuhr sie von einem Trail-Berglauf in der Nähe. „Zufall ist das nicht“, sagt sie. Laufen verfolgt sie offenbar überall hin. Sie bewältigte die 43 Bergkilometer als Dritte in der Frauenkonkurrenz.

„Natürlich ist das auch Talent“, sagt Anja Kobs, „aber auch hartes Training“ – das sie diszipliniert absolviert. Dazu habe sie sich die nötige Gelassenheit angeeignet. Die Sportlerin ist sich sicher: „Druck spüre ich nicht mehr.“ Dass ihre Gegnerinnen teilweise ihre Kinder sein könnten, nimmt sie mit Humor. Oft ist sie nach einem anstrengenden Wettkampf schneller wieder fit als die 20-Jährigen. „Ich schlafe sehr viel und regeneriere sehr gut.“ Muskelkater kenne sie nicht.

:Gute Nachrichten aus München – jetzt auf Whatsapp abonnieren
Mehr positive Neuigkeiten im Alltag: Die Süddeutsche Zeitung verbreitet jeden Tag auf Whatsapp ausschließlich schöne und heitere Nachrichten aus München und der Region. So können Sie ihn abonnieren.
Momentan macht sie eine Sommerpause beim Hospiz-Café. „Ich muss jetzt mal auf mich schauen“, sagt Kobs. „Jahrelang war ich für andere da.“ Sie werde das aber wieder aufnehmen, wenn es ihr besser geht. Ihre ehrenamtliche Arbeit im Hospiz wird dort sehr geschätzt. „Es ist eine tolle Sache, dass Anja hier aktiv ist“, bestätigt Tina Lamprecht, die Leiterin der Einrichtung. Das Hospiz erhält jährlich etwa 900 Anfragen zur die Aufnahme Sterbender, aber nur um die hundert können aufgenommen werden. Anja Kobs hat dort auch viel für sich mitgenommen. „Ich habe mir durch meine Ausbildung zur Hospizbegleiterin angeeignet, mich nicht mehr allzu sehr aufzuregen und jeden Tag als Geschenk zu betrachten“, sagt sie. Sie bekennt aber auch: „Immer wenn ich hier rausgehe, atme ich tief durch und bin sehr froh, dass ich gesund bin.“