Politik

Thunberg und Gaza-Flottille: Situation in Israel und Italien – Politik | ABC-Z

Greta Thunberg und andere Teilnehmer der „Global Sumud Flotilla“, die Hilfsgüter nach Gaza bringen wollte, sollen in israelischer Haft misshandelt worden sein. Thunberg hatte zuvor zusammen mit etwa 450 anderen Aktivisten, Politikern und Anwälten versucht die israelische Seeblockade zu durchbrechen. Die 40 Boote des Konvois wurden in der Nacht von Donnerstag auf Freitag vom israelischen Militär gestoppt, die Besatzungen der Schiffe nach Israel gebracht. Viele von ihnen, darunter auch Thunberg und weitere neun Schweden, sitzen momentan in Ketziot, einem Hochsicherheits-Gefängnis in der Negev-Wüste.

Mitarbeitern der schwedischen Botschaft wurde Zugang zum Gefängnis gewährt.  Der Guardian zitiert aus einer E-Mail, die das Außenministerium nach dem Besuch an Thunbergs Familie geschickt haben soll: „Sie sprach von Dehydrierung. Man habe ihr nicht genügend Wasser und Nahrung gegeben. Sie gab außerdem an, einen Ausschlag entwickelt zu haben, der vermutlich von Bettwanzen verursacht wurde. Sie sprach von brutaler Behandlung.“

Am Samstag wurden 137 der Aktivisten nach Istanbul ausgeflogen. Einer von ihnen, Ersin Çelik, sagte im türkischen Fernsehen, Thunberg sei dazu gezwungen worden, auf allen vieren herumzukriechen und eine israelische Fahne zu küssen. Der italienische Journalist Lorenzo D’Agostino, der ebenfalls festgenommen und ausgeflogen worden war, schilderte, Thunberg sei „in eine Fahne gewickelt und ausgestellt worden wie eine Trophäe“. D’Agostino und Çelik zufolge seien auch alle anderen Internierten sehr schlecht behandelt worden, D‘Agostino sprach von Tritten, Kälte und davon, dass sie zwei Tage lang kein Wasser bekommen hätten.

Israels rechtsextremer Minister für Nationale Sicherheit, Itamar Ben Gvir, bezeichnete die Aktivisten bei einem Besuch im Gefängnis mehrfach pauschal als Terroristen. Später griff er Premier Benjamin Netanjahu dafür an, die Mitglieder der Flotilla auszufliegen statt sie „mehrere Monate in israelischen Gefängnissen zu inhaftieren“.

Die Menschenrechtsanwältin Sena Eliküçük, die die inhaftierten schwedischen Aktivisten aus dem Gaza-Konvoi vertritt, sagte, mehreren Aktivisten, darunter auch der schwedischen Parlaments-Abgeordneten Lorena Delgado Varas, sei die medizinische Versorgung verweigert worden. Eliküçük kündigte an, „diese Menschenrechtsverletzungen den zuständigen UN-Behörden zu melden“.

Einige der Inhaftierten in Ketziot sind auch deutsche Staatsbürger. Der deutsche Botschafter in Israel, Steffen Seibert, hatte am Samstag auf der Plattform X erklärt, man habe alle deutschen Aktivisten der Flottille im Gefängnis besucht und werde sich mit den israelischen Behörden „über die Haftbedingungen und eine rasche Rückkehr in die Heimat“ austauschen.

Eine von ihnen ist die Berlinerin Louna Sbou. Von ihrer Familie heißt es, ihnen sei nach dem Besuch des deutschen Konsuls mitgeteilt worden, dass es ihr „relativ gut“ gehe und sie sich dagegen entschieden habe, ein Dokument zur sofortigen Abschiebung zu unterschreiben. Sbou sei, wie auch andere Gefangene, in einen Hungerstreik getreten. Über die Haftbedingungen sei lediglich bekannt, dass sich mehrere Personen Zellen teilten. Für den Besuch des Diplomaten seien die Deutschen allerdings in den Hof des Gefängnisses gebracht worden, sodass er sich nicht selbst ein Bild machen konnte. Man gehe davon aus, dass es bald Gerichtstermine geben könne, die dann zu einer Abschiebung nach Deutschland führen können, aber nicht müssen.

Die ersten Rückkehrer nach Italien, die am Wochenende von ihren Angehörigen und Sympathisanten auf dem Flughafen Rom-Fiumicino empfangen wurden, berichteten ebenfalls über Schikanen durch die israelischen Behörden. Paolo De Montis, ein römischer Gewerkschafter, wurde mit den Worten zitiert: „Als sie uns ins Gefängnis brachten, haben wir wirklich verstanden, was sie den Palästinensern regelmäßig antun.“

Zehntausende demonstrieren in Rom

Die Berichte heizten die explosive Stimmung in Teilen der italienischen Öffentlichkeit weiter an. Seit Wochen finden im ganzen Land Solidaritätsveranstaltungen mit Palästina statt, am Freitag legten zahlreiche Streiks auch Teile des öffentlichen Verkehrs lahm. Nachdem zunächst Mailand ein Zentrum der Proteste gewesen war, zogen am Wochenende viele zehntausend Menschen durch Rom, vor dem Kolosseum wehten palästinensische Fahnen. Nach einem Bericht der Nachrichtenagentur Ansa sind bei dem Marsch durch Rom auch Fahnen der islamistischen Terrororganisation Hamas sowie der libanesischen Hisbollah-Miliz geschwenkt worden. Demnach nahmen einige Demonstranten ausdrücklich Bezug auf das Massaker der Hamas an 1200 Israelis und trugen ein Spruchband mit dem Satz: „7. Oktober – Tag des palästinensischen Widerstands.“

Insgesamt waren die Demonstrationen friedlich, es nahmen nach Auskunft der Organisatoren auch Familien mit Kindern teil und Menschen, die nach eigener Aussage sonst eher nicht demonstrieren würden. Es kam aber auch zu gewaltsamen Auseinandersetzungen mit der Polizei, die Wasserwerfer und Tränengas einsetzte. Einige Vermummte warfen Rauchbomben, stellten Mülltonnen auf Straßen und steckten ein Auto in Brand.

Ministerpräsidentin Giorgia Meloni, die eine Koalition dreier rechter und sehr rechter Parteien anführt, hat sich zuletzt einerseits zunehmend kritisch über das Vorgehen der israelischen Militärs gegenüber der Zivilbevölkerung in Gaza geäußert, vermeidet es aber andererseits ähnlich wie ihr deutscher Amtskollege Friedrich Merz, sich offiziell auf die Seite Palästinas zu stellen. Sie kritisierte auch die Streiks und sprach davon, dass sich einige Gruppen „ein langes Wochenende organisieren wollten“; dies wiederum wurde von der Opposition scharf kritisiert. Meloni hatte auch die Aktion der Gaza-Flottille verurteilt, die ein „unverantwortliches Risiko“ dargestellt hätten und der Regierung die Vermittlungsbemühungen erschweren würden; zugleich hatte die Regierung sich aber ausdrücklich für den Schutz der italienischen Besatzungsmitglieder eingesetzt.

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