Geldpolitik: Umstrittene Kommunalmilliarde – Landkreis München | ABC-Z

Die Aufgaben nehmen zu, aber die Kassen sind leer: Der Landkreis München gilt nicht gerade als strukturschwach und arm, aber auch rund um die Landeshauptstadt wird das Geld knapp. Seit mehreren Jahren erweist es sich für den Kreistag als wahre Herausforderung, einen ausgeglichenen Haushalt aufzustellen, erst in der Vorwoche hat sich der zuständige Finanzausschuss erneut mit der Prognose für das laufende und das nächste Jahr beschäftigt. Grünen-Kreisrätin Claudia Köhler erinnerte dabei an die mehrere Milliarden schwere Rücklage des Freistaats. Die Landtagsabgeordnete aus Unterhaching verlangte daher von ihren Kreistagskollegen von CSU und Freien Wählern, auf deren Parteifreunde im Maximilianeum mehr Druck zu machen, um den Kommunen davon etwas abzugeben.
Doch das hat nicht geklappt, weil die sogenannte Bayern-Koalition in der Haushaltssitzung einen entsprechenden Antrag der Grünen durchfallen ließ. Für den Kirchheimer CSU-Landtagsabgeordneten Maximilian Böltl sei dieses Nein alternativlos gewesen, schließlich habe „die von der Ampel-Regierung mitverursachte Wirtschaftskrise“ zu erheblichen Steuerausfällen geführt, weshalb allein 4,4 Milliarden aus der von den Grünen angesprochenen Rücklage bereits habe entnommen werden müssen. Überhaupt sei es so, dass aus den 76,7 Milliarden Euro im bayerischen Haushalt für 2025 schon 22 Milliarden Euro an die Kommunen gingen, „also fast 30 Prozent“, wie Böltl feststellt. Speziell der Landkreis München profitiere von Milliarden-Investitionen des Freistaats in die Universitätsstandorte in Oberschleißheim, Garching und Ottobrunn/Taufkirchen. „Im Gegensatz zu anderen Bundesländern übernimmt der Freistaat auch die Kosten für die Unterbringung von Asylbewerbern – dieser Bereich umfasst inzwischen drei Milliarden Euro pro Jahr“, so Böltl weiter.
Der Ismaninger Landtagsabgeordnete Nikolaus Kraus (Freie Wähler) bedauert sein Nein zum Grünen-Antrag zwar, „es tut mir persönlich leid“, erinnert jedoch an die geltende Fraktionsdisziplin. Auch im Koalitionsvertrag mit der CSU stehe, dass „wir mit einer Stimme sprechen“. Als Gemeinde- und Kreisrat wisse er freilich um die finanzielle Not in den Kommunen, für viele Ausgaben aber müsse der Bund und nicht der Freistaat aufkommen, so Kraus. Und: „In Bayern tun wir alles, was möglich ist für unsere Städte und Gemeinden.“ Dabei ächzt der Landkreis nicht zuletzt durch die zunehmenden staatlichen Aufgaben, die keineswegs vom Freistaat finanziert werden, unter einer großen Deckungslücke. Im Jahr sind das an die 18 Millionen Euro, die der Kreis aus eigenen Mitteln draufzahlen muss.
„Wie laut muss der Hilferuf noch werden, bis ihn auch die Regierungsfraktionen hören können?“, fragen die Grünen
Dass der Antrag mit der Mehrheit von CSU und Freien Wählern abgelehnt wurde, löst bei den Grünen herbe Kritik aus: „Das ist ein Schlag ins Gesicht der Kommunen. Statt einer nachhaltigen Lösung erhalten einzelne Stimmkreise einmalige Zuschüsse, die an der eigentlichen Problematik vorbeigehen“, wird der Oberschleißheimer Grünen-Landtagsabgeordnete Markus Büchler in einer Pressemitteilung zitiert. „Wie laut muss der Hilferuf noch werden, bis ihn auch die Regierungsfraktionen hören können?“, fragen die beiden Grünen. Diese Entwicklung weiter laufen zu lassen, sei „brandgefährlich“. Wenn die Landkreise ihre Aufgaben nicht mehr erfüllen könnten und die Kreisumlage weiter steige, bröckle das Vertrauen in den funktionierenden Staat. Und dieser gefährde die Handlungsfähigkeit der Kommunen.
Die Abgeordneten beklagen zudem, dass statt einer strukturellen Entlastung der Kommunen 90 Millionen Euro aus der Fraktionsreserve der Regierungsfraktionen nach Gutdünken in den Wahlkreisen der Regierungsabgeordneten verteilt wurden. Die Änderungsanträge zur Kommunalmilliarde der Grünen hätten eine sofortige Erhöhung der kommunalen Mittel um eine Milliarde Euro für 2025 vorgesehen, um Städte und Gemeinden schnell zu entlasten. „Dafür hätten diese wieder Luft, um in zentralen Bereichen wie der Infrastruktur, dem Wohnungsbau und der Kinderbetreuung zu investieren. Ohne diese zusätzlichen Mittel werde der Staat die Handlungsfähigkeit der Kommunen weiter gefährden“, stellen Köhler und Büchler fest.
Für Maximilian Böltl ist es durchaus zweifelhaft, ob von einer solchen Kommunalmilliarde „im Landkreis aufgrund unserer Finanzstärke überhaupt etwas ankommt“. An die Grünen gewandt sagt der Christsoziale auf SZ-Nachfrage: „Was den Kommunen viel mehr hilft als eine schnelle Schlagzeile ist der massive Rückbau von Bürokratie, die deutliche Vereinfachung von Förderverfahren, ein Rücklauf bei den Asylzahlen, der Wegfall des Bürgergeldes und allgemein ein Abbau von Aufgaben der öffentlichen Hand durch eine echte Staatsreform.“
Wichtig sei außerdem der Plan im Koalitionsvertrag auf Bundesebene, „dass das Konnexitätsprinzip strenger ausgelegt wird. Wer anschafft, der zahlt“, so Böltl. So sei das Recht auf Ganztagsbetreuung im Bund beschlossen worden, müsse aber vor Ort finanziert werden. Um derartige Probleme zu lösen, seien jetzt alle Ebenen gemeinsam gefragt. Er hoffe aber auf schon bald auf Entlastung für Landkreise, Städte und Gemeinden durch die Maßnahmen der neuen Bundesregierung: „Als ehemaliger Bürgermeister werde ich mich natürlich für einen hohen kommunalen Anteil am neuen Sondervermögen des Bundes einsetzen.“