Gericht untersagt „Bild“-Berichte über somalische Flüchtlinge | ABC-Z

Der Fall war spektakulär, es wurde breit darüber berichtet, die „Bild“-Zeitung widmete sich der Geschichte intensiv: Am 9. Mai reisten drei junge Somalier – zwei Männer und eine Frau – aus Polen nach Frankfurt an der Oder. Die Polizei kontrollierte sie, sie stellten einen Asylantrag und wurden zurückgewiesen, weil sie aus einem sicheren Drittstaat in die Bundesrepublik eingereist waren. Sie hatten schon zuvor versucht, nach Deutschland zu gelangen.
Das Verwaltungsgericht Berlin entschied in diesem Fall, dass die Zurückweisung im Eilverfahren rechtswidrig gewesen sei, weil zuerst nach dem sogenannten Dublin-Verfahren hätte überprüft werden müssen, welcher EU-Staat für die drei Flüchtlinge zuständig ist. Für die Flüchtlingspolitik der Bundesregierung, die illegale Einreisen dezidiert reduzieren will, wurde der Fall zur Nagelprobe.
Landgericht sieht „Prangerwirkung“
Darüber berichtete die „Bild“-Zeitung ausführlich, zeigte die drei Somalier im Bild und nannte ihre Vornamen, die Nachnamen wurden mit einem Buchstaben abgekürzt. Das hat das Landgericht Frankfurt der Zeitung nun per Eilentscheidung untersagt (Az. 2-03 O 261/25, 2-03 O 262/25, 2-03 O 263/25).
Die Berichterstattung, meint das Gericht, stelle eine „andauernde schwere Persönlichkeitsrechtsverletzung“ dar. Zwar sei kritische Berichterstattung über die Einreise der Flüchtlinge und deren politische Folgen zulässig und „zweifellos von hohem öffentlichen Interesse“. Es bestehe jedoch kein gesteigertes öffentliches Interesse daran, die Asylsuchenden identifizieren zu können.
„Vergleichbar mit einem Steckbrief“
Die „Bild“-Zeitung, heißt es in der Entscheidung, nutze „in stigmatisierender Weise das Einzelschicksal“ der drei Flüchtlinge „als Projektionsfläche für eine Auseinandersetzung mit einer allgemeinen politischen Debatte (deutsche Asylpolitik)“, indem sie die Beschriebenen an einen „Internet-Pranger“ stelle.
Sie würden „vergleichbar mit einem Steckbrief abgebildet“ und „abwertend als ,Migranten-Trio‘ bezeichnet, das sich unbeschadet einer verwaltungsgerichtlichen Entscheidung illegal in Deutschland aufhalte“. Die Berichterstattung habe für die Betroffenen eine „unzumutbare Belastungswirkung insoweit, als sie ihre – jedenfalls zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht ausgeschlossene – Integration unmöglichen machen muss“. Dahinter trete die publizistische Freiheit der „Bild“-Zeitung, „auch identifizierend berichten zu dürfen“, „im Rahmen der Gesamtabwägung“ zurück.
Der Springer-Verlag teilte dazu auf Anfrage der F.A.Z. mit, man lege gegen die Entscheidung Rechtsmittel ein. Das Landgericht Berlin habe die identifizierende Berichterstattung über die angeblich minderjährige Somalierin, die mit zwei jungen Männern über die Grenze kam, in einem vorangegangenen Verfahren „jedenfalls für zulässig“ erklärt.