Trockenperioden in den Bergen: Wie Alpenvereinshütten mit Wasserknappheit umgehen – Bad Tölz-Wolfratshausen | ABC-Z

In den bayerischen Alpen ist auf den niederschlagsarmen Winter 2024/2025 ein sehr warmer und trockener Juni gefolgt. Im ersten Sommermonat lag die Durchschnittstemperatur im Freistaat um 4,2 Grad höher als das sogenannte langjährige Mittel in den Jahren zwischen 1961 und 1990. Bleibt der Regen länger aus, dürfte das für die meisten Betreiber von Berghütten in den Alpen sehr problematisch werden. Denn die Wasserversorgung hängt vielfach von Regen- oder Schmelzwasser ab. Gibt es Quellen, sind diese oft oberflächennah und gehen rasch zur Neige, wenn es länger trocken bleibt.
„Zwei Wochen können wir, wenn es hochkommt, ohne Regen überstehen“, sagt Max Nichtl von der Tölzer Sektion des Alpenvereins. Er ist seit zwei Jahrzehnten Hüttenwart für die Tölzer Hütte am Schafreiter. Die oberflächennahe Quelle etwas unterhalb des Vereinsstützpunkts auf einem Plateau am Südwesthang auf 1835 Metern habe heuer seinem Eindruck nach weniger Wasser, ergänzt Nichtl. Bis jetzt sei aber immer genügend für die Versorgung der mehr als hundert Jahre alten Tölzer Hütte vorhanden gewesen.
Angesichts häufiger zu erwartender Hitze- und Trockenperioden spricht Nichtl allerdings davon, dass die Sektion in den kommenden Jahren reagieren müsse. Eine Möglichkeit wäre, den bis zu zehn Kubikmeter fassenden Brauchwassertank, der etwa die Toiletten speist, zu vergrößern. Eine andere, von Klosettspülung auf Trocken-Sanitäranlagen umzustellen.
Denn für die Toiletten, die nur mit Regenwasser betrieben werden, wird anteilig das meiste Wasser verbraucht. Im Jahr 2024 war die Tölzer Hütte laut Nichtl an 176 Tagen in der Wandersaison geöffnet. 166 Kubikmeter Wasser benötigten die Pächter für die Toilettenspülung. 160 Liter wurden für die restliche Versorgung benötigt.
Duschen gibt es auf der Tölzer Hütte nur fürs Personal. Die Übernachtungsgäste müssen mit der kalten Katzenwäsche am Waschbecken auskommen. Als die Sektion die Hütte in den Zwanzigerjahren errichtete, habe der Alpenverein kurz zuvor die Tölzer Richtlinien verabschiedet. Das klare Bekenntnis: ja zu einfachen Unterkünften, so Benedikt Hirschmann, der Vorsitzender der Tölzer Sektion ist. „Das spielt uns jetzt in die Karten.“

:“Die Tölzer Richtlinien haben sehr viel angestoßen”
1923 hat die Hauptversammlung des damaligen Alpenvereins in Bad Tölz Beschlüsse gefasst. Stadtarchivar Sebastian Lindmeyr erklärt, warum diese auch 100 Jahre später noch Maßstäbe setzen.
Ökologisch nachhaltig hat die Tölzer DAV-Sektion ihre Hütte am Schafreiter mit einer biologischen Kläranlage, einer UV-Filteranlage fürs Trinkwasser und einer Photovoltaikanlage ausgestattet. 2020 und 2021 wurde generalsaniert. Eine sogenannte Trockentoilette, die ohne Wasser funktioniert, gibt es laut Hüttenwart Nichtl schon seit einigen Jahren für die Mitglieder im während der kalten Jahreszeit offen stehenden Winterraum. Flüssige und feste Ausscheidungen werden voneinander getrennt. „Das funktioniert nicht schlecht“, sagt Nichtl.
An die 60 Prozent macht der Wasserverbrauch für Spültoiletten aus
Auf sogenannte Trockentoiletten umzustellen, ist wohl die effektivste Art, um den Wasserverbrauch auf einer Berghütte zu senken. Von einem Sparvolumen von 50 bis 60 Prozent spricht Robert Kolbitsch, der Hüttenreferent im DAV-Hauptverband ist. So umgebaut werden aktuell etwa die Hochlandhütte bei Mittenwald im Karwendel oder das Stöhrhaus der Berchtesgadener Alpenvereinssektion am Untersberg. Die Kosten summieren sich auf 350 000 Euro.
Von der generellen Herausforderung, Wasser auf den Hütten einzusparen, spricht Kolbitsch. Das betreffe auch die Wasserkraftwerke, die manche zur Energieversorgung nutzten. „Wir müssen uns anschauen, wie sich das entwickelt.“ Mit zunehmenden Temperaturen und Trockenperioden werde die Situation für alle Hütten oberhalb von 1800 bis 2000 Metern kritisch. Denn die Versorgung basiere vorwiegend auf oberflächennahem Wasser, das stark von Niederschlägen abhängig sei.
Gibt es zu viel auf einmal davon, spült es Sedimente in die Quelle der Tölzer Hütte. Das Wasser ist trüb und muss laut Nichtl erst einmal abgelassen werden, um den Rest nutzen zu können. Wenn es einmal ganz knapp wurde, sollen Vorgängerpächter seinen Worten nach etwa das Nudelwasser wiederverwendet haben. Sollte es einmal wirklich kritisch werden, bliebe noch die Möglichkeit, mithilfe der Materialseilbahn Wasser in 300 Liter fassenden Tanks nach oben bringen. Für Nichtl wäre das aber keine tragfähige Lösung, da das kosten- und zeitintensiv wäre.
100 Sekunden duschen kostet einen Euro
Die prominent am Fuß der Lalidererwände und nur wenig südlicher gelegene Falkenhütte kann dagegen wohl aus dem Vollen schöpfen. Drei Quellen mit relativ tiefen Brunnen versorgen den Betrieb, den Claudia Rackwitz-Hartmann mit ihrem Mann Bertl führt, ihren Worten nach stets mit ausreichend Wasser. Die Gäste können auch duschen, zahlen für 100 Sekunden einen Euro.

„Ich habe grundsätzlich Bammel vor der Hitze“, sagt dagegen Andi Tauber von der Tegernseer Hütte im Einschnitt zwischen Ross- und Buchstein im Nachbarlandkreis Miesbach. Das markante, an einer Felsabbruchkante gelegene Haus der Tegernseer DAV-Sektion ist auf Niederschläge angewiesen, um seine Wasserversorgung sicherzustellen. 15 000 Liter Volumen hat das Tankreservoir für die Küche, die einzige Personaldusche und die Sanitäranlagen. Laut Hauber reicht eine Tankfüllung für drei bis vier Wochen ohne Regen.
Trockentoiletten hat die Tegernseer Hütte schon. Das wichtigste Einsparmittel für Andi Hauber und Sebastian Bailey, die das Haus seit heuer als Pächter führen? Den Hahn für das Waschbecken in der Toilette abdrehen. An einem Wochenende seien schon einmal 600 Gäste zu versorgen, sagt Hauber. „Fast jeder geht aufs Klo und wäscht sich die Hände. Da sind schnell tausend Liter raus.“ Überdies duschten eben die Mitarbeiter weniger. Gespült werde grundsätzlich mit der Hand. Mehr Möglichkeiten, Wasser einzusparen, gebe es praktisch nicht.

Bislang habe das Wasser immer gereicht, so Rainer Toepel, der Vorsitzender der Tegernseer DAV-Sektion ist. Um das Speichervolumen zu erhöhen, bräuchte es einen neuen Anbau, da in der Hütte der Platz fehle. „Das wäre ein Eingriff ins Landschaftsbild. Das wollen wir definitiv nicht“, sagt Toepel. Die Sektion habe schon viel investiert, vor 20 Jahren etwa in die Trockentoiletten. 2020/2021 wurde der Wassertank vergrößert. Ein Filtersystem und eine UV-Anlage sind integriert. Zudem existiert eine Kläranlage fürs Abwasser. Der Waschbeckenhahn schaltet sich automatisch ab.
Angesichts dessen sieht Toepel die Sektion gut gerüstet, die Wasserversorgung dauerhaft sicherstellen zu können. In den Bergen regne es dann doch nach ein paar Tagen oder einer Woche wieder.
Einen Vorteil haben extreme Hitzetage wie Anfang Juli 2025 immerhin. Es kommen weniger Gäste, was weniger Wasserverbrauch bedeutet. Am 2. des Monats gegen 13.30 Uhr zählt Tauber elf Gäste. Nicht gerade das, was einen Hüttenwirt freut. „Das Perfekte wäre sechs Tage schönes Wetter mit mäßigen Temperaturen und ein Tag Regen in der Woche.“