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Frauen-Basketballliga WNBA: Mega-Streit statt Jubel-Storys – Sport | ABC-Z

Es gäbe so viele wunderbare sportliche Themen am Ende der WNBA-Saison. Wie A’ja Wilson von den Las Vegas Aces dominiert hat zum Beispiel, wie es bei den Männern nicht mal Michael Jordan gelungen ist. Sie erzielte die meisten Punkte pro Partie und wurde gleichzeitig zur besten Verteidigerin der US-Basketballliga gewählt; sie war die wertvollste Spielerin der regulären Saison – und der Finalserie, die Vegas 4:0 gegen die Phoenix Mercury gewann. Während der dritten Partie erlitt die deutsche Mercury-Spielerin Satou Sabally eine Gehirnerschütterung, sie fehlte beim letzten Spiel.

Die Was-wäre-gewesen-Debatte zeigt, was für eine grandiose Spielzeit auch die Berlinerin (über 16 Punkte und fast sechs Rebounds pro Partie) beim neuen Verein hingelegt hat. Oder Aces-Trainerin Becky Hammon: Sie war 2020 bei den San Antonio Spurs nach einer Hinausstellung für Cheftrainer Gregg Popovich die erste Frau, die in der NBA an der Seitenlinie die Verantwortung hatte. Nach ihrem dritten WNBA-Titel in vier Jahren werden die Rufe immer lauter, ihr gefälligst ein Männer-Team anzuvertrauen.

Damit ist man schon beim tatsächlichen Thema. Der Wert dieser Liga und ihrer Spielerinnen, die derzeit über einen neuen Tarifvertrag verhandeln. Fakt ist: Die WNBA brummt. Spiele der regulären Saison im landesweiten TV sahen im Schnitt knapp eine Million Leute, die erste Partie der Finalserie gar 1,9 Millionen. Bei den Männern waren es 8,91 Millionen – und nein, das Nennen dieser Zahl ist keinesfalls Respektlosigkeit den Frauen gegenüber, sondern ein Argument für sie. Denn: Die Liga bringt große Figuren wie Wilson, Sabally, Breanna Stewart oder Caitlin Clark hervor. Das Männer-Team Indiana Pacers mag mit dem Finaleinzug im Frühjahr für Begeisterung gesorgt haben – was einem beim Besuch in Indianapolis währenddessen auffiel: Die angesagteste Nummer der Stadt ist Clark. Kein Wunder, dass sie über Reklame 16 Millionen Dollar im Jahr verdient.

Ihr Gehalt bei den Indiana Fever in dieser Saison: 78 066 Dollar.

Das ist kein Tippfehler, und Liga-Commissionerin Cathy Engelbert findet offensichtlich, dass das schon in Ordnung sei. Minnesota-Lynx-Anführerin Napheesa Collier nannte die Liga-Führung deshalb kürzlich in einer Vier-Minuten-Wutrede „die schlimmste der Welt“, auf Engelbert hatte sie es besonders abgesehen: „Ich habe sie gefragt, wie es sein kann, dass Spielerinnen wie Caitlin, Angel Reese oder Paige Bueckers so wenig verdienen, obwohl sie klare Umsatzbringer sind“, berichtete Collier über ein Gespräch mit der Liga-Chefin im Sommer. Collier ist Vizepräsidentin der Spielerinnen-Gewerkschaft: „Antwort: ‚Caitlin sollte dankbar sein, dass sie abseits des Parketts 16 Millionen kriegt, wegen der Plattform WNBA – ansonsten würde sie gar nichts bekommen.‘ Und sie sagte: ‚Spielerinnen sollten auf Knien dankbar sein für die Rechte-Deals, die ich ihnen besorgt habe.‘“

Liga-Chefin Cathy Engelbert findet offenbar, dass Spielerinnen dankbar sein sollten, überhaupt in der WNBA eine Plattform zu bekommen.
Liga-Chefin Cathy Engelbert findet offenbar, dass Spielerinnen dankbar sein sollten, überhaupt in der WNBA eine Plattform zu bekommen. (Foto: John Locher/AP)

220 Millionen Dollar pro Jahr setzt die Liga seit dieser Saison an TV- und Streaming-Geldern insgesamt um durch Vereinbarungen unter anderem mit Disney, Amazon und NBCUniversal. Sechsmal so viel wie davor, gewiss. Aber eben nur 3,2 Prozent der TV-Einnahmen der Männer (6,2 Milliarden Dollar) – und damit zurück zu diesen Final-Quoten, berechtigte Frage der WNBA-Profis nämlich: Warum ist der Umsatz-Unterschied noch immer so gewaltig, wo doch mittlerweile immerhin mehr als ein Fünftel der Männer-Quoten erreicht werden? Und: Warum schüttet die WNBA nicht einmal zehn Prozent ihrer Einnahmen als Gehälter an die Spielerinnen aus; in der NBA und anderen Männerligen ist es jeweils in etwa die Hälfte? Die Bekanntheit Clark bekommt in ihrer dritten Profisaison nicht mal ein halbes Prozent von dem, was NBA-Neuling Cooper Flagg (16,17 Millionen Dollar) in seiner ersten Spielzeit verdienen wird.

Der Tarifvertrag läuft Ende Oktober aus. Die Spielerinnen wollen einerseits deutlich mehr vom Gesamtkuchen, und sie wollen eine Änderung der Gehälter-Struktur; bislang liegt das Maximal-Gehalt bei weniger als 250 000 Dollar pro Saison – vier Prozent des Höchst-Gehalts in der NBA derzeit. Der weltweit bekannte Wurfkünstler Steph Curry erhält derweil 69 Millionen Dollar. Was den Akteurinnen hilft: Die Liga boomt nicht nur, sie wächst auch. In der kommenden Saison kommen zwei neue Teams hinzu (Toronto Tempo und Portland Fire), bis 2030 wird die Liga über Franchises in Cleveland, Detroit und Philadelphia auf 18 Teams wachsen.

Die WNBA wächst und trotzdem bekommen junge Spielerinnen maue Gehälter

Es geht also ums Geld – auch als Zeichen der Wertschätzung. Das nämlich ist der wahre Kern der Verhandlungen: Die Spielerinnen wollen wie Profis behandelt werden, nicht nur beim Gehalt. Es geht um schlecht bezahlte Schiedsrichter, deren Entscheidungen zu schweren Verletzungen geführt haben, wie dem Muskelriss von Collier im Halbfinale. „Die Liga denkt, sie ist trotz und nicht wegen uns erfolgreich“, sagt sie.

Collier, 29, ist übrigens nicht nur Gewerkschafterin, sondern hat vor zwei Jahren gemeinsam mit New-York-Liberty-Spielerin Stewart die Liga Unrivaled gegründet. Die trägt Spiele während der WNBA-Pause aus und soll eine lukrative Alternative für Spielerinnen sein, Zusatz-Gehälter nicht in anderen Ländern verdienen zu müssen. Zur Erinnerung: Am 17. Februar 2022 wurde WNBA-Profi Brittney Griner am Flughafen von Moskau verhaftet; zehn Monate später kam sie im Tausch gegen den russischen Waffenhändler Wiktor But frei. Griner war in Russland, weil ihr Basketballklub UMMC Jekaterinburg das Fünffache ihres damaligen US-Gehalts zahlte. Die Botschaft von Unrivaled an die WNBA liegt schon im Namen: Glaubt nicht, dass ihr keine Konkurrenz habt!

Liga-Chefin Engelbert ist eine Meisterin der Sportpolitik-Disziplin, brennenden Fragen ausgebufft auszuweichen. Auf konkrete Tarif-Fragen sowie das offensichtlich zerrüttete Verhältnis zu den Profis – der Großteil der WNBA-Profis stimmte Colliers Aussagen auf Sozialen Medien zu – sagte sie: „Es bricht mir das Herz, dass einige Spielerinnen denken, die Liga würde sich nicht um sie scheren. Wenn Profis sich nicht geschätzt fühlen, müssen wir uns ändern, dann muss ich es besser machen.“ Klingt gut, ein solcher Satz, den die Profis in dieser Art aber zu häufig gehört haben. Die Reaktion von Satou Sabally darauf: „Kein Kommentar – denn genau das ist doch, was sie da abgegeben hat.“

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