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Freisings mühsamer Weg zur Stadt – Freising | ABC-Z

Im frühen Mittelalter dürfte es recht öde gewesen im Land rings um den Freisinger Domberg. Auf dem thronte zwar eine agilolfingische Herzogsburg, doch zu deren Füßen habe es kaum Siedlungen gegeben, sagte Christian Later vom Bayerischen Landesamt für Denkmalpflege zu Beginn seines Vortrags in der bis auf den letzten Platz besetzten Klosterbibliothek am Landratsamt. Geladen hatte der Freisinger Archäologische Verein. Later ging dabei auf die wichtigsten Aspekte der Stadtwerdung vom frühen bis späten Mittelalter anhand archäologischer Quellen ein.

Der Heilige Korbinian war weder Gründer der Stadt Freising, noch trug er wesentlich zu ihrer Entwicklung bei. Vermutlich wohnte er auf einer Villa publica, einem Landsitz, vielleicht zu Füßen des Weihenstephaner Bergs. Von dort hätte er es nicht weit zum Kloster St. Veit gehabt, dort wo heute der Lindenkeller steht. Later schätzt, dass damals nicht mehr als hundert Menschen zu Füßen des Dombergs gelebt haben.

Auf diesem entstand aufgrund der strategischen Lage eine Burganlage der agilolfingischen Herzöge. Daraus entstand später eine Herzogspfalz. 788 ging der Domberg in kirchlichen Besitz über. 966 verlieh Kaiser Otto II. der kleinen Ansiedlung Freising das Markt-, Münz- und Zollrecht, das bis ins 11. Jahrhunderts aber kaum ausgeübt wurde. Auf die Entwicklung hin zu einer Stadt hatte dies aber wenig Einfluss.

Die ersten Steinhäuser entstanden Mitte des 13. Jahrhunderts

955 plünderten die Ungarn die kleine Ansiedlung, während der Domberg verschont blieb. Erst gegen Ende des 11. und zu Beginn des 12. Jahrhunderts siedelten sich mehr Menschen in den Niederungen der Moosach an. Die Bevölkerung setzte sich wohl aus „Hörigen“ der Bischöfe zusammen. 1159 brannte der Dom zum zweiten Mal ab. Die Folge: „Das Bürgertum verließ Freising und siedelte nach München über“, sagte Later. Das Wachstum der Stadt, die sich in steter Abhängigkeit vom Klerus auf dem Domberg befand, verlief weiter schleppend auf dem Weg zu einer Bürgerstadt.

Christian Later vom Bayerischen Landesamt für Denkmalpflege schilderte während eines Vortrags des Archäologischen Vereins  in der Klosterbibliothek den Weg der Stadtwerdung Freisings vom frühen bis ins späte Mittelalter. (Foto: Marco Einfeldt)

1250 ging die Seelsorge vom Domberg auf die Pfarrkirche St. Georg im Moosachmoos über. Die Kirche hatte um 1200 einen alten Bau, vermutlich aus dem 10. Jahrhundert ersetzt. Von Bedeutung für eine mittelalterliche Stadt war die Gründung eines Spitals. Das Heiliggeist-Spital wurde um 1374/1380 erbaut. Eine Spitalskirche ist archäologisch nachgewiesen. Interessant seien die verschiedenen Bodenformen, deren unterste Schicht aus dem 11. Jahrhundert stammt. Das Spital sei buchstäblich aus dem Moosachgrund hoch gebaut worden.

Um die Mitte des 13. Jahrhunderts herum entstanden die ersten Steinhäuser in der Stadt. Das älteste stehe an der Luckengasse 5, sagte Later. Die Häuser entstanden an der West-Ost-Achse, der Unteren Hauptstraße und gehörten wohl Patriziern, reichen Händlern oder Ministralen, die vom Domberg in die Stadt übersiedelt waren.  Wie sich bei der Sanierung des Asamgebäudes gezeigt hatte, standen viele Häuser auf aufwändigen Pfahlbefestigungen, die im sumpfigen Untergrund für Stabilität sorgen sollten.

Auch vor dem Isartor setzte im 13. Jahrhundert eine erste Bebauung ein. Later sagte, dass das damalige Stadtbild keineswegs mit dem heutigen übereinstimme. Eine dichtere Bebauung gab es bis zur Pfarrkirche, der westliche Stadtrand wies jedoch Lücken auf. Möglicherweise befanden sich dort im Mittelalter noch Viehweiden oder Felder.

Die Stadt beginnt sich einzumauern

Mit Verwunderung nahm der Klerus auf dem Domberg wahr, dass die Freisinger ihre Stadt von Mitte des 14. Jahrhunderts an befestigten. „Warum mauern die sich ein?“, fragten sich die Geistlichen, die dem Treiben mit Missfallen zusahen. Later verwies auf die Besonderheit der Freisinger Stadtmauer, die nicht durchgängig war. Sie verlief nur vom Veitstor im Westen über den nördlichen Stadtrand bis hinunter zum Isartor. Der sumpfige Moosachgrund im Süden schien Schutz genug zu sein. Die Überreste der einstigen Stadtmauern sind heute noch in manchen Häusern vom Unteren bis zum Oberen Graben zu sehen.

An der Stadtmauer entlang verlief ein Graben. Der sollte bei Regen das vom Hügelland herab strömende Wasser auffangen. Er verlor aber bereits im 16. Jahrhundert an Bedeutung und wurde mit Müll verfüllt. Damit ist die Geschichte der Stadt bei Weitem noch nicht erzählt. Es gilt abzuwarten, was die Auswertung der jüngsten Funde aus dem Jahr 2024 ergibt.

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