Frauenfußball: Montserrat Tomé und Christian Wück als Vorbilder – Stil | ABC-Z

Für sie: Streng erfolgreich
Auch wenn es gegen den Zeitgeist geht: Am Frauenfußball nerven auch ein paar Dinge. Zum Beispiel, dass viele Kommentatorinnen immer noch automatisch ihre Stimmen ein paar Etagen tiefer legen, die Spielerinnen bei Siegen die Gesten (Reihenhüpfen, Rasenschwalbe) ihrer männlichen Kollegen einfach kopieren, anstatt sich selbst welche auszudenken – und dass Eitelkeit bei den Trainerinnen total verpönt ist. Während männliche Fußballtrainer und ihre Looks jede Menge Läster- und Interpretationsmaterial bieten, von der deutschen Stilikone Jogi Löw bis zu allen Italienern in ihren viel zu engen Anzügen, die sie beim wilden Gestikulieren stets aufs Lustigste behindern –, traten weibliche Coaches lange so auf wie irgendwelche Sepps in den 70ern. Joggingbuchsen, funktionale T-Shirts, Anorak.
Eine, die es jetzt endlich anders macht, ist Montserrat Tomé. Die Managerin des spanischen Teams hat den strengen Hosenanzug mit ebenso strenger weißer Bluse darunter ins Trainerrechteck gebracht. Hose und Jacke sind nichts Besonderes, auch die Kombination mit den Samba-Turnschuhen von Adidas in einem Taupe-Ton weist nicht darauf hin, dass es sich hier um besonderes Interesse an Mode handelt. Aber was die Frau verstanden hat: Dass das, was man anhat, immer eine Botschaft sendet, ans Team, an den Gegner, an die Welt. Dass Tomé ihre Botschaft auch noch so perfekt mit ihrem stets bierernsten Gesichtsausdruck unterstreicht, ist extratoll. Sie lautet: Wir sind nicht zum Spaß hier, sondern zum Gewinnen. Hat bis jetzt geklappt.
Für ihn: Defensiv stark
Als männlicher Zuschauer konnte einem Christian Wück im Laufe der Fußball-EM in der Schweiz durchaus zum leisen role model werden. Ganz unabhängig von den sportlichen Ergebnissen wirkte er da am Spielfeldrand jedenfalls wie der ideale Trainer für eine Frauenmannschaft, wenn das Amt schon unbedingt ein Mann übernehmen muss. Denn diese Konstellation ist grundsätzlich natürlich ein wenig knifflig. Mit einem demonstrativen Alphamännchen, wie sie bei den Herren üblich sind, hätte man jedenfalls ein ungutes Gefühl und beinahe die Erwartung, dass sie bald zu gockelig auftreten, zu viel Aufmerksamkeit für sich fordern oder sich irgendwann sogar eine Form von Übergriff ereignet. Wück aber war auch lange Jugendtrainer, hat selbst zwei Töchter, und irgendwie sieht man ihm an, dass er in solchen Gruppen den richtigen Ton treffen kann – freundlich distanziert, nahbar, aber nicht aufdringlich.

Auf Tiktok prägt sich dafür übrigens gerade der Begriff der Tonic Masculinity, die also das Gegenteil von toxisch sein soll. Auch äußerlich überlässt Christian Wück den Damen ganz die große Bühne, sein Look ist weich und defensiv und trotzdem nicht unsmart: Hochwertige Pullover und Hose im gleichen Schwarz- oder Navy-Ton ohne Hemd sind eine unterschätzte Alltagskombi, die jedem Mann schmeichelt – vor allem, wenn die Haut ein bisschen gebräunt und die Haare grau sind und man eine tendenziell eher normal-gemütliche Körperform hat. Der Look ist nicht banal sportlich, aber eben auch kein harter Anzug, der gerade im Frauensport-Kontext leicht zu bossig wirken könnte. Nein, Wücks Traineruniform spiegelt die geschmeidige Art eines Mannes, der mit sich und seinem Job im Reinen ist. Gut so.