Gazakrieg: Israel verschiebt Freilassung von Häftlingen auf unbestimmte Zeit | ABC-Z

Israel verschiebt nach der Freilassung sechs weiterer israelischer Geiseln durch die islamistische Hamas im Gazastreifen die Entlassung palästinensischer Häftlinge. Das teilte das Büro von Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu mit. „Angesichts der wiederholten Verstöße der Hamas, einschließlich der Zeremonien zur Demütigung unserer Geiseln und der zynischen Ausnutzung unserer Geiseln für Propagandazwecke, wurde beschlossen, die für gestern geplante Freilassung der Terroristen zu verschieben, bis die Freilassung der nächsten Geiseln sichergestellt ist, und zwar ohne die demütigenden Zeremonien“, teilte das Büro mit.
Die Hamas hatte zuvor sechs weitere Geiseln an Vertreter des Roten Kreuzes übergeben. Die Freilassung erfolgte im Rahmen eines Abkommens mit Israel, in dem auch eine Waffenruhe zwischen den beiden Kriegsparteien vereinbart worden war. Im Gegenzug sollte Israel nach palästinensischen Angaben rund 600 inhaftierte Palästinenser freilassen, darunter 50, die zu lebenslanger Haft verurteilt sind. Die Vorbereitungen zur Freilassung der Häftlinge wurden am Abend nach Angaben von Augenzeugen abgebrochen.
Entführte erneut auf Bühnen vorgeführt
Vermummte und bewaffnete Hamas-Kämpfer in Uniformen hatten die Übergaben der sechs israelischen Geiseln in Rafah und Nuseirat im Gazastreifen am Samstag erneut mit Schaulustigen, lauter Musik und palästinensischen Fahnen inszeniert. Die Entführten wurden auf Bühnen vorgeführt und erhielten von ihren bewaffneten Bewachern sichtbar Anweisungen, zu lächeln und der wartenden Menschenmenge zuzuwinken.
Den Geiseln wurden auf einer Bühne als
„Zertifikate“ gekennzeichnete Schreiben auf Hebräisch ausgehändigt.
Anschließend mussten sie sich auf der Bühne öffentlich äußern. Erst dann
wurden sie an die Vertreter des Roten Kreuzes
übergeben, welche die Freigelassenen in israelische Obhut
überstellten.
Die Islamisten hatten zunächst in Rafah den
äthiopisch-stämmigen Avera Mengistu und den österreichisch-israelischen
Doppelstaatler Tal Shoham übergeben, später folgte die Freilassung von Eliya
Cohen, Omer Shem Tov und Omer Wenkert in Nuseirat. Eine sechste Geisel,
der israelische Beduine Hischam al-Sajed, wurde schließlich in einer
nicht öffentlich inszenierten Übergabe freigelassen.
Medien verbreiten Propagandavideo
Israelische Medien verbreiteten ein Propagandavideo. Darauf ist zu sehen, wie zwei israelische Geiseln von der Hamas gezwungen werden, von einem Fahrzeug aus die Freilassung ihrer Landsleute in Nuseirat aus nächster Nähe mitanzusehen, während sie selbst weiter in der Gewalt der Terrororganisation sind. „Dieser kalkulierte Akt der psychologischen Folter ist ein eklatantes Beispiel von Grausamkeit“, teilte das Forum der Geiselangehörigen mit.
Ähnliche Inszenierungen der Hamas bei früheren
Geiselübergaben hatten international für heftige Kritik gesorgt.
Besonderes Entsetzen hatte am Donnerstag die Übergabe der Leichen der Hamas-Geiseln Ariel und Kfir Bibas ausgelöst. In Chan Junis hatte die Hamas die Särge der getöteten Kleinkinder und zweier weiterer Leichen auf einer Bühne neben Geschosshülsen aufgereiht, daneben standen vermummte und
bewaffnete Terroristen. An jedem der Särge war ein Foto angebracht.
Der UN-Menschenrechtsbeauftragte Volker
Türk verurteilte die Inszenierung als abscheulich und grausam. Ein
derartiges Zurschaustellen von Leichen verstoße gegen das Völkerrecht, sagte er.