Gedenktag für Drogentote: Süchtige fordern Drug-Checking |ABC-Z

Seit 46 Jahren nimmt Claudia Ak Drogen. Dass sie an diesem 21. Juli in Frankfurt vor mehr als 50 Menschen ihre Geschichte erzählen kann, hat sie dem Frankfurter Weg zu verdanken, wie sie sagt. Ak ist im Vorstand von JES, einem Verein, der sich für Drogenkonsumenten und ein würdevolles Leben mit Drogen einsetzt. JES steht für Junkies, Ehemalige und Substituierte. Der 21. Juli ist ein besonderer Tag. Es ist der Tag, an dem seit 28 Jahren nicht nur in Deutschland, sondern auch international der Menschen gedacht wird, die wegen ihres Drogenkonsums gestorben sind.
Mehr als 60 Städte und 150 Organisationen in Ländern wie Deutschland, Kanada, Australien und Schweden nahmen in den vergangenen Jahren am Gedenktag teil. Am 21. Juli wird aber nicht nur getrauert, es gehe auch um Präventionen, Aktionen im Bereich der illegalen Substanzen und Protest. „Wir wollen ein Zeichen setzen“, sagt Sophie Hanack, Leiterin des La Strada, einer Drogenhilfeeinrichtung der Aidshilfe Frankfurt (AHF). Gemeinsam mit anderen Drogenhilfeträgern und JES richtet die AHF den diesjährigen Gedenktag in Frankfurt aus.
„Drogenkonsum ist Teil unserer Gesellschaft“
2024 sind in Deutschland 2137 Menschen im Zusammenhang mit Drogen gestorben, sagt Frankfurts Sozialdezernentin Elke Voitl (Die Grünen) während der Kundgebung am Gedenktag. Das sei zwar insgesamt ein leichter Rückgang, bei den unter Dreißigjährigen jedoch sei der Anteil um 14 Prozent gestiegen, so Voitl. Es sei unser aller Auftrag, daran zu arbeiten, diese „vermeidbaren Tode zu verhindern“.
„Drogenkonsum ist Teil unserer Gesellschaft“, sagt Hanack. 2023 nahmen weltweit 316 Millionen Menschen Drogen, die Zahl der Kokainkonsumenten sei von 17 auf 25 Millionen gestiegen. Drogenkonsum sei also kein „Randphänomen“, so Hanack. „Das Kokain fließt auch in Frankfurt nicht nur durch die Wasserstraßen.“ Jeder kenne jemanden oder könne jemanden kennen, der mit Sucht zu tun habe. Doch die Süchtigen würden an den Rand der Gesellschaft gedrängt und als kriminell, defizitär, willenlos und „asozial als Müll und Zombies“ bezeichnet, sagt Hanack. Das dürfe nicht sein.
Deshalb mache das diesjährige Motto des Gedenktags „Überdosierung und Drogentod können alle Menschen (be-)treffen“ auch darauf aufmerksam, dass in Frankfurt Fentanyl und Nitazen als Streckmittel im Straßenheroin nachgewiesen wurden. Die synthetischen Opioide wirken vielfach stärker als Heroin und können bereits in geringsten Dosen tödlich sein. Das gefährde nicht nur chronisch suchtkranke Menschen, sondern eben auch Gelegenheitskonsumenten und neue Konsumenten, sagt Hanack. Unerkannt beigemischt, könnten die Opioide zu lebensbedrohlichen Überdosierungen führen, sagt auch Voitl.
Drogenhilfen und Süchtige fordern Drug-Checking
Die Dezernentin und die Drogenhilfeeinrichtungen fordern deshalb das Land Hessen auf, die Rechtsverordnung für Drug-Checking zu erlassen. „Wenn die Bundesländer diese Verordnungen nicht schaffen, machen sie sich am Tod weiterer Drogengebraucher mit schuldig“, teilt der JES-Bundesverband mit. Es gehe um die „Party People“, die ins Bahnhofsviertel kämen, sagt Ak. Am Ende sterbe jemand, weil er eine „Pille probieren wollte“.
Laut Hanack reicht es nicht, der Drogentoten nur zu gedenken. „Wir brauchen politische Bewegung.“ Neben Drug-Checking fordern die Hilfseinrichtungen unter anderem eine adäquate medizinische und psychosoziale Versorgung und den Ausbau weiterer wohnortnaher Hilfsangebote. Denn: „Drogenhilfe, die an der Stadtgrenze endet, kann nicht die Lösung sein“, sagt Hanack.
Auch Ak fordert Hilfen wie das geplante Crackzentrum für alle. Und sie fordert Verständnis. „Wir sind nicht kriminell“, sagt sie: „Wir sind normale kranke Menschen.“