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Füchse Berlin: Plötzlich Handballhauptstadt | ZEIT ONLINE | ABC-Z

Natürlich wurde
Bob Hanning auch an diesem letzten, entscheidenden Bundesliga-Spieltag seinem
Ruf gerecht. Der Geschäftsführer der Füchse Berlin ist bekannt für seine
quietschbunten Outfits: schrill, farbenfroh, auffällig. Am Sonntag erschien
Hanning in der Mannheimer SAP-Arena in einem Pullover, aus dem sich auch ohne
viel Fantasie eine gewisse Symbolik ableiten ließ: grün-weiß kariert, also in
den Vereinsfarben der Füchse Berlin, mit goldenen Verzierungen auf der
Vorderseite. Gold, das stand wohl für Meisterschaft.

Tatsächlich
gewannen die Füchse am Sonntag zum ersten Mal in ihrer Geschichte die Deutsche Meisterschaft
.
Auswärts bei den Rhein-Neckar Löwen mussten sie dafür mindestens unentschieden spielen,
um ihren knappen Vorsprung vor dem SC Magdeburg zu verteidigen. Und auch wenn
sie zur Halbzeit noch drei Tore hinten lagen, blieben sie am Ende so cool wie
schon die gesamte Saison immer wieder in entscheidenden Momenten: Sie drehten
das Spiel und gewannen letztlich souverän mit 38:33 (17:20).

Damit kommt der Deutsche Handballmeister endlich mal wieder nicht aus Kiel, Flensburg, Mannheim oder Magdeburg. Sondern aus der Hauptstadt – erstmals seit der Gründung der Handball-Bundesliga vor fast 60 Jahren. Mit dem ersten Meistertitel in der Vereinsgeschichte sind die Füchse endgültig angekommen in der Sportmetropole Berlin mit ihren mehr als 100 Erst- und Zweitligisten. Anders als in den Neunzigerjahren oder den Zweitausendern sind die Berlinerinnen und Berliner jetzt auch Handballfans. In den vergangenen Wochen war die Max-Schmeling-Halle bei den Heimspielen der Füchse immer ausverkauft.

“Dieser
Titel ist die Vollendung eines Lebenstraums, ich bin wirklich überglücklich”,
sagte Bob Hanning nach dem Bundesligafinale. Vor 20 Jahren hat Hanning in Berlin
einen maroden Zweitligisten übernommen, ihn zunächst zurück in die Bundesliga
und dann Schritt für Schritt an die nationale Spitze geführt. Und er holte ein
zweites Alphamännchen des deutschen Handballs nach Berlin: Seit 2020 ist der
ehemalige Nationalspieler und Handball-Punk Stefan Kretzschmar Sportvorstand
der Füchse.

Der beste Handballer der Welt spielt in Berlin

Beide, Kretzschmar und Hanning, haben ein ausgeprägtes Sendungsbewusstsein, weshalb viele zunächst skeptisch waren: Ob das gut gehen würde mit diesem Duo? Und wenn es funktionieren sollte mit Hanning und Kretzschmar, dann für wie lange?

Bisher
funktioniert es ausgezeichnet. Im Magazin Handball Inside hat
Kretzschmar einmal beschrieben, wie die Arbeitsteilung aussehe: Er, Kretzschmar,
plane den Kader und Hanning überprüfe seine Ideen mit dem, was wirtschaftlich
möglich ist. Ihr großer Vorteil: Wenige in der Szene haben ein so gutes Netzwerk
wie das Duo Hanning/Kretzschmar. Kretzschmar hat es vor drei Jahren mit seiner
Hartnäckigkeit geschafft, Mathias Gidsel nach Berlin zu holen, obwohl sich die großen Klubs aus Europa regelrecht um ihn prügelten. In Berlin wurde Gidsel zum zweifachen Welthandballer (2023 und 2024).

Auch diese
Saison war der 26 Jahre alte Däne wieder der überragende Spieler, fast ein Viertel
der 1.197 Berliner Treffer erzielte er. Gidsel gewann beinahe die Torjägerkrone,
ohne einen einzigen Siebenmeter geworfen zu haben. “So einem Spieler zuschauen
zu dürfen, ist ein absolutes Geschenk”, schwärmte Stefan Kretzschmar. Zuletzt bezeichneten
manche Gidsel sogar als Michael Jordan des Handballs – einen größeren Vergleich
gibt es im Sport nicht.

Der Erfolg
der Füchse ist allerdings nicht auf Gidsel und dessen individuelle Fähigkeiten zu
reduzieren. Die Berliner haben um ihn herum eine junge, dynamische Mannschaft
aufgebaut, die mitreißenden und spektakulären Handball spielt. Ihre
Angriffspower ist unglaublich, über 60 Minuten können sie extrem hohes Tempo
gehen. Im Schnitt erzielten sie 35,2 Tore pro Spiel und widerlegten damit eine Regel,
die für gewöhnlich auch im Handball gilt: dass man in der Offensive Spiele
gewinnt, Titel aber in der Defensive. Die Füchse gewannen ihren Titel in der
Offensive.

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