Fünf Dinge über das Schaukeln | ABC-Z

Auflehnen
Nur dann, wenn die junge Effi auf ihrer Schaukel wild durch die Luft fliegt, fühlt sie sich richtig lebendig – und empfindet dabei „den Schauer süßer Gefahr“, wie es in Theodor Fontanes „Effi Briest“ von 1894 heißt. Ein Leitmotiv des Romans ist die Schaukel, Symbol für die Abenteuerlust der Hauptfigur, für ihre Sehnsucht nach Freiheit. Von Anfang an erscheinen aber die Pfosten ihrer Schaukel instabil, ein Zeichen für das tragische Geschehen: Unglücklich verheiratet mit einem Prinzipienreiter, stürzt sie sich in eine Affäre, doch ihr Ehemann tötet den Liebhaber im Duell. Er verstößt seine Frau und entzieht ihr das gemeinsame Kind, woran sie zerbricht. 1974 bringt Rainer Werner Fassbinder die Geschichte in einer berühmt gewordenen Verfilmung mit Hanna Schygulla ins Kino. In seiner Interpretation schwingt die Botschaft mit, dass Effi nicht nur Opfer ist, sondern sich aus eigener Kraft aus den Konventionen befreien muss, um ein selbstbestimmtes Leben zu führen. Am Ende ihres Lebens kehrt die Heldin auf das Familiengut zurück, versöhnt mit den Eltern und ihrem Schicksal. Doch die „Tochter der Luft“, wie ihre Mutter sie nannte, hat ihre Leichtfüßigkeit verloren. Ihre Kraft reicht nicht mehr für Höhenflüge, nun wiegt sie sich am Boden hin und her, auf einem Schaukelstuhl.
Foto: Tango Film/picture alliance / COLLECTION CH
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