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“Gelangweiltes Kind” Elon Musk: Marken-Experte: Teslas Verkäufe werden jetzt einbrechen | ABC-Z

Elon Musk testet nach Ansicht von Thomas Koch gerade wie ein kleines Kind, wie weit er gehen kann. Tesla werde das wertvollen Absatz kosten, erklärt der Marken-Experte im Interview mit ntv.de. Aber was soll’s – auf zur nächsten Spielwiese für Musks 400 Milliarden Dollar.

ntv.de: Ist für Tesla-Fahrer in Deutschland nach mehr als einer Stunde kostenfreier Hofberichterstattung für AfD-Chefin Alice Weidel auf Elon Musks Plattform X das eigene Auto nun endgültig ein Fall für den Gebrauchtwagen- oder Schrotthändler?

Thomas Koch: Elon Musk hat in dem Gespräch mit Weidel ja seinen Wahlaufruf für die AfD noch mal sehr deutlich ausgesprochen. Das dürfte viele Tesla-Fahrer sehr verunsichern. Ich glaube zwar nicht, dass sie ihr Auto zurückgeben. Aber von den Tausenden Autofahrern, die gerade kurz vor einem Kauf stehen, werden ganz sicher sehr viele Abstand nehmen. Teslas Verkäufe werden einbrechen.

Welche Größenordnung erwarten Sie dabei?

Ich rechne damit, dass sich ein Fünftel der potenziellen Käufer nicht mehr mit Tesla identifizieren kann, weil sich der Inhaber als Freund von Neonazis identifiziert. Es gibt eine schweigende Mehrheit, der alles egal ist. Aber 20 Prozent weniger verkaufte Autos tun auch weh.

Einige Kunden kleben sich inzwischen Sprüche auf ihren Tesla, dass sie diesen lange vor Musks öffentlicher Radikalisierung gekauft haben. Aber das liest ja höchstens jemand, wenn das Auto steht. Wer nicht auf den ersten Blick mit rechtsextremem Gedankengut in Verbindung gebracht werden möchte, dem bleibt nur der Verkauf, oder?

Das werden sehr wenige tun. Ich kenne viele Tesla-Kunden, die sind begeistert von ihrem Auto. Da habe ich von keinem gehört, jetzt ist aber Feierabend. Denn dieser Schritt tut dir selbst weh, du hast ja einen Wertverlust, wenn du spontan verkaufst. So weit gehen die Leute dann doch nicht. Das ist ähnlich wie bei Mark Zuckerberg, der nun Hassrede bei Facebook und Instagram zulässt. Wir erleben dann großes Entsetzen, aber über dieses Entsetzen geht es nicht hinaus – eigentlich müsste man ja seine Werbe-Etats in den Netzwerken einfrieren, bis Klarheit herrscht, ob sie noch sicher sind.

Wer sind denn die Menschen, die bisher einen Tesla kauften?

Im Marketing spricht man von First Movern, also Menschen, die als erste eine Innovation akzeptieren und auch umsetzen. In diesem Fall wohlhabende Menschen, denn die Autos sind nicht preiswert, also nicht für durchschnittliche Autofahrer gebaut.

Zeigen sich dabei politische Präferenzen?

Ich habe mich oft mit dem Abgleich von politischen Präferenzen und Warengruppen beschäftigt – nein, da findet sich leider Gottes kein Ausschlag in irgendeine Richtung.

Also stehen keine neuen Käufergruppen aus dem rechten Lager bereit?

Nein, ich erwarte einen Einbruch.

Marken-Experte Thomas Koch

Marken-Experte Thomas Koch

(Foto: Clap Bruchhaus & Ingenweyen)

Wie erklären Sie sich den Rückgang der Tesla-Verkäufe im vergangenen Jahr? Tesla hat stärker verloren als andere E-Auto-Marken.

Dabei spielten Musks politische Äußerungen meiner Einschätzung nach noch keine Rolle. Das war einfach der zunehmende Wettbewerb, wir haben ja inzwischen auch die ersten chinesischen E-Autos auf dem deutschen Markt. Normalerweise würde dieser Wettbewerb wieder zu seinen Gunsten ausgehen, glaube ich. Da wirft er sich jetzt selbst Steine in den Weg. Das gleiche Entsetzen wird sich in den USA bemerkbar machen.

Wie sieht es bisher in Teslas Heimatmarkt USA aus, tut sich da etwas im Käuferkreis?

Bisher nicht. Aber es gibt ja auch Amerikaner, die nachdenken. Auch dort erwarte ich einen Verkaufseinbruch um 20 Prozent, das ist in dem deutlich größeren Markt schon massiv. Firmenlenker übersehen manchmal, dass es für Kunden immer eine Alternative gibt.

Wird Elon Musk deshalb umdenken?

Um welche Summen es dabei geht, kann ihm völlig egal sein. Dieser Mann ist so reich, das können wir uns ja gar nicht vorstellen. Er merkt gerade, dass er sich alles kaufen kann. Das bereitet ihm aber offensichtlich gar keine Freude. Das wird auch zu der Diskussion führen, ob wir Menschen brauchen, die 400 Milliarden Dollar besitzen.

Sie sind unter anderem auf Menschen als Marken spezialisiert. Wie steht es um die Marke Elon Musk?

Noch nie hat sich ein Mensch aus dem Wirtschaftsleben so in die Politik eingemischt. Noch nie gab es einen Menschen, der so reich ist, dass er sich einen Präsidenten kaufen kann. Es gab auch noch nie zuvor den Versuch. Das ist ein sehr neues Thema, mit dem wir uns beschäftigen müssen. Es kann schließlich nicht angehen, dass ein Mensch einen solchen Einfluss nimmt. In der Demokratie haben wir ein anderes Spiel der Kräfte, nämlich der Mehrheiten, Wähler und Bürger – aber nicht einzelner Personen.

Schmeißt sich Musk Donald Trump an den Hals, um seine Unternehmen vor staatlichen Nachteilen zu schützen, oder handelt er aus Überzeugung?

Ich glaube, wir haben es hier mit einem gelangweilten Milliardär zu tun. Wenn ich in der Lage bin, innerhalb von ein paar Jahren den Automobilmarkt aufzumischen, und dann, weil ich Lust habe, auf den Mars zu fliegen, eine Weltraumfirma gründe, erlebe ich ja, dass ich mit meinem Geld alles kaufen kann. Jetzt geht er in die Politik und probiert wie ein kleines Kind aus, wie weit er gehen kann. Aber er wird in die Schranken verwiesen werden. Dann wird er sich eine neue Spielwiese suchen mit seinen 400 Milliarden Dollar. Elon Musk verhält sich wie ein kleines, gekränktes, gelangweiltes Kind – und damit völlig unberechenbar, das ist das Gefährliche daran. Das Gute daran ist, dass er schnell die Lust verliert. Ihm wird schnell wieder langweilig, er wendet sich dann neuen Dingen zu. Vielleicht kommt er völlig überraschend auf die Idee, den Weltfrieden zu kaufen oder den Hunger auf der Erde zu stoppen. Bei ihm ist alles möglich.

Tesla Tesla
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Und wie wird er in die Schranken verwiesen?

Indem er keine Macht mehr bekommt. Trump gibt ihm im Augenblick Macht und Einfluss auf seine Administration – das kann er innerhalb von 24 Stunden wieder stoppen.

Dann hängt nun alles an Donald Trump?

An Donald Trump und den Menschen, die ihn beeinflussen. In seiner ersten Präsidentschaft ist keine Katastrophe passiert. Diese Hoffnung habe ich weiterhin, immerhin schwirren einige Tausend Menschen um ihn herum, die Macht und Positionen besitzen. Deshalb hoffe ich auch, dass der Einfluss von Musk eingeschränkt wird. Und wenn es in den USA nicht so abläuft, haben wir ja als Kontrollinstanz immer noch den Rest der Welt. Auch europäische Leader haben Einfluss auf Trump und damit in der Verlängerung auf Musk. Es gibt ja doch noch einige vernünftige Köpfe auf dieser Erde.

Mit Thomas Koch sprach Christina Lohner

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