Für Forschung zu Jungfernzeugung: Paul-Ehrlich-Preis für Biologen Solter und Surani |ABC-Z

Warum kann ein Mensch nicht aus einer unbefruchteten Eizelle entstehen, während sich etwa Ameisen, Bienen, Schnecken oder Eidechsen auf solche Art vermehren können? Weil sie diese Frage beantwortet haben, werden die Entwicklungsbiologen Davor Solter und Azim Surani mit dem Paul-Ehrlich- und Ludwig-Darmstaedter-Preis 2026 gewürdigt. Die mit 120.000 Euro dotierte Auszeichnung, einer der renommiertesten Medizinpreise der Welt, wird den Forschern am 14. März nächsten Jahres in der Frankfurter Paulskirche überreicht.
Der Amerikaner Solter, 1941 geboren, und der Brite Surani, Jahrgang 1945, sind Pioniere der Epigenetik, wie die Paul-Ehrlich-Stiftung am Dienstag in Frankfurt mitteilte. Diese Forschungsrichtung befasst sich mit Veränderungen der Erbsubstanz DNA, die Auswirkungen auf die Aktivität von bestimmten Genen haben, aber nicht den genetischen Code selbst betreffen. Zu Beginn der Achtzigerjahre wollten Solter und Surani herausfinden, warum die sogenannte Parthenogenese oder Jungfernzeugung – also Fortpflanzung ohne männliche Beteiligung – bei Säugetieren nicht möglich ist. Die Wissenschaftler lösten das Rätsel, in dem sie nach der Verschmelzung von Ei- und Samenzellen die jeweils von einem Elternteil beigesteuerten Zellkerne austauschen. So erzeugten sie Embryonen, die entweder zwei weibliche oder zwei männliche Kerne besaßen.
Wie sich zeigte, waren die Embryonen in beiden Fällen nicht lebensfähig. Solter und Surani folgerten daraus, dass bestimmte Gene jeweils nur von einem Elternteil in aktiver Form vererbt werden: Nur wenn der Nachwuchs DNA von Vater und Mutter erhält, liegt die gesamte für die Entwicklung benötigte Erbinformation vor. 1991 wurden die ersten dieser Gene identifiziert, die in der Regel entweder wachstumsfördernd oder wachstumshemmend wirken. Durch ihre epigenetische Veränderung – meist das Anbringen von Methylgruppen an Bausteinen der DNA – wird sichergestellt, dass die Wachstumsimpulse im Organismus ausbalanciert werden. Ist dieses Gleichgewicht gestört, können Krankheiten entstehen, von Epilepsie über Autismus bis zu Krebs. Daher hat die Entdeckung von Solter und Surani auch große medizinische Bedeutung.