Politik

Gehen die Lichter an Berlins Stadtautobahn aus? – Politik | ABC-Z

Geht es ums Auto, versteht der Berliner keinen Spaß. Um jeden Parkplatz, der für einen Radweg wegfallen soll, wird in der Hauptstadt erbittert gekämpft; genau wie gegen jeglichen Poller, der die freie Fahrt versperrt. Kürzlich hat der Berliner Kurier einen neuen „Wutsturm“ unter Berlins Autofahrern diagnostiziert. Das Nachrichtenportal Berlin live stellte dazu fest: „A100-Lichter-Zoff eskaliert!“

Anlass für den Unmut ist eine Aktion der Autobahn GmbH, die seit 2021 für das Autobahnnetz in Deutschland zuständig ist. Anfang Januar hatte das Unternehmen nachts die Lampen an knapp 600 Lichtmasten auf Berlins Stadtautobahn A100 abschalten lassen – offenbar unabgesprochen. „Ich war sehr überrascht, dass die Autobahn GmbH des Bundes mein Haus nicht vorab über die Abschaltung informiert hat“, erklärt Berlins Verkehrssenatorin Ute Bonde, CDU. Daraufhin meldete die Autobahngesellschaft kleinlaut, dass vorerst keine weiteren Lampen abgeschaltet werden. Man bedauere, den Senat nicht informiert zu haben. Gespräche darüber, wie es nun weitergehen könnte, blieben bislang ergebnislos.

Beide Seiten argumentieren mit Gutachten

Damit hat Berlin ein eigentlich sinnvolles Projekt vorerst ziemlich jäh ausgebremst. Seit Jahren dimmen Städte das Licht an ihren Autobahnen herunter, erst in eigener Regie, seit 2021 übernimmt das die GmbH. Ziel ist es vor allem, den Energieverbrauch und damit den CO₂-Ausstoß zu verringern. Andere Gründe sind die Lichtverschmutzung und Millionen Insekten, die entweder an den Lampen verbrennen oder aus Erschöpfung sterben.

Berlin ist eine der letzten deutschen Metropolen, die ihre Stadtautobahnen nachts noch grell ausleuchten. Dabei „ist die Berliner Stadtautobahn im Bundesvergleich hoch belastet“, erklärt die Autobahn GmbH. Würden alle Lichtmasten, insgesamt 4650, abgeschaltet, könnten jährlich 1,2 Millionen Euro eingespart werden. Oder auch 1500 Tonnen CO₂ – das ist, je nach Pkw, etwa die Menge, die ein benzinbetriebenes Auto auf zehn Millionen Kilometern produziert.

Die Autobahn GmbH begründet ihr Ansinnen unter anderem mit einer Untersuchung aus Berlin von 2010. Darin sagen die Gutachter, „auf die Beleuchtung in Straßen ohne Fußgänger kann bis auf Tunnelanlagen tagsüber und Ausfahrten in das Stadtstraßennetz verzichtet werden“. Die Berliner Verkehrsbehörde stützt sich wiederum auf eine andere Studie, in der es heißt, dass nachts maximal 3,3 Kilometer der Stadtautobahn unbeleuchtet bleiben dürfen. Auf den anderen 27 Kilometern müssten die Lichter brennen, sonst sei die Sicherheit der Autofahrer gefährdet.

Kai Wegner hat im Wahlkampf versprochen, den Autobahnring fertig bauen zu lassen

Ganz nachzuvollziehen ist dieses Argument nicht. In Belgien war das gesamte Autobahnnetz über Jahrzehnte so gut ausgeleuchtet, dass man es vom Weltraum aus erkennen konnte. Doch Sinn und Zweck davon wurden zuletzt heftig debattiert: Wissenschaftliche Studien hatten ergeben, dass die Straßen überhaupt nicht sicherer geworden seien. So gab es auch kaum Widerstand, als Teile des Netzes 2022 wegen der Energiekrise abgeschaltet wurden.

Dass Berlin sich gegen die Pläne der Autobahn GmbH stellt, mag daher auch andere Gründe haben. Die CDU und ihr Regierender Bürgermeister Kai Wegner haben die Wahl 2023 vor allem als selbsternannte Anwälte der Autofahrer gewonnen. Eines der Versprechen dabei war, dass der Autobahnring in Berlin fertig gebaut werden solle. Da dürfen ja jetzt nicht plötzlich die Lichter ausgehen.

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