Für die Vereine wird es immer teurer | ABC-Z

Die Anschläge von Magdeburg und München überschatten auch die diesjährige Karnevalssaison. Wie sicher sind die Umzüge, bei denen von Donnerstag nächster Woche an Millionen Menschen in Deutschland feiern wollen? In Köln, wo der größte Rosenmontagsumzug stattfindet, haben Stadt und Polizei am Dienstag das Sicherheitskonzept vorgestellt. Mehr als 1500 Polizisten, 300 Mitarbeiter des Ordnungsamts und 1200 private Sicherheitskräfte sollen den Straßenkarneval absichern, das „Kwartier Latäng“ wird abgesperrt, und ein Glasverbot wurde ausgeweitet.
Wie der Einsatzleiter der Polizei laut der „Rheinischen Post“ erklärte, ist die Sicherheitslage angespannter als erwartet. Man werde einige Maßnahmen anpassen – welche genau, mache man aber nicht öffentlich. Einen absoluten Schutz gebe es aber nicht, vor allem nicht vor Angriffen mit Autos, so Martin Lotz. Dennoch: Das freiheitliche Leben sollte nicht eingeschränkt werden.
Die Frage nach mehr Sicherheit stellt sich nicht nur in Köln. In ganz Deutschland werden bis Aschermittwoch (5. März) etwa 3500 kleinere, mittlere und größere Umzüge stattfinden. Das Thema beschäftigt die Vereine schon länger. 2020 war im hessischen Volkmarsen ein Neunundzwanzigjähriger mit seinem Auto in einen Rosenmontagsumzug gefahren, mehr als 120 Menschen wurden verletzt. Das Motiv des Deutschen, der später zu lebenslanger Haftstrafe verurteilt wurde, ist bis heute unklar. In den vergangenen Wochen waren es die Taten von Magdeburg, Aschaffenburg und zuletzt München, die in vielen Kommunen abermals zu verschärften Sicherheitsauflagen führten.
Das Bundeskriminalamt (BKA) schätzte die allgemeine Gefahr durch islamistischen Terrorismus am vergangenen Freitag weiterhin als „hoch“ ein. In Bezug auf den Karneval lägen der Behörde aber „keine aktuellen Erkenntnisse oder Hinweise zu konkreten Aufrufen zu Anschlägen vor“. Zudem verwies das BKA auf „irrational handelnde oder emotionalisierte allein handelnde Täterinnen oder Täter“ die „eine Gefahr darstellen“ könnten.
Kempten: Auflagen „finanziell für unseren Verein nicht leistbar“
Für die Vereine wird es jedoch teuer, wenn sie ihre Sicherheitskonzepte überarbeiten müssen. Vereinzelt kam es sogar zu Absagen, etwa in Kempten: Dort findet der „Gaudiwurm“ der Faschingsgilde „Rottach 97 Kempten“ wegen der hohen Kosten in diesem Jahr nicht statt. Die kurzfristigen Sicherheitsauflagen zur Sicherung der Umzugsstrecke seien „organisatorisch und finanziell für unseren Verein nicht leistbar“, heißt es in einem Beitrag auf Facebook. Die Kosten hätten sich auf fast 50.000 Euro verdoppelt, ohne eine Aussicht auf Gegenfinanzierung.
Der Bund Deutscher Karneval fordert deshalb, dass der Preis für mehr Sicherheit nicht auf die Vereine umgelegt wird. Terrorabwehr sei eine ureigene hoheitliche Aufgabe des Staates, Brauchtum und Tradition dürften der Gefahr durch Anschläge nicht zum Opfer fallen.
In Mainz, wo am Rosenmontag eine halbe Millionen Besucher erwartet werden, ist die Stadt bereits eingesprungen. Schon seit dem vergangenen Jahr unterstützt die Stadt den Mainzer Carneval-Verein mit 200.000 Euro pro Kampagne.
Braunschweig spart an den Süßigkeiten
In Braunschweig hat man an anderer Stelle gespart, um die Kosten für Betonklötze, Lastwagen-Sperren und zusätzliche Absperrungen zu stemmen. Dort findet am Rosenmontag der „Schoduvel“ statt, zu dem mindestens 200.000 Besucher erwartet werden. Zugmarschall Karsten Heidrich erklärte gegenüber der dpa, dass man am Bau der Motivwagen gespart habe. Außerdem sollen statt 30 nur noch 25 Tonnen Süßigkeiten von den Wagen geworfen werden. „Wir wollen den „Schoduvel“ trotz der Kostensteigerung weiterbetreiben“, erklärte der Zugmarschall.
Derweil nimmt man in Marburg die gestiegenen Kosten zum Anlass, ein neues Konzept auszuprobieren. Der Umzug von der Innenstadt bis zum Afföller wurde wegen der teuren Absperrungen abgesagt. Stattdessen soll es eine stehende Festmeile geben. „Die Feier wird etwas anders als gewohnt“, sagte Lars Küllmer, der Präsident des Festausschusses Marburger Karneval laut einer Mitteilung der Stadt. Aber man sehe darin auch Vorteile: Zum einen müsse man weniger Straßen sperren, was sonst Jahr für Jahr die Karnevalsmuffel verärgert habe. Zum anderen könne man ein solches Fest länger gestalten als den zweieinhalbstündigen Umzug. In den Vorjahren seien die vielen Besucher immer wieder enttäuscht davon gewesen, wie schnell der Umzug wieder vorbei war, so Küllmer. Fest stehe: „Kopf in den Sand stecken und nichts machen – das ist aber keine Option für uns.“