News

Förderung von Museen lohnt sich laut Studie | ABC-Z

Stand: 18.07.2025 19:33 Uhr

Angesichts knapper Kassen wird über Kosten und Einsparungspotenziale im Kulturbereich diskutiert. Eine Studie legt jetzt nahe: Das könnte ein Fehler sein.

Von Nathalie Daiber und Lukas Haas, rbb

Schon im Foyer des Deutschen Technikmuseums ist die Hölle los. Vor allem Schulklassen tummeln sich kurz vor den Sommerferien in den Ausstellungshallen. “Am Ende bekommen wir alle Berliner Schüler einmal in ihrem Schulleben”, sagt Museumsdirektor Joachim Breuninger. Aber die historischen Eisenbahnen, Schiffe und der Rosinenbomber ziehen noch viel mehr Menschen an. 2024 war das Technikmuseum in Berlin mit über 700.000 Besuchern und Besucherinnen das meistbesuchte Museum der Stadt.   

Doch auch hier wird wohl in den nächsten Jahren gespart werden müssen. Joachim Breuninger rechnet mit einer Summe von eineinhalb bis zwei Millionen Euro. Knappe öffentliche Kassen, steigende Ausgaben – in fast allen Kulturbereichen herrscht aktuell großer Spardruck.

Eine Studie des Instituts für Museumsforschung sät nun aber Zweifel an der Sinnhaftigkeit der Sparmaßnahmen. Denn zumindest die Museen in Deutschland bringen der Studie zufolge mehr Geld in die Wirtschaft, als sie die öffentliche Hand kosten. 

Viele Angestellte, hohe Kosten

Als Besucher sieht man oft nur einen kleinen Teil eines Museums. Jenseits der Ausstellungsflächen sind Museen häufig echte Großbetriebe – allein im Technikmuseum arbeiten rund 300 Menschen. Es gibt dort eine Tischlerei und eine Schlosserei, die sich um die Konstruktion und den Aufbau der Ausstellungen kümmern, eine eigene Restaurierungswerkstätte, Pädagogen und Historiker, die forschen und sich den Inhalten widmen, sagt Museumsdirektor Breuninger. “Es ist ein ganzer Kosmos an Arbeitsplätzen letzten Endes.”

Ein investierter Euro bringt 1,70 Euro für die Wirtschaft

In Deutschland gibt es insgesamt etwa 7.000 Museen, die rund 180.000 Menschen beschäftigen – viele von ihnen erhalten öffentliche Zuschüsse. Das klingt zunächst nach hohen Kosten, bringt aber auch Geld in die Wirtschaft.

Das Institut für Museumsforschung der Stiftung Preußischer Kulturbesitz hat die Wertschöpfung der Museen in Deutschland für das Jahr 2023 untersucht – mit überraschendem Ergebnis: Deutschlandweit wurden insgesamt 5,6 Milliarden Euro durch die öffentliche Hand in Museen investiert. 9,4 Milliarden Euro trugen die Museen laut der Studie zum Bruttoinlandsprodukt bei – ein deutlicher Mehrwert. Anders gesagt: Jeder in ein Museum investierte Euro bringt eine Wertschöpfung von 1,70 Euro. In Berlin sind es sogar 1,75 Euro. 

Die Studie rechnet bei Wertschöpfung nicht nur direkte Einnahmen der Museen ein, sondern auch sogenannte indirekte und induzierte Effekte – also beispielsweise, wenn Museen Firmen für Dienstleistungen beauftragen oder wenn die Museumsmitarbeiter ihr Einkommen für den Konsum ausgeben. ”Man muss bei der Untersuchung ganz viele Aspekte der Wertschöpfung mitberücksichtigen”, sagt Patricia Rahemipour, Leiterin des Instituts für Museumsforschung. Etwa die Kaufkraft oder was der investierte Euro an Beschäftigung bringt. 

Eine weitere Erkenntnis der Studie: Viele der öffentlichen Zuschüsse fließen laut Studie auch wieder zurück in die öffentlichen Kassen. 3,7 Milliarden Euro von investierten 5,6 Milliarden Euro seien über Steuern wieder zurückgeflossen.  

Museen sind ein Standortfaktor für Unternehmen

Das Ergebnis klingt fast zu gut, um wahr zu sein. Zweifel will man beim Institut für Museumsforschung daran aber nicht aufkommen lassen. Obwohl das Institut für Museumsforschung an die Stiftung Preußischer Kulturbesitz angeschlossen sei, zu dem auch viele Museen gehören, arbeite man unabhängig, versichert Rahemipour. Die Studie sei gemeinsam mit einem unabhängigen Beratungsunternehmen erstellt worden. Angewandt wurde die gängige Methode, mit der die wirtschaftliche Wertschöpfung berechnet wird. 

Auch Unternehmensverbände sehen in Museen einen wichtigen wirtschaftlichen Faktor. “Museen gehören zu den weichen Standortfaktoren”, sagt Carsten Brönstrup, Pressesprecher der Unternehmensverbände Berlin-Brandenburg. “Insofern ist die Museumslandschaft schon ein sehr großer Vorteil.” Ein gutes kulturelles Angebot ziehe Fachkräfte und Kunden an, dadurch steige auch die Attraktivität eines Investitionsstandortes. 

Raum für Diskussionen öffnen

Fakt ist: Es gibt öffentliche Investitionen, die deutlich mehr Wertschöpfung bringen als Museen. Doch Studienleiterin Rahemipour bekräftigt, dass es darum nicht gehe. Die Studie sei eine Antwort darauf, dass man Museen häufig am Geld messe. “Die Museen kosten nicht nur Geld, die Museen bringen Geld”, sagt Rahemipour.

Und sie fügt hinzu: “Jetzt können wir bitte auch über die wichtigen Sachen sprechen.” Denn neben Bildung und Bewahrung von Kulturgütern leisten Museen noch viel mehr: Sie tragen auch zum öffentlichen Diskurs bei. “Der Sinn eines Museums ist zu vermitteln, zu forschen, auszustellen und zu bewahren, aber in all diesen vier Funktionen finden wir die eigentliche Funktion des Museums, nämlich in eine Gesellschaft hineinzuwirken”, sagt Volker Kirchberg, Professor für Soziologie an der Leuphana-Universität Lüneburg. Das sei angesichts der gesellschaftlichen Spaltung umso wichtiger geworden. Und all das seien Dinge, die man nicht nur am Geld messen könne.

Back to top button