Frühere Bundeskanzlerin: Merkel verteidigt Rückgang der Militärausgaben nach 1990 | ABC-Z

Altkanzlerin Angela Merkel (CDU) hat den Rückgang der deutschen Verteidigungsausgaben in den vergangenen zwei Jahrzehnten erneut verteidigt. “Wenn wir von 1990 an immer 3,5 Prozent der Wirtschaftsleistung für Verteidigung hätten ausgeben müssen, dann hätte es mit dem Aufbau der neuen Bundesländer natürlich sehr viel schwieriger ausgesehen”, sagte Merkel in Schwerin bei einer Veranstaltung des RedaktionsNetzwerks Deutschland und der Ostsee-Zeitung. Das sei nur möglich gewesen, weil man eine “Friedensdividende” gehabt habe.
“Heute wird darüber oft so abschätzig gesprochen, als wäre das ein Großversagen, dass man nicht so viel fürs Militärische ausgegeben hat”, sagte Merkel. Man könne sich “sehr glücklich schätzen, dass es zwei Jahrzehnte so schien, als könne man in einer friedlicheren Welt leben”, sagte sie.
Zeitgleich bezeichnete Merkel die jüngste Einigung der Nato-Staaten auf höhere Rüstungsausgaben als folgerichtig und notwendig. “Wir müssen friedenstüchtig werden durch militärische Stärke”, sagte sie. Auf die Frage, ob sie sich mit dem Begriff “friedenstüchtig” von Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) abgrenzen wollte, sagte Merkel, sie habe ihre Worte bewusst gewählt. Pistorius hatte gesagt, Deutschland müsse “kriegstüchtig” werden.
Merkel zu den Kriegen in Gaza und der Ukraine
Merkel sprach sie sich für diplomatische Bemühungen zur Lösung des Kriegs in der Ukraine aus. “Ich finde es gut, das mit Russland gesprochen wird”, sagte sie in Schwerin. “Ohne sprechen wird mit Sicherheit dieser Krieg nicht enden.” Angriffe ließen sich am besten verhindern, indem man eine Abschreckungswirkung entwickle und parallel versuche, diplomatische Kontakte zu pflegen, sagte die Altkanzlerin. “So ist man durch den Kalten Krieg gekommen und so muss auch man durch die zukünftige Zeit kommen.”
Kritisch äußerte sie sich zum Vorgehen des israelischen Militärs im Gazakrieg. Es sei zwar unbestritten, dass die Terrororganisation Hamas äußerst brutal sei und keine Skrupel habe, Menschen als Schutzschilde zu missbrauchen. “Und dennoch bin ich der Meinung, dass die Art und Weise, in der der Premierminister Netanjahu jetzt diesen Kampf führt, dass sie sehr hart, ich würde fast sagen hartherzig ist”, sagte Merkel. Sie sei nicht davon überzeugt, dass man damit die Hamas vernichten könne. “Mein Herz, politisch, schlägt im Augenblick mehr für die Demonstranten, die sich einen Waffenstillstand wünschen und hoffen, dass es den gibt”, sagte Merkel.
Merkel verteidigt Jens Spahn
Vor dem Hintergrund der Kritik an Maskenkäufen durch den damaligen Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) hat Merkel an die Dramatik der Corona-Pandemie erinnert. “Das waren Stunden der schwierigsten Sorge”, sagte Merkel. Man habe etwa vermeiden wollen, dass Ärzte oder Krankenpfleger bei der Behandlung von Corona-Kranken keine Masken zur Verfügung hatten.
“Spahn hat mir seine Sorge deutlich gemacht”, sagte Merkel. Sie habe damals nie den Eindruck gehabt, dass er komische Deals mache, sagte sie auf eine entsprechende Frage. “Ich weiß, dass er sich da wirklich reingekniet hat.” Sie könne nicht zu jeder Facette etwas sagen. “Aber ich bitte uns alle, uns nochmal in diese Lage hineinzuversetzen. Das war drängend”, sagte sie.
Ein von der vorherigen Bundesregierung in Auftrag gegebenes Gutachten hatte Kritik an Spahns Vorgehen ausgelöst. Unter anderem gehtes dabei um zu hohe Preise für Masken und um die Auswahl der Firma.