Gefühl von Glück: Diese Faktoren beeinflussen unsere Zufriedenheit | ABC-Z

Das Mädchen reitet auf dem Ponyhof, während der Vater am Rand steht und zuschaut. Er hört dabei im Radio dem Bericht eines Fußballspiels zu, wie es der Sänger Thees Uhlmann einmal erzählte. Doch für seinen Verein läuft es nicht rund, und er flucht. „Papa, kannst du dir nicht mal ein Hobby suchen, das dir Spaß macht?“, ruft ihm dann seine Tochter zu. Wenn es so einfach wäre. Wie viel Glück liegt in den eigenen Händen? Und wie wirken sich die Krisen und Konflikte auf der Welt auf das eigene Befinden aus? Wie zeigen sich Ängste um Umwelt, Klima und Demokratie im Alltag?
Die Glücksforschung hat darauf Antworten. Statt Glück, das jemand haben kann oder eben nicht, vermessen die Forscher in Umfragen die Zufriedenheit mit dem eigenen Leben. Die Gründe dafür liegen in einem selbst und den objektiven Lebensumständen. Der Ökonom Bernd Raffelhüschen nennt als die wichtigsten Faktoren die vier Gs: Gesundheit, Gemeinschaft, Geld und genetische Disposition, was die Mentalität und Persönlichkeit umfasst.
Mehr Einkommen, genug Sport und Zeit mit Familie und Freunden stärken in der Regel die Zufriedenheit. Dazu gesellt sich ein persönlicher Faktor, womit sich jemand zufriedengibt. „Es gibt Menschen, die sehen ein halb leeres Glas als halb voll an“, sagt der Professor aus Freiburg. „Das ist hilfreich.“ Raffelhüschen untersucht das Lebensglück der Deutschen mit dem „SKL Glücksatlas“, worin eigene Umfragen und externe Daten wie aus dem „Sozio-oekonomischen Panel“ des DIW einfließen. Zuletzt stagnierte die angegebene Lebenszufriedenheit mit einem Wert von 7,09 von maximal zehn Punkten und hat das Minus in der Zeit der Corona-Pandemie hinter sich gelassen.
Was Glück ausmacht
Auf diese Zufriedenheitsfaktoren wirkt sich das Auf und Ab im Leben aus. Was Raffelhüschen über das Leben in Deutschland herausgefunden hat: Die Finanzen machen sich als Einflusspunkt besonders bemerkbar, wenn Geld fehlt. Arbeitslosigkeit senkt das Einkommen, mindert das Selbstwertgefühl und verringert Strukturen im Alltag. Ein Wechsel aus der Nichtarbeit in die Arbeit schlägt deutlicher auf die Zufriedenheit als die Höhe der Arbeitszeit. Auch ein späterer Renteneintritt hilft: Die Beschäftigung dauert länger, dadurch ist die Rente höher und die Person weniger von Armut bedroht.
Das alles klingt logisch. Gleichzeitig unterscheidet sich die Zufriedenheit zwischen den Regionen. Die skandinavischen Staaten zählen in Untersuchungen häufig zu den zufriedensten Ländern. „Sie können auch in Deutschland auf skandinavische Niveaus kommen, aber nicht in allen Regionen“, sagt Raffelhüschen. Zufriedener zeigen sich die Einwohner unter anderem im Münsterland, in Südbaden, Holstein und Teilen Bayerns. Dort stimmen das Einkommen und das Gemeinschaftsleben. Anderes hat weniger Einfluss.
Doch wie wirkt sich der Wandel in einer Welt von Klimaprotesten, Industrienöten und Kriegen bis zur Künstlichen Intelligenz auf die eigene Welt aus? „Trotz des Bombardements an schlechten Nachrichten hat die Zufriedenheit in Deutschland mit der großen Politik und den globalen Krisen nichts zu tun“, sagt Raffelhüschen. „Zufriedenheit erwächst aus dem Nahbereich, nicht aus dem Fernbereich.“ Es gebe kleinere Effekte, wenn sich die Folgen im eigenen Umfeld zeigen. Das könne die Arbeitslosigkeit von jemandem selbst oder von nahestehenden Personen sein, aber das sei in der Breite zu messen.
Das sieht der Ökonom Timon Renz ähnlich. „Viele Ereignisse sind für die meisten Menschen einfach Medienereignisse“, sagt der Mitarbeiter am Institut für Finanzwissenschaft und Sozialpolitik der Universität Freiburg, der am Glücksatlas beteiligt ist. Solange die Folgen nicht das persönliche Umfeld betreffen, berühre das die Lebenszufriedenheit nicht.
Was Umweltschutz einem selbst bringt
Umweltschutz und Klimawandel haben dennoch Folgen für das eigene Wohlbefinden, was Renz derzeit untersucht. „Nachhaltiges und umweltfreundliches Verhalten erhöht die Lebenszufriedenheit“, sagt er. Das liege weniger an größeren Verzichtsentscheidungen, sondern mehr an kleineren Handlungen. „Wer ein Bioprodukt kauft oder ein Elektroauto fährt, hat ein gutes Gefühl dabei.“ Das einzelne Verhalten sei jeweils stark mit dem Schutz der Umwelt und dem Klima verbunden. Vor allem Menschen mit ökologischem Bewusstsein fühlten sich dann besser.
Bioprodukte oder Mülltrennung beeinflussten den Klimaschutz allerdings nur gering. Maßnahmen mit mehr Gewicht wie der Verzicht auf Fleisch oder Flugreisen zeigen in den Daten keine Folge für die Zufriedenheit. „Weniger zu fliegen, hat keinen Einfluss, weil das nicht so direkt wahrgenommen wird“, sagt Renz.
Umweltschutz und Klimaschutz halten viele Menschen für wichtig. Allerdings ist ihr Anteil nach einer Studie des Umweltbundesamtes von 65 Prozent im Jahr 2020 auf 54 Prozent im Jahr 2024 gesunken. Wichtiger empfinden die Befragten Gesundheit, Bildung, die wirtschaftliche Entwicklung sowie öffentliche Sicherheit und Kriege. Immerhin ein Teil dürfte mit kleineren umweltfreundlichen Aktionen das Wohlbefinden steigern können.
Was das alles kostet
Durch Klimaschutz lässt sich allerdings auch manches verlieren. Die Ausgaben für umweltfreundliche Geräte verringern zunächst das verfügbare Einkommen. Ein verpflichtender Verzicht auf Lebensmittel, Fahrzeuge oder Heizungen kommt schlecht an. Das hat der frühere Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) mit seinen Vorschlägen für das Gebäudeenergiegesetz und dem Eintreten für Wärmepumpen gespürt: Hauseigentümer scheuen Kosten für neue Heizsysteme.
Als marktwirtschaftliches Mittel soll der CO2-Preis mit dem europäischen Emissionshandel die Treibhausgasemissionen dort senken, wo dies am günstigsten ist. Die Bepreisung von Emissionen ist eine Zusatzbelastung. Der Ökonom Philipp Biermann sieht das als wesentlichen Faktor: „Menschen, die Schwierigkeiten haben, ihre Energierechnungen zu bezahlen, wird ein Gefühl kaum kompensieren, dadurch die Umwelt zu schützen“, sagt der Mitarbeiter am Lehrstuhl für verhaltensbasierte Sozialpolitik der Universität Magdeburg. Dafür sollte die Politik keine breite Unterstützung erwarten. Der CO₂-Preis wirkt sich im Alltag als weniger verfügbares Einkommen aus. Ob die Senkung eigener Treibhausgasemissionen zum persönlichen Nutzen beiträgt, hängt davon ab, wie bewusst einem der eigene Konsum und der ökologische Fußabdruck sind.
Dafür gibt es die Idee, die Verluste durch den CO2-Preis mit einem Klimageld auszugleichen, das jede Person im Gegenzug bekommen soll. Für Renz aus Freiburg reicht das nicht aus. „Wenn Sie eine CO₂-Steuer zahlen, trifft das Menschen mit niedrigem Einkommen besonders hart“, sagt er. Das Klimageld könne die Zufriedenheitsverluste nicht voll kompensieren. „Was uns weggenommen wird, schmerzt mehr als das Glück, wenn wir etwas bekommen.“
Dennoch verbessert eine intakte Umwelt durchaus auch die Zufriedenheitswerte. Biermann aus Magdeburg sieht saubere Luft als einen Faktor dafür. „In Gebieten mit schlechterer Luftqualität ist die Lebenszufriedenheit niedriger“, sagt er. Auch eine Natur mit fortbestehender Biodiversität stärkt die Zufriedenheitswerte in vielen Ländern. Insgesamt sorge eine gute Umwelt für gute Lebensbedingungen.
Damit bleibt der Forscher insgesamt auch für den Klimaschutz optimistisch. In Vorlesungen gibt er seinen Studierenden den Tipp, dass sie den Nachhaltigkeitsgedanken nicht als gemeinschaftlichen Nutzen begreifen sollten. Sonst bleibe offen, wie sich das auf das individuelle Leben auswirkt. „Machen Sie den Menschen klar, dass Umweltschutz egoistisch ist, um die eigenen günstigen Lebensbedingungen zu erhalten“, sagt er. Es solle nicht um alle, sondern um das Umfeld der einzelnen Personen gehen.
Für das eigene Leben finden die Ökonomen ohnehin mehrere Wege, um die Zufriedenheit zu stärken. Alles, was Geld, Gesundheit und Gemeinschaft verbessert, hilft auch einem selbst. Für Raffelhüschen gibt jeder Mediziner schon den besten Tipp. „Die beste Prophylaxe, die Sie in Ihrem Leben überhaupt machen können, ist Sport“, sagt er. Dabei ist die Sportart unerheblich. „Wenn ich mit meinem Körper nichts mehr mache, wird mein Körper grantig mit mir.“ Menschen, die Sport treiben, seien stets zufriedener als andere. Das gelte selbst dann, wenn sie nicht gesund sind.
Und was das Vermögen angeht: Schwierige Finanzen lassen sich oft verbessern. Wer ohne Geldsorgen ist, könne sich zurücklehnen. „Zu sagen, das reicht mir, macht auch zufrieden“, sagt Raffelhüschen. Einen Punkt ergänzt der Glücksforscher dann noch: Beziehungen sind zu pflegen. Ehe, Familie und Freundschaften stiften Zufriedenheit. „Besser schmeißt man seine Beziehungen nicht so schnell über Bord.“ Auch an seinem Freundeskreis könne jeder arbeiten, um glückliche und zufriedene Stunden zu verbringen. Das geht selbst auf dem Ponyhof oder in der Gemeinschaft eines Fußballvereins.





















