Geflüchtete in der Lenggrieser Kaserne – Bad Tölz-Wolfratshausen | ABC-Z
Decken und Matratzen sind noch in Plastik verpackt, ansonsten wirken die Zimmer fast so, als lebten wie früher Soldaten darin: zwei Stockbetten, Spinde, Tisch, Stühle – alles sieht einfach aus. Das ehemalige Lehrsaalgebäude der Lenggrieser Kaserne hat das Tölzer Landratsamt für Asylsuchende eingerichtet, die in den nächsten Tagen sukzessive aus dem Container-Quartier an der Geiersteinstraße hierher umsiedeln werden. „Ich gehe davon aus, dass das eine ganz normale Unterkunft ohne größere Probleme sein wird, ich bin überzeugt, dass das gut geht“, sagte Andreas Baumann, Sachgebietsleiter Asylwesen im Landratsamt, bei einem Rundgang. Eine Klage dagegen gibt es bisher nicht.
Der Gemeinderat ist anderer Meinung. Zweimal hatte das Gremium den Bauantrag des Privateigentümers abgelehnt, das Lehrsaalgebäude für Flüchtlinge umzugestalten. Die Mitglieder führten eine ganze Reihe von Gründen an: Das Kasernenareal an der Gebirgsjägerstraße könne ein sozialer Brennpunkt werden, es gebe weder Spielplätze noch Freizeitflächen, die Anbindung an den öffentlichen Nahverkehr fehle, die Straßenbeleuchtung sei mangelhaft. Das Landratsamt, das händeringend nach Quartieren für Geflüchtete sucht, ersetzte jedoch das gemeindliche Einvernehmen. Dies geht in solchen Fällen leichter, seit die Bundesregierung den Paragrafen 246 im Baugesetzbuch modifiziert hat. „Es kommen jeden Monat 100 Asylbewerber bei uns an“, sagt Baumann.
Die Situation entspannt sich durch das umgestaltete Lehrsaalgebäude allerdings nicht. Schließlich ziehen dort vorwiegend Familien, aber auch Alleinstehende ein, die bislang in den fast zehn Jahre alten Containern an der Geiersteinstraße leben. Dabei handle es sich um etwa 80 Leute, so Baumann. Die neue Unterkunft in der Kaserne biete circa 100 Plätze. Außerdem besteht in Lenggries noch ein Gemeinschaftsquartier an der Scharfreiterstraße, das ebenfalls für 100 Asylsuchende ausgelegt ist. „100 Leute sind nicht zu viel, das ist noch sozialverträglich“, meint Baumann.
Das zweistöckige Lehrsaalgebäude bietet den neuen Bewohnern das Notwendige. Dazu zählt auf jeder Etage neben den Toiletten eine Gemeinschaftsküche mit acht Herdplatten. Außerdem gibt es zwei getrennte Duschräume für Frauen und für Männer, ebenso einen Waschmaschinenraum mit Trockner. Vorgesehen sind zudem Sozialräume: einer als Büro des Vereins „Hilfe von Mensch zu Mensch“, einer für Gespräche, die übersetzt werden müssen, einer für Hausaufgaben. Ein Aufenthaltsraum wäre möglich, Zimmer gäbe es genug. Eingerichtet ist aber noch nichts. „Das wird wenig genutzt“, sagt Angelika Wulff vom Sachgebiet Asylwesen. Die Erfahrung zeige, dass die Bewohner sich lieber ins Private zurückziehen.
Hinter dem Haus liegt ein großer Rasen, auf dem Andreas Baumann und seine Mitarbeitenden vom Sachgebiet Asylwesen schon mal ihr Sommerfest gefeiert und dafür einen Pavillon aufgestellt haben. Der Sachgebietsleiter kann sich vorstellen, beispielsweise Fitnessgeräte für die Freizeitgestaltung anzuschaffen. „Das macht Sinn, der Platz ist da, und das nimmt Druck raus“, erklärt er. Für Maya Nazarova ist auch ein Kinderspielplatz erforderlich. „Das Menschliche für die Kinder muss berücksichtigt werden“, fordert die Integrationsbeauftragte der Gemeinde.
Um Geflüchtete in Lenggries kümmert sich ein Helferkreis, der derzeit circa 20 Mitglieder hat. Es wäre schön, wenn sich diese Zahl wieder erhöht, meint Sprecherin Margreth Schmid, die schon seit zehn Jahren dabei ist. „Wir brauchen mehr Leute, das ist wichtig für die Integration, damit die Asylsuchenden wissen, wie es hier läuft“, sagt sie. Von der Kaserne aus haben sie es etwa einen Kilometer bis zum nächsten Supermarkt, die nächste Bushaltestelle befindet sich an der Gebirgsjägerstraße.
„Wir kennen alle, die hier reinkommen, das ist anständiges Klientel.“
Mit den neuen Bewohnern hatte der Sicherheitsdienst an der Geiersteinstraße keinerlei Probleme. „Da war überhaupt nichts“, sagt Peter Frech, Chef der Securityfirma. „Wir kennen alle, die hier reinkommen, das ist anständiges Klientel.“ Der Einlass in das ehemalige Lehrsaalgebäude wird gleichwohl genau kontrolliert, ohne Ausweis und ein berechtigtes Interesse geht nichts. Dies diene unter anderem dazu, „dass man weiß, dass die Leute auch da sind“, so Baumann. Die nächste Asyl-Unterkunft, die eröffnet wird, liegt im Gewerbegebiet Kranzer bei Reichersbeuern. Das soll im Dezember geschehen. Der Unterschied zu Lenggries sei, so Baumann, dass dort dann wirklich zusätzliche Plätze entstünden.