G20-Außenminister: Gipfeltreffen ohne die USA | ABC-Z

In Abwesenheit von US-Außenminister Marco Rubio treffen sich
seine Kollegen der Gruppe bedeutender Wirtschaftsnationen (G20) am heutigen
Donnerstag im südafrikanischen Johannesburg. Neben Nahostkonflikt und
Ukrainekrieg soll bei dem zweitägigen Treffen über Themen wie den Umbau
globaler Institutionen und die Anpassung an den Klimawandel gesprochen
werden. Rubio hatte seine Teilnahme unter anderem abgesagt, weil er Südafrikas
Haltung zu Verbündeten wie Israel kritisch sieht.
Sein Fernbleiben hinterlässt ein strategisches Vakuum, das
vorwiegend Russland und China nutzen dürfte. Aus Russland hat Außenminister
Sergej Lawrow seine Teilnahme bestätigt, während aus China Außenminister Wang
Yi erwartet wird. Außenministerin Annalena Baerbock lässt sich wenige Tage vor
der Bundestagswahl von Katja Keul, Staatsministerin im Auswärtigen Amt,
vertreten.
Rubio sieht in G20 einen Hort des Antiamerikanismus
Zuletzt bestimmten die großen internationalen Konflikte wie
der Ukrainekrieg und der Gazakonflikt die Agenda der G20-Treffen. Nach
Russlands Überfall auf die Ukraine im Februar 2022 boten sie eines der letzten
Foren, in denen sich ranghohe Vertreter der USA und Russland direkt begegneten.
In Johannesburg soll nun lediglich ein Diplomat der US-Botschaft teilnehmen.
Rubio hatte die Reise unter anderem abgesagt, weil er mit
Südafrikas Landreformpolitik sowie dessen Haltung gegenüber US-Verbündeten wie
Israel nicht einverstanden ist. Er warf dem G20-Format vor, zu einem Hort des Antiamerikanismus verkommen zu sein. Vor wenigen Tagen hatten sich Rubio und Russlands Außenminister Lawrow in
Saudi-Arabien zu bilateralen
Gesprächen getroffen, in deren Fokus ein Ende des russischen Angriffskriegs in
der Ukraine stand.
Schwellenländer für Reform der Finanzstrukturen
In Johannesburg steht die geopolitische Lage weit oben auf
der Agenda. Viele Mitgliedsländer außerhalb des Westens hatten aber in der
Vergangenheit klargemacht, dass sie andere Themen für vorrangig halten. So soll
auch über eine Reform der internationalen Finanzarchitektur gesprochen werden.
Entwicklungs- und Schwellenländer fordern eine gerechtere Gestaltung globaler
Finanzstrukturen, insbesondere mit Blick auf Kredite, Schulden und den Zugang
zu Investitionskapital.
Zudem will Südafrika eine stärkere internationale
Zusammenarbeit im Bergbau anstoßen, vor allem mit Fokus auf kritische
Rohstoffe, die für die Energiewende essenziell sind. Auch eine gerechtere
weltweite Besteuerung und der Umgang mit dem Klimawandel sind wiederkehrende
Themen.
Die G20 wurde mit dem Ziel gegründet, die
wirtschaftspolitische Abstimmung der Wirtschaftsmächte zu verbessern. Diese
Rolle geriet in den vergangenen Jahren durch geopolitische Konflikte und
Blockaden in den Hintergrund. Doch Südafrika will seine G20-Präsidentschaft
dazu nutzen, wirtschaftliche und strukturelle Fragen wieder in den Vordergrund
zu rücken.
Mehr Einfluss durch Russland und China
Russland und China bringen sich seit Jahren als Partner für
den Globalen Süden in Position: China legt seinen Fokus auf Handel, Rohstoffe
und Infrastruktur, während sich Russland vor allem auf militärische
Zusammenarbeit und Waffenexporte, aber auch etwa den Ausbau des Energiesektors
konzentriert. Gerade in Afrika haben Russland und China ihre wirtschaftliche
und diplomatische Präsenz stark ausgebaut und präsentieren sich als Alternative
zu den westlichen Ländern.
Die Europäer stehen vor einer Herausforderung. Sie werden
versuchen, ihre Position als wichtiger Partner der Schwellen- und
Entwicklungsländer zu behaupten – insbesondere durch Initiativen wie die unter
der deutschen G20-Präsidentschaft ins Leben gerufene Handelsinitiative Compact
with Africa sowie die Just Energy Transition Partnership, die Investitionen
in Klimaschutz, Wirtschaft und Energiewende fördern sollen.
Der G20 gehören unter anderem auch Frankreich,
Großbritannien, Saudi-Arabien, Brasilien und Indien an. Zudem sind die
Europäische Union und seit 2023 auch die Afrikanische Union Mitglieder. Die
Gruppe steht damit mittlerweile für etwa 80 Prozent der Weltbevölkerung und
mehr als 85 Prozent der weltweiten Wirtschaftskraft.