Frauenfußball: Die Frauen aus Köpenick, die es ernst meinen | ABC-Z

Im Karrieremodus des Videospiels EA FC können Fußballfans Manager
spielen – inklusive Transferverhandlungen. Wer den niedrigsten
Schwierigkeitsgrad wählt, holt auch mal Nationalspieler zu einem Aufsteiger. Was
eigentlich nur virtuell möglich ist, hat das Frauenteam von Union Berlin in echt
geschafft.
Union spielt seine erste Saison in der Bundesliga der Frauen. Eingekauft
haben sie wie ein Champions-League-Teilnehmer. Zum Beispiel die polnische
Nationalspielerin und langjährige Kapitänin von Eintracht Frankfurt, Tanja Pawollek. Auch Anna Aehling kam von der Eintracht. Hannah
Eurlings wechselte für 120.000 Euro aus Leuven nach Köpenick – eine Rekordsumme im
belgischen Frauenfußball. Dazu kamen Sophie Weidauer vom Pokalfinalisten Werder
Bremen, Jenny Hipp von RB Leipzig und die österreichische Nationalspielerin
Eileen Campbell vom SC Freiburg. Alle
bringen reichlich internationale Erfahrung mit.
Die braucht es auch, denn Union hat große Ziele. “In drei bis vier Jahren möchten wir international spielen”, sagt die
Geschäftsführerin Jennifer Zietz. Bei Union meinen sie es ernst mit
dem Frauenfußball. Das unterscheidet sie von vielen Konkurrenten.
Mittlerweile haben 13 von 14 Bundesligisten einen Männerverein im Rücken. Elf davon spielen in der Ersten Liga. Doch große Ambitionen und Investitionen leisten sich bislang vor allem der FC Bayern und der VfL Wolfsburg, die beiden dominierenden deutschen Vereine der vergangenen Jahre. Viele andere wirken mit einem Platz im Mittelfeld oder dem Klassenerhalt zufrieden.
Diese Vorsicht rührt auch daher, dass im Frauenfußball im Durchschnitt kein Geld verdient wird. Zwar stiegen die Erlöse der Klubs der Bundesliga in der Saison 2023/24 an, aber auch die Verluste, insgesamt 1,78 Millionen Euro. Die könnten aber auch als Investitionen gesehen werden. Schließlich ist es im Fußball der Frauen noch einfacher, sich mit für Männerverhältnisse überschaubarem Einsatz nach oben zu spielen. Einfach, weil noch so viel weniger Geld im Spiel ist.
Union Berlin scheint das erkannt zu haben. Wie viel genau eine Tanja Pawollek beispielsweise verdient, ist nicht öffentlich. Laut Sportschau soll es mehr als beim Vorjahresdritten Eintracht Frankfurt sein. Ob das nun stimmt oder nicht: Dass Union
viel tut, sieht man auch so.
Nach
dem vor zwei Jahren für 25 Millionen Euro eröffneten Trainingszentrum
Oberspree für Frauen- und Jugendmannschaften entsteht bereits das nächste. Das
Trainingszentrum Alte Försterei in der Nähe des Stadions sollen sich die
Profimannschaften der Männer und Frauen teilen.
Dieses offensive Vorgehen trägt der Vereinspräsident Dirk Zingler auch nach außen und kritisiert dabei die Konkurrenz: “Es ist beschämend, wie wenig bei
den Frauen ankommt”, sagte Dirk Zingler kurz vor dem Bundesliga-Start dem Tagesspiegel.
“Einige Bundesligisten bezeichnen ihre Spielerinnen als Profis, bezahlen sie
aber nicht so. Solange wir Frauenfußball
auf Platz 13 oder einem Nachwuchsleistungszentrum spielen, brauchen wir uns
nicht wundern, dass er sich nicht entwickelt.”
Bis vor Kurzem war Union selbst noch kein besonders attraktiver Standort
für Fußballerinnen. Lange fuhr die Mannschaft Fahrstuhl zwischen Regionalliga
und 2. Liga: 2007 hoch, 2009 runter, 2014 hoch, 2015 runter, 2016 hoch,
2017 runter. Anschließend steckte der Verein sechs Jahre lang in der
Regionalliga fest.
Doch 2023 änderte der Verein
die Strategie. Zingler trieb die Professionalisierung voran. Eine hauptamtliche
Trainerin, Ailien Poese, hatte er schon ein Jahr zuvor angestellt und den
Trainerstab von zwei auf sechs Personen erweitert, inklusive Athletik-,
Torwart- und Physiotrainer. Die Ex-Nationalspielerin Jennifer Zietz übernahm
die neu geschaffene Position als Geschäftsführerin Profifußball Frauen. Und alle Spielerinnen wurden Profis. Das ist für einen Drittligisten, der die Frauen damals waren, höchst ungewöhnlich. Selbst manche Bundesligaspielerinnen sind nur Halbprofis.
Sportlich hat sich das bereits ausgezahlt. 22 von 22 Spielen gewann
Union in der Regionalliga-Saison 2023/24 und stieg mit einem Torverhältnis von
145:5 in die Zweite Liga auf. Ein Jahr später folgte der nächste Aufstieg, in die Bundesliga. Mit einem 6:0 gegen Gütersloh feierte Union Berlin auch die Zweitliga-Meisterschaft – zu diesem letzten Heimspiel der
Saison kamen mehr als 20.000 Fans an die Alte Försterei.





















