Geopolitik

Freie Demokratische Partei: Nichts wie weg | ZEIT ONLINE | ABC-Z

So ist das manchmal in der Politik: Erwarten und Erleben sind doch zwei sehr unterschiedliche Dinge. Die Klatsche der FDP bei der Landtagswahl in Brandenburg kam nicht überraschend. Jetzt, wo die liberale Demütigung amtlich ist – 0,83 Prozent, halb so stark wie die Tierschutzpartei –, wird die FDP trotzdem ordentlich durchgewirbelt. Mit Folgen auch für das Regierungsbündnis in Berlin.

Der FDP-Landeschef in Bayern, Martin Hagen, forderte seine Partei umgehend auf, die Ampelregierung zu verlassen: “Wenn man merkt, dass es nicht mehr geht, muss man auch irgendwann bereit sein, den Stecker zu ziehen.” 

Auch an der Basis wächst der Unmut. Matthias Nölke, FDP-Mitglied und Stadtkämmerer in Kassel, hatte bereits vor einem Jahr eine Umfrage unter den Parteimitgliedern gestartet, um die FDP aus der Ampel zu zwingen. Damals unterlag Nölke nur knapp. Nach den jüngsten Wahlniederlagen fordert er in einem Interview eine Neuauflage. “Man kann ein totes Pferd nicht reiten, und die Koalition mit Frau Esken und Herrn Habeck ist schon lange tot.”

Lindners Ultimatum

Und Wolfgang Kubicki, immerhin stellvertretender Parteichef, gab der Ampel am Wahlabend noch eine Frist: drei Wochen für eine Wende in der Wirtschafts- und Migrationspolitik “oder es macht für die Freien Demokraten keinen Sinn mehr, an dieser Koalition weiter mitzuwirken”. Für wie wahrscheinlich er diese Wende hält, machte er auch klar: nämlich überhaupt nicht. “Ich glaube nicht, dass bei der jetzigen Performance diese Koalition Weihnachten noch erreicht.”

Weihnachten also. Christian Lindner hatte vergangene Woche selbst zum “Herbst der Entscheidungen” geblasen. Und stellt am Montag zur Nachlese der liberalen Niederlage in der Berliner Parteizentrale klar, er wolle sich dabei am Kalender orientieren, nicht etwa am schönen Wetter. Der Herbst ende, wenn der Winter anfange. Demnach am 21. Dezember, schöne Bescherung.

Drei Punkte stechen bei Lindner Erklärung heraus. Erstens: Die Gnadenfrist für die Ampel versieht er, anders als sein Stellvertreter, nicht mit einer expliziten Ausstiegsdrohung. Auch auf Nachfragen will Lindner Kubickis Einlassungen nicht kommentieren. 

Lindners Ultimatum klingt ein bisschen weniger ultimativ als bei Kubicki. Die Stoßrichtung scheint ähnlich klar.

Der Parteichef spricht nebulös von dem Mut, “eine neue Dynamik zu entfachen”, wenn man den Erwartungen und Herausforderungen nicht gerecht werde.

Die Schuld der Anderen

Wobei es nun keine boshafte Unterstellung braucht, um Lindners Botschaft zu dechiffrieren: Die FDP will nur noch raus aus der Ampel, weiß lediglich noch nicht genau, wie sie das anstellen soll.

Zweitens: Für die Niederlage seiner FDP macht Lindner vor allem die Anderen verantwortlich. Gerade im Osten habe es schon immer viel auf und ab gegeben, wobei zur Wahrheit gehört, dass es in jüngster Zeit vor allem abwärts ging für die FDP. “Es waren die Rahmenbedingungen. Es war eine taktische Lage.” Soll heißen: Ohne Machtperspektive, gefangen in einem polarisierten Zweikampf um Platz eins zwischen SPD und AfD, haben die Liberalen einfach nicht stattgefunden. Und dann natürlich noch die Ampelkoalition in Berlin, in der sich die FDP-Spitze zunehmend wie eine Geisel zu fühlen scheint.

Drittens: Es wird nicht leichter werden für die Ampel in den kommenden Wochen und Monaten. Die SPD hatte schon nach den Wahlen Anfang des Monats für sich klar gezogen, was sie bis zum Ende der Legislaturperiode unbedingt umgesetzt haben will: das Rentenpaket, das Tariftreuegesetz, eine Reform des Mietrechts.

An allen drei Stellen blockiert derzeit die FDP. Das Rentenpaket liegt seit Monaten zur Beratung bei den Fraktionen im Bundestag. Beim Mietrecht hat das Justizministerium Vorbehalte. Und dann habe das Arbeitsministerium “leider” einen unfertigen Entwurf der Tariftreue vorgelegt, der nicht dem Koalitionsvertrag entspreche, sagt Lindner. “Für die PR eines Ministeriums kann ich keine Verantwortung übernehmen.”

Das alles heißt übersetzt wohl so viel wie: Die Bereitschaft zu Kooperation und Kompromiss ist bei den Liberalen inzwischen ähnlich mickrig wie der FDP-Balken bei den jüngsten Hochrechnungen.

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