Gericht kippt Auflagen für Bauern zum Schutz des Grundwassers – Erding | ABC-Z

Auf Druck der EU führte der Freistaat die bayerische Düngeverordnung ein und wies 2022 rote und gelbe Gebiete mit hoher Nitratbelastung aus, in denen nur eingeschränkt Dünger ausgebracht werden durfte. Allein im Landkreis Erding betraf das 10 000 von insgesamt 45 000 Hektar Ackerfläche. Seit Jahren stritten deshalb betroffene Landwirte und das Wasserwirtschaftsamt über die Messungen, die Grundlage für die Ausweisung dieser Gebiete bildeten. Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig hat nun die ganze bayerische Düngeverordnung für ungültig erklärt, aber aus anderen Gründen: Die Verwaltungsvorschrift genüge nicht den Anforderungen des Grundrechts auf Eigentum und der Berufsfreiheit. Daher verstoße sie gegen höherrangiges Recht.
Im Landkreis Erding ist die Nitratbelastung hoch. Laut Zahlen aus dem Jahr 2023 werden hier 84 000 Rinder gehalten, und mit 40 000 Schweinen ist Erding der Landkreis mit der höchsten Hausschwein-Dichte Oberbayerns. Deren Gülle kommt auf die Äcker und trägt zur Nitratbelastung bei. Die beiden Messstellen im Landkreis Erding sind allerdings umstritten: Landwirte und das Landratsamt Erding halten sie für ungeeignet, da die Schadstoffbelastung auch von anderen Verursachern kommen könnte. Der Landkreis hat deshalb 2023 sogar eine Normenkontrollklage eingereicht. Die Erdinger Klage ruhte bislang, man wollte erst das Urteil aus Leipzig abwarten.
Seit dem Inkrafttreten der Düngeverordnung dürfen Landwirte auf Äckern, die in roten Gebieten liegen, nur noch 80 Prozent der von den Pflanzen benötigten Stickstoffdüngemitteln ausbringen. Das wirkt sich auf Ertrag und Qualität aus. So kann es beispielsweise entscheidend sein, ob aus dem Weizen hochwertiges Nudelmehl oder billiges Hühnerfutter wird. Deshalb wurde so vehement gestritten.
Ist dieses Urteil nun ein Freibrief für die Landwirte, können sie auf ihrem Grund und Boden tun, was sie für richtig halten, und der Grundwasserschutz ist zweitrangig? Jakob Maier, Kreisobmann des Bauernverbandes, bestreitet das: Die Regeln der „normalen“ Düngeverordnung würden auch künftig gelten, nur die weitergehenden für rote Gebiete seien hinfällig. Diese Einstufung der roten Gebiete im Landkreis Erding seien „willkürlich“ gewesen, aufgrund von weit auseinanderliegenden Messstellen seien rechnerisch große Grundwasserkörper über dem Grenzwert von 50 Milligramm Nitrat pro Liter eingestuft worden. Das spiegele die tatsächliche Belastung nicht wider und sei für den Einzelnen ungerecht, sagte Maier.
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„Wir brauchen Düngeregelungen“, betont der Erdinger Kreisobmann. Aber die Landwirte müssten ohnehin in ihrer Düngebilanz vorlegen, wann, wo und wie viel Dünger sie ausgebracht haben. Maier geht davon aus, dass der Gesetzgeber nun neue Regelungen zur Düngeverordnung erlassen werde. Den holprigen Start mit den roten Gebieten, die von den Leipziger Juristen einkassiert wurde, lastet er auch dem Freistaat an: „Die Wasserrahmenrichtlinie der EU, auf der das beruht, ist seit Jahrzehnten bekannt. Die Staatsregierung hat 30 Jahre lang nichts getan, obwohl man um die Problematik gewusst hat. Und dann hat man plötzlich festgestellt, dass es in Bayern kaum Messstellen gibt.“
Beim zuständigen Wasserwirtschaftsamt München geht dessen Leiter Stefan Homilius ebenfalls davon aus, dass es eine Nachfolgeregelung in anderer Form für die roten Gebiete geben werde. „Da liegt der Ball nun beim Gesetzgeber, beim Bund.“ Homilius kann sich, wie auch Kreisobmann Maier, ein neues System nach dem Verursacherprinzip vorstellen. Maßstab wäre dann eine Nährstoffbilanz des Landwirts und nicht mehr die Nitratwerte an den Messstellen.
Das Urteil betrifft auch die derzeit in Arbeit befindliche Neuausweisung der mit Nitrat belasteten Gebiete in Bayern. Das Landwirtschaftministerium hat erst vor wenigen Wochen eine grobe Vorabkarte vorgelegt, die jetzt ebenfalls hinfällig ist.





















